
Stadtfledermäuse ernähren sich abwechslungsreicher als ihre Verwandten auf dem Land
Insektenfressende Fledermäuse wie der Große Abendsegler finden in Städten weniger Nahrung vor als auf dem Land – zugleich ist ihre Ernährung abwechslungsreicher, also vielfältiger.
Dies belegte ein Forschungsteam unter Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) in einem Aufsatz in der Fachzeitschrift „Landscape and Urban Planning“.
Sie wiesen durch genetische Analysen von Kotproben nach, dass Abendsegler in Berlin 55 Prozent mehr Insektenarten vertilgten als ihre Artgenossen im Umland. Zugleich verzehrten die Stadtfledermäuse doppelt so viele „Schad“insektenarten und sechsmal so viele „Lästlinge“ wie Stechmücken als ihre Artgenossen auf dem Land.
Urbanisierung führt gemeinhin zu einer Abnahme der Artenvielfalt. Dennoch kann ein Mosaik aus stark fragmentierten aber sehr unterschiedlichen Lebensräumen in Städten wie in Berlin auch eine relativ große Vielfalt beispielsweise von Insekten fördern. Insekten sind eine wichtige Nahrungsgrundlage für Vögel und Fledermäuse.
Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Christian Voigt und Dr. Carolin Scholz vom Leibniz-IZW untersuchte nun die Nahrung der Fledermausart Großer Abendsegler (Nyctalus noctula) in Berlin und den angrenzenden ländlichen Regionen.
Über drei Jahre sammelte das Team Fledermauskotproben und analysierte diese mit der Metabarcoding-Methode zur Identifizierung der Fledermausart, von der die Kotproben stammte, sowie der Insektenarten in der Nahrung selbst, wie sie in den Kotproben dokumentiert wurde.
In den Kotproben des Großen Abendseglers wiesen sie insgesamt 129 Insektenarten nach. Am häufigsten kamen die Zuckmückenart Chironomus tepperi, der Eichelbockkäfer Curculio glandium und der Waldbockkäfer Spondylis buprestoides vor.
Die Nahrung der Abendsegler in Berlin erwies sich dabei als deutlich vielfältiger als die ihrer Artgenossen aus dem Umland.
„Obwohl es insgesamt weniger Insekten in der Stadt gibt und Stadtfledermäuse einen geringeren Jagderfolg aufweisen, wodurch sie insgesamt weniger Insekten verzehren als ihre Verwandten auf dem Land, ist die Zusammensetzung ihrer Nahrung im Durchschnitt um 55 Prozent vielfältiger“, fasst Scholz zusammen.
„Die Stadtfledermäuse verzehrten 83 Insektenarten, die nicht auf dem Speiseplan ländlicher Artgenossen standen, während Fledermäuse auf dem Land lediglich 27 Arten exklusiv fraßen. Nur 15 Prozent der nachgewiesenen Arten fanden wir sowohl bei Abendseglern im Stadt- als auch im Landlebensraum “.
Dies könne an einer kleinräumig höheren Vielfalt im Nahrungsangebot in der Stadt und an größeren Aktionsradien bei der Nahrungssuche der Stadtfledermäuse liegen.
„Insekten kommen in städtischen Gebieten weniger häufig und relativ isoliert vor. Dies könnte dazu führen, dass Fledermäuse in Städten eher opportunistisch jagen, anstatt sich auf bestimmte Beutetiere zu konzentrieren, was zu einer vielfältigeren Ernährung führt“, so Scholz.
Die größere Vielfalt der Nahrung zeigt sich auch an den „Schädlingen“ und „Lästlingen“ wie Stechmücken, die die Abendsegler vertilgten.
Etwa ein Drittel der in den Kotproben nachgewiesenen Insektenarten waren Arten, die beispielsweise als Agrarschädlinge (20 Arten) oder Lästlinge (6 Arten) gelten. Zwei Drittel der Stadtproben und gut die Hälfte der Landproben enthielten mindestens eine dieser Arten.
„Unter dem Strich verzehrten Große Abendsegler in Berlin rund zweieinhalbmal so viele landwirtschaftliche Schädlinge wie ihre ländlichen Artgenossen“, sagt Voigt.
„Bei den Lästlingen wie Mücken sind es sogar sechsmal so viele Arten.“ Dies unterstreiche die Bedeutung von Fledermäusen als Ökosystemdienstleister für den Menschen – auch in Städten. Fledermäuse helfen also der menschlichen Stadtbevölkerung durch den Verzehr potenzieller Krankheitsüberträger. Dies wird in Zeiten von sich ausbreitenden Krankheiten wie Westnilvirus und Dengue-Fieber zunehmend wichtig.
Auch aus diesem Grund sollte die Stadt als Mosaik unterschiedlicher, wertvoller Lebensräume erhalten und Dunkelkorridore zur Verbindung dieser fragmentierten Nahrungsquellen geschützt und ausgebaut werden, damit Fledermäuse uns diesen Dienst erweisen können.
Publikation
Scholz C, Teige T, Djoumessi KPN, Buchholz S, Pritsch F, Planillo A, Voigt CC (2024): Dietary diversification of an insect predator along an urban-rural gradient . Landscape and Urban Planning Volume 256, April 2025, 105273. DOI: 10.1016/j.landurbplan.2024.105273
Weitere Meldungen
Neuigkeiten aus der Wissenschaft
Neue Verordnung zu MKS: Importverbot für tierische Produkte aus Ungarn gezielt angepasst
Importverbot gilt ab 14. April 2025 nur mehr für Regionen mit Schutz- oder Sperrzonen - Maßnahmen zum Schutz der Tiergesundheit bleiben aufrecht
Hardenberg Institute vermittelt Veterinär-Studienplätze
Das Hardenberg Institute vermittelt Studieninteressierte aus Österreich und Deutschland an akkreditierte Veterinär-Fakultäten im EU-Ausland
Neues Artenschutzhaus für geschmuggelte Tiere im Tiergarten Schönbrunn eröffnet
Im Tiergarten Schönbrunn wurde am 11. April 2025 das neue Artenschutzhaus eröffnet
ÖTT-Tagung 2025: 20 Jahre Tierschutzgesetz – wo stehen wir?
Die 15. Tagung der Plattform Österreichische Tierärztinnen und Tierärzte für Tierschutz (ÖTT) findet am 8. Mai 2025 online statt.
Maßnahmen gegen Maul- und Klauenseuche: Grenzübergänge vorübergehend geschlossen
Erhöhte Biosicherheitsmaßnahmen für Betriebe, Importstopp für pflanzliche Futtermittel aus betroffenen Regionen, Abstimmung zwischen Behörden läuft gut
KATZENMEDIZIN #23
Die aktuelle Ausgabe des Fachmagazins für Tierärzt:innen, KATZENMEDIZIN #23, ist soeben erscheinen
Vetmeduni Vienna verschiebt den Tag der offenen Tür
Als Vorsichtsmaßnahme wegen der in der Slowakei und in Ungarn ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche (MKS) wird der Tag der offenen Tür in den September 2025 verschoben
Tierärztekammer fordert dringende Maßnahmen zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche (MKS)
MKS-Ausbrüche in der Slowakei und Ungarn weiterhin nicht unter Kontrolle
Fünf Erfolge der Präparator*innen für das NHM Wien
Im Februar 2025 fand zum 14. Mal die "European Taxidermy Championships", die Europameisterschaft der Präparator*innen, in Salzburg statt
Teile diesen Bericht auf:
Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Tiergestützte Interventionen in der Psychiatrie
(16. Mai. 2025) Grundlagen, Methoden und Praxis der tiergestützten Interventionen in…Laser Therapy in Veterinary Medicine: Photobiomodulation
(9. Mai. 2025) A comprehensive, up-to-date reference to the clinical applications…Manual of Clinical Procedures in Pet…
(1. Mai. 2025) Easy-to-follow step-by-step techniques for common clinical procedures in…Esel- und Maultierkrankheiten
(22. Apr. 2025) Erstes deutsches Fachbuch zum Thema Esel- und Maultierkrankheiten…Das stille Sterben der Natur
(17. Apr. 2025) Wie wir die Artenvielfalt und uns selbst retten…Es war einmal das Huhn
(9. Apr. 2025) Eine Forschungsreise durch die bewegte Geschichte von Mensch…Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

SIVEMAP 2025
(31. Mär. 2025) Die SASAP (Serbian Association of Small Animal Practitioners)…EVECC-Kongress 2025
(1. Mär. 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb. 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb. 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan. 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…Hill's Global Symposium 2024
(20. Okt. 2024) Hosted by Hill's Pet Nutrition on Oct. 24-25…Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien
