Mensch am Aussterben der Wollnashörner beteiligt
Bejagung und klimatische Veränderungen führten zum Verschwinden der Steppenbewohner vor 10.000 Jahren. Ein internationales Forschungsteam mit Prof. Dr. Hervé Bocherens vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (SHEP) an der Universität Tübingen hat die Ursachen für das Aussterben des Wollnashorns nach dem Ende der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren untersucht.
Ihre Studie zeigt, dass die konstante Bejagung durch den Menschen gemeinsam mit Temperaturveränderungen die Populationen der Tiere nachhaltig schwächte, wodurch sie nicht mehr in günstigere Lebensräume ausweichen konnten. Ihr Verschwinden mache auch die Gefährdung heutiger großer Wildtiere deutlich.
Das Wollnashorn (Coelodonta antiquitatis) war über Tausende von Jahren ein ikonischer Vertreter der Steppenfauna Zentral- und Nordeurasiens, nachdem es sich vor etwa 2,5 Millionen Jahren im Tibetischen Hochland entwickelt hatte. Mit dicker Haut und langem, wolligem Fell war es an kalte Temperaturen angepasst und etwa so groß wie das heutige afrikanische Breitmaulnashorn.
Wollnashörner beweideten die niedrige Vegetation in trockenen, offenen Landschaften und nutzten wahrscheinlich ihr Vorderhorn, um Nahrung unter einer dünnen Schneedecke freizulegen. Fossilien zeigen, dass das Wollnashorn bis vor etwa 35.000 Jahren in ganz Nordeurasien verbreitet war.
Weshalb es vor etwa 10.000 Jahren ausstarb, war in der Forschung bisher umstritten – ein Einfluss des Menschen wurde aber kaum in Betracht gezogen. Die neu erschienene Studie legt nahe, dass die Tiere bereits vor etwa 30.000 Jahren in eine Sackgasse gerieten, als kühlere Temperaturen und eine niedrige, aber konstante Bejagung durch den Menschen die Wollnashörner nach Süden drängten.
Dort waren sie am Ende der letzten Eiszeit dann in isolierten, suboptimalen Lebensräumen eingeschlossen. Die geschwächten Populationen waren zuletzt nicht mehr in der Lage, in für sie günstigere Lebensräume zu wandern.
„Wir haben komplexe Computermodelle, Fossilien und fossile DNA genutzt, um die Metapopulationsdynamik der Wollnashörner über 52.000 Jahre kontinuierlich in bisher nicht gekannter Detailtiefe nachzuvollziehen“, berichtet Prof. Dr. Hervé Bocherens vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (SHEP) an der Universität Tübingen und fährt fort: „Durch kühler werdende Temperaturen und die anhaltende Jagd – in einigen Gebieten Eurasiens lieferten Wildtiere bis zu 30 Prozent der Proteinzufuhr der damaligen Menschen – schrumpften die Populationen und ihr Verbreitungsgebiet.
Moderne Menschen, Neandertaler und andere Homininen lebten Zehntausende von Jahren mit den Wollnashörnern. Im Schnitt dezimierten sie deren Population in jeder Generation um zehn Prozent. Am Ende blieben vereinzelte Populationen übrig, die nach Süden gedrängt, isoliert und dadurch geschwächt waren.
Mit der erneuten Erwärmung der Temperaturen zu Beginn des Holozäns vor 11.000 Jahren waren die Wollnashörner dann in klimatisch für sie suboptimalen Gebieten ‚gefangen‘ und verschwanden am Ende vollständig.“
In den Ergebnissen ihrer Studie sehen die Forschenden auch wichtige Hinweise für den Schutz heutiger großer Wildtiere. Durch die gravierenden Folgen von Landnutzungsveränderungen und der Jagd durch den Menschen kommen die meisten verbliebenen Arten der heutigen Megafauna nur noch in einem Bruchteil ihres historischen Verbreitungsgebiets vor.
„Während es im späten Pleistozän noch 61 große Pflanzenfresser mit einem Gewicht von über 1.000 Kilogramm gab, leben heute nur noch acht solcher Arten.
Fünf davon sind Nashörner, von denen vier gefährdet sind und drei sogar vom Aussterben bedroht“, erklärt Bocherens. Die Tiere leben in stark fragmentierten und für sie eher ungünstigen Verbreitungsgebieten in Afrika und Asien.
„Durch die Klimaerwärmung wird sich ihre Situation in den nächsten Jahren noch weiter verschlechtern. Wir brauchen dringend verstärkte Schutzmaßnahmen, um zu verhindern, dass die heutigen Nashörner dasselbe Schicksal erleiden wie ihre Verwandten, die Wollnashörner!“, schließt Bocherens.
Publikation
Fordham, D., Brown, S., Bocherens, H. et al. (2024). 52,000 years of woolly rhinoceros population dynamics reveal extinction mechanisms . Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America
Weitere Meldungen
Neuigkeiten aus der Wissenschaft
Neue Verordnung zu MKS: Importverbot für tierische Produkte aus Ungarn gezielt angepasst
Importverbot gilt ab 14. April 2025 nur mehr für Regionen mit Schutz- oder Sperrzonen - Maßnahmen zum Schutz der Tiergesundheit bleiben aufrecht
Hardenberg Institute vermittelt Veterinär-Studienplätze
Das Hardenberg Institute vermittelt Studieninteressierte aus Österreich und Deutschland an akkreditierte Veterinär-Fakultäten im EU-Ausland
Neues Artenschutzhaus für geschmuggelte Tiere im Tiergarten Schönbrunn eröffnet
Im Tiergarten Schönbrunn wurde am 11. April 2025 das neue Artenschutzhaus eröffnet
ÖTT-Tagung 2025: 20 Jahre Tierschutzgesetz – wo stehen wir?
Die 15. Tagung der Plattform Österreichische Tierärztinnen und Tierärzte für Tierschutz (ÖTT) findet am 8. Mai 2025 online statt.
Maßnahmen gegen Maul- und Klauenseuche: Grenzübergänge vorübergehend geschlossen
Erhöhte Biosicherheitsmaßnahmen für Betriebe, Importstopp für pflanzliche Futtermittel aus betroffenen Regionen, Abstimmung zwischen Behörden läuft gut
KATZENMEDIZIN #23
Die aktuelle Ausgabe des Fachmagazins für Tierärzt:innen, KATZENMEDIZIN #23, ist soeben erscheinen
Vetmeduni Vienna verschiebt den Tag der offenen Tür
Als Vorsichtsmaßnahme wegen der in der Slowakei und in Ungarn ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche (MKS) wird der Tag der offenen Tür in den September 2025 verschoben
Tierärztekammer fordert dringende Maßnahmen zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche (MKS)
MKS-Ausbrüche in der Slowakei und Ungarn weiterhin nicht unter Kontrolle
Fünf Erfolge der Präparator*innen für das NHM Wien
Im Februar 2025 fand zum 14. Mal die "European Taxidermy Championships", die Europameisterschaft der Präparator*innen, in Salzburg statt
Teile diesen Bericht auf:
Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Tiergestützte Interventionen in der Psychiatrie
(16. Mai. 2025) Grundlagen, Methoden und Praxis der tiergestützten Interventionen in…Laser Therapy in Veterinary Medicine: Photobiomodulation
(9. Mai. 2025) A comprehensive, up-to-date reference to the clinical applications…Manual of Clinical Procedures in Pet…
(1. Mai. 2025) Easy-to-follow step-by-step techniques for common clinical procedures in…Esel- und Maultierkrankheiten
(22. Apr. 2025) Erstes deutsches Fachbuch zum Thema Esel- und Maultierkrankheiten…Das stille Sterben der Natur
(17. Apr. 2025) Wie wir die Artenvielfalt und uns selbst retten…Es war einmal das Huhn
(9. Apr. 2025) Eine Forschungsreise durch die bewegte Geschichte von Mensch…Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

SIVEMAP 2025
(31. Mär. 2025) Die SASAP (Serbian Association of Small Animal Practitioners)…EVECC-Kongress 2025
(1. Mär. 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb. 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb. 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan. 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…Hill's Global Symposium 2024
(20. Okt. 2024) Hosted by Hill's Pet Nutrition on Oct. 24-25…Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien
