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Workshop zu untypischen Tiermodellen

Pythons, Tasmanische Teufel und Nacktmulle sind alles andere als typische Versuchstiere.

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Doch vielleicht können gerade sie große Fragen der Biomedizin beantworten. Forscherinnen und Forscher aus mehr als 20 Ländern treffen sich nun in Berlin, um ihre Erfahrungen mit „untypischen Tiermodellen“ auszutauschen.

Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) lädt gemeinsam mit der Europäischen Organisation für Molekularbiologie (EMBO) vom 17. - 20. September zum Workshop „Beyond the standard: Non-model vertebrates in biomedicine“ ein.

In Berlin werden international angesehene Forscherinnen und Forscher über ihre Arbeit mit Tieren diskutieren, die sonst nicht in Laboren zu finden sind. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Wühlmäuse, Fledermäuse, Pythons und Wale.

Die biomedizinische Forschung greift meist auf einige wenige „Tiermodelle“ zurück, vor allem auf Mäuse, Zebrafische, Fruchtfliegen, Würmer und Hefen. Bei diesen Arten handelt es sich um wahre Arbeitstiere der Wissenschaft. Und es gibt tatsächlich viele Vorteile, wenn weltweit Tausende Labore die gleichen Arten analysieren. Es werden Standards geschaffen und Unterschiede reduziert. Experimente können so repliziert und die Ergebnisse bestätigt werden.

Aber es gibt auch einen schwerwiegenden Nachteil. „Sie können viele Jahre damit verbringen, etwas mit Mäusen zu untersuchen, und wenn Sie es auf den Menschen übertragen wollen, funktioniert es einfach nicht“, sagt Dr. Jane Reznick, Molekularbiologin der Forschungsgruppe Molekulare Physiologie der somatosensorischen Wahrnehmung des MDC. „Dann fängt man wieder von vorn an.“

Deshalb orientieren sich einige Forscherinnen und Forscher neu und suchen bei ungewöhnlicheren Tierarten nach Lösungen oder Antworten, etwa bei Pythons, Fledermäusen, Walen, Wühlmäusen, Tasmanischen Teufeln oder Nacktmullen. In der Biomedizin werden diese Arten als untypische Tiermodelle bezeichnet.

Ein expandierendes Forschungsfeld

Zum ersten Mal treffen sich nun Forscherinnen und Forscher aus sechs Kontinenten und über 20 Ländern, um sich darüber auszutauschen, wie sie mit diesen untypischen Tiermodellen alte biomedizinische Probleme aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten können.

Sie diskutieren beispielsweise

  • wie Wühlmäuse Trauer erleben
  • warum Nacktmulle eine so hohe Lebenserwartung haben, keinen Schmerz empfinden und ihre Kolonien unter sauerstoffarme Bedingungen gedeihen
  • wie das Herz eines Pythons nach einer reichhaltigen Mahlzeit seine Größe verändert
  • wie Hamsterratten Bomben und Tuberkulose riechen können
  • wie eine Stachelmaus bis zu 60 Prozent ihrer Haut regenerieren kann
  • wie die Genom-Architektur zu unterschiedlichen Eigenschaften wie Intersexualität oder zur Morphogenese von Gliedmaßen beiträgt


Derzeit werden bereits über 100 Teilnehmer und Teilnehmerinnen erwartet und es werden mindestens 26 Tierarten während des viertägigen Workshops besprochen. Die Anmeldung für den Workshop läuft bis zum 16. September.

Neue Werkzeuge

Das Forschungsfeld hat sich in den letzten zehn Jahren enorm weiterentwickelt, da die Erbgutanalyse verschiedenster Lebewesen durch neue Werkzeuge bedeutend einfacher und günstiger geworden ist.

Dank Stammzelltechnologien und genomchirurgische Werkzeugen wie Crispr/Cas9 kann man in vielen Fällen mit Zellen und Gewebe in der Petrischale arbeiten statt komplette Tiere an den Instituten zu halten.

„In der Vergangenheit haben uns die verfügbaren Werkzeuge eingeschränkt“, sagt Dr. Alison Barker, Molekularbiologin der Forschungsgruppe Molekulare Physiologie der somatosensorischen Wahrnehmung des MDC.

„Nun können wir eine Frage stellen und dann das Tier auswählen, das sich am besten für die Antwort eignet. Oder Fragen entwickeln, die wir zuvor gar nicht angehen konnten.“

Lösungen der Evolution

Obwohl das Feld wächst, ist es doch noch immer klein. Jedes Labor, das mit einem untypischen Tiermodell arbeitet, leistet Pionierarbeit auf unbekanntem Terrain.

Es gibt keine Laborhandbücher oder Anweisungen zur Arbeit mit diesen Tieren. Barker, Reznick und Professor Gary Lewin, Leiter der Forschungsgruppe Molekulare Physiologie der somatosensorischen Wahrnehmung, ist es deshalb wichtig, dass auf dem Workshop nicht nur Ergebnisse präsentiert werden.

Die Forscherinnen und Forscher sollen auch Gelegenheit haben, über praktische Erfahrungen mit der jeweiligen Tierart zu berichten.

Die AG Lewin arbeitet beispielsweise seit 15 Jahre mit Nacktmullen, einem afrikanischen Nagetier, das in Höhlen lebt und außergewöhnliche Eigenschaften hat.

Dafür, dass sie zu den Nagetieren gehören, haben Nacktmulle eine äußerst hohe Lebenserwartung. Das älteste Tier wurde in Gefangenschaft 36 Jahre alt. Anscheinend erkranken sie nicht an Krebs, und auch bestimmte Arten von Schmerz spüren sie nicht.

In freier Wildbahn leben sie in unterirdischen Gängen mit bis zu 300 Tieren, diese extrem sauerstoffarme Umgebung macht ihnen nichts aus. Die AG Lewin untersucht, welche molekularen Mechanismen das ermöglichen.

Die Forscherinnen und Forscher wollen Therapien für Menschen entwickeln, die aufgrund eines Sauerstoffmangels während der Geburt oder während eines Schlaganfalls schwerwiegende Schäden erleiden.

„Der Nacktmull hat sich angepasst, um sich unter diesen Bedingungen entwickeln zu können“, sagt Reznick. „Wir können das nutzen und herausfinden, welche Tricks die Evolution in petto hat, um mit solchen Umständen umzugehen.“

Die Organisatorinnen und Organisatoren hoffen, dass der Workshop andere dazu inspirieren wird, ebenfalls untypische Tiermodelle in Betracht zu ziehen. Insbesondere wenn sie Krankheiten analysieren, bei denen die Forschungsergebnisse noch nicht erfolgreich auf den Menschen übertragen werden konnten. (lp)

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