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Windparks am Schwarzen Meer könnten negativen Einfluss auf Fledermauspopulationen in großen Teilen Osteuropas haben

Entlang der Schwarzmeerküste Rumäniens und Bulgariens verläuft die Via Pontica, eine bedeutende Zugstrecke für Vögel in Osteuropa. Auch Fledermäuse nutzen diese Route.

. . .

Genau hier wurden wegen guter Windverhältnisse in den vergangenen Jahren zahlreiche Windparks installiert, bei denen die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zum Schutz von Fledermäusen bislang kaum umgesetzt werden.

Ein rumänisches Forscherteam hat nun in Kooperation mit dem Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) nachgewiesen, dass dies zu hohen Todesraten wandernder Fledermausarten und möglicherweise erheblichen Einbrüchen auch bei weit entfernt lebenden Populationen in anderen Ländern führt.

Die Wissenschaftler*innen plädieren deshalb nachdrücklich für die flächendeckende Einführung von Abschaltzeiten während der Wanderungsmonate, die – wie das Team in einem Windpark vor Ort zeigen konnte – die Sterblichkeit der Fledertiere massiv und den Energieertrag der Turbinen nur unwesentlich reduzieren würden.

In den vergangenen zehn Jahren entwickelte sich die Küstenregion westlich des Schwarzen Meeres zu einem Hotspot für Windenergieproduktion in Osteuropa. Und das nicht ohne Grund. Denn günstige Windbedingungen machen den Betrieb von Windparks hier besonders rentabel. Außerdem ist die Region relativ dünn besiedelt, so dass Konflikte zwischen Betreibern und Anwohnern selten sind.

Genau in dieser Region verläuft eine wichtige Migrationsroute für zahlreiche Vogel- und Fledermausarten – die sogenannte Via Pontica, benannt nach der antiken römischen Straßenverbindung. Gerade hier sollte darauf geachtet werden, dass Maßnahmen wie kluge Abschaltzeiten tödliche Begegnungen von Vögeln und Fledermäusen mit Windkraftanlagen möglichst geringhalten.

Internationale Übereinkünfte wie das EUROBATS-Abkommen und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union liefern dafür den rechtlichen Rahmen. Tatsächlich werden Schutzmaßnahmen und Monitoring in Osteuropa vielerorts gar nicht oder nur unzureichend umgesetzt. Entsprechend wenig sind die Zugtiere geschützt und es ist wenig über den Einfluss der Windparks auf die Fledermauspopulationen bekannt.

Ein rumänisches Forscherteam untersuchte in Kooperation mit dem Leibniz-IZW über einen Zeitraum von vier Jahren den Fledermausschlag in einem Windpark vor Ort. Der zwanzig Anlagen umfassende Park liegt im rumänischen Teil der Dobrudscha, einer historischen Küstenregion zwischen Donau und Schwarzem Meer, die das Grenzgebiet zwischen Rumänien und Bulgarien bildet. Die Wissenschaftler*innen stießen bei ihren auf vier Jahre verteilten Suchgängen im Windpark auf insgesamt 166 Fledermauskadaver 10 verschiedener Arten.

Besonders häufig fanden sie Kadaver von Rauhautfledermäusen (Pipistrellus nathusii) und Großen Abendseglern (Nyctalus noctula). Viele Fledermäuse wiesen offene Wunden und/oder gebrochene Flügelknochen auf, starben also höchstwahrscheinlich in Folge direkter Kollisionen mit sich drehenden Rotorblättern. Etwa halb so viele Tiere starben ohne direkte Kollision an „Barotraumata“, also oftmals tödlichen Verletzungen der Lunge, die in Folge der gewaltigen Luftdruckunterschiede an den Rotorblättern in deren Nähe entstehen.

Da punktuelle Suchgänge jede Zeitperiode immer nur ausschnittweise wiederspiegeln, berechneten die Forscher*innen den Gesamtverlust an Tieren für die gesamte Zeit und berücksichtigten dabei das Suchmuster, die Suchzeitpunkte und weitere Faktoren, wie etwa den Abtrag von Kadavern durch Füchse und streunende Hunde. Demzufolge starben im Laufe von vier Jahren hochgerechnet 2.394 Fledermäuse im Windpark – das sind 30 Fledermäuse pro Windturbine und Jahr oder 14,2 Fledermäuse pro Megawatt und Jahr.

„Diese Schlagrate ist extrem hoch“, sagt Dr. Christian Voigt, Leiter der Abteilung Evolutionäre Ökologie am IZW. „Zum Vergleich: In Mitteleuropa oder den USA liegen die höchsten Schlagraten bei gut 10 Fledermäusen pro Megawatt und Jahr.“ Eine am IZW durchgeführte Stabilisotopenanalyse von Fellproben zeigte zudem, dass 90 Prozent der Fledermäuse aus weit entfernten Regionen im Norden und Nordosten stammte – unter anderem aus der Ukraine, Weißrussland und Russland.

„Aus diesen Ergebnissen ergibt sich ein klares Bild“, erläutert Christian Voigt.

„Die Schlagrate ist deshalb so hoch, weil der untersuchte Windpark mitten in einer wichtigen Migrationsroute für Fledermäuse steht. Damit hat der Windpark nicht nur einen negativen Einfluss auf lokale Fledermäuse, sondern auch auf weit entfernte Populationen. Umso wichtiger ist es, gerade an solchen Wanderungsrouten die Schlagrate mit passenden Maßnahmen so gering wie möglich zu halten.“

Dass dies relativ leicht zu erreichen ist, konnten die Wissenschaftler*innen vor Ort nachweisen. In Absprache mit ihnen erhöhte der Betreiber testweise den Schwellenwert (Anlaufgeschwindigkeit) der Windgeschwindigkeit, oberhalb der die Windturbinen in den wanderungsintensiven Sommermonaten in Betrieb gehen, auf 6,5 Meter pro Sekunde.

Die Schlagrate fiel daraufhin massiv um 78 Prozent. „Der Energieertrag des Windparks sank dadurch lediglich um 0,35 Prozent pro Jahr. Der Betreiber hatte also nur einen geringen Verlust“, sagt Christian Voigt.

„Der untersuchte Windpark ist mit insgesamt 42 Megawatt Leistung eher klein“, so der IZW-Wissenschaftler weiter. „In der ganzen Dobrudscha-Region sind Windparks mit einer Gesamtleistung von mindestens 3.000 Megawatt in Betrieb, die in ihrer Gesamtheit langfristig zu einem Rückgang von Fledermauspopulationen in einem großen Teil Osteuropas führen könnten. Deshalb plädieren wir nachdrücklich für eine flächendeckende Einführung von Abschaltzeiten und höheren Schwellenwerten für Anlaufgeschwindigkeiten. Die Betreiber kostet das fast nichts. Und die Via Pontica könnte so wieder zu einer weitgehend sicheren Flugroute für Fledermäuse werden.“

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