Schutzgebiete für Wölfe: Stille Inseln in einer Welt der Angst

(05.12.2022) Eine neue Studie der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt zeigt die Bedeutung von Schutzgebieten für Wölfe.

Haben sie die Wahl, dann meiden diese anpassungsfähigen Raubtiere Straßen, Siedlungen und generell Gebiete mit Aktivitäten von Menschen.

Mithilfe von Tracking-Daten besenderter Wölfe in Belarus untersuchten Wissenschaftler der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt und der Universität Freiburg, wo sich Wölfe am liebsten aufhalten, um Störungen durch Menschen aus dem Weg zu gehen und wann sie das tun.


Wolf mit einem GPS-Tracking-Halsband, automatisch aufgenommen von einer Kamerafalle im Belovezshkaya-Pushcha Nationalpark, Belarus. Mithilfe der GPS-Technologie können Wissenschaftler feststellen, wo und wann sich Wölfe in der Landschaft bewegen.

In ihrem Untersuchungsgebiet, dem Belovezhskaya-Pushcha-Nationalpark in Belarus direkt an der polnischen Grenze stellten sie fest, dass der Nationalpark ein wichtiger Zufluchtsort für Wölfe ist, um Störungen durch Straßen und Dörfer aus dem Weg zu gehen.

Aus Wolfssicht ist der Park eine stille Insel in einer ansonsten von Menschen und ihrer Infrastruktur geprägten Welt.

Schutzgebiete wie Nationalparks haben oft verschiedene Zonen mit unterschiedlichem Schutzstatus, also mehr oder weniger Schutz und Eingriff durch das Parkmanagement.

„Unsere Studie hat gezeigt, dass die Wölfe die Kernzone, die am stärksten geschützt ist, stärker nutzen als die anderen Zonen. Außerdem bevorzugten sie den Nationalpark gegenüber Gebieten außerhalb des Parks, die weniger geschützt sind", sagt der Erstautor und Doktorand Adam F. Smith.

Die Forscherinnen und Forscher stellten auch fest, dass Wölfe zu allen Jahreszeiten öffentliche Straßen meiden. „Wir konnten zeigen, dass Wölfe öffentliche Straßen tagsüber eher meiden als in der Nacht. Ebenso meiden sie Siedlungen und Dörfer viel stärker tagsüber, wenn die Gefahr durch den Menschen für sie größer ist", erklärt Smith.

Die Ergebnisse der Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift „Biological Conservation" veröffentlicht wurden, zeigen, wie Wölfe ihr Verhalten zeitlich anpassen, um ihr Risiko zu verringern, Menschen und deren Aktivitäten zu begegnen. Diese Ergebnisse tragen auch dazu bei, besser zu verstehen, wie es den Wölfen gelingt, in Europas von Menschen genutzten Landschaften zu überleben.

Obwohl Wölfe die gesamte Landschaft nutzen können und dies auch oft tun, ist ihre „erste Wahl“ die Vermeidung von Störungen durch Menschen, sofern sie die Möglichkeit dazu haben.

Das heißt, dass Gebiete, in denen es wenig menschliche Störung gibt, entscheidend dafür sein können, problematische Interaktionen zwischen Wölfen und Menschen in unseren europäischen Landschaften zu verringern.

Publikation

Adam F. Smith, Simone Ciuti, Dmitry Shamovich, Viktar Fenchuk, Barbara Zimmermann, Marco Heurich (2022):
Quiet islands in a world of fear: Wolves seek core zones of protected areas to escape human disturbance
Biological Conservation, Volume 276, 2022, 109811
https://doi.org/10.1016/j.biocon.2022.109811



Weitere Meldungen

Wölfe (Canis lupus) sind für ihre weite Wanderungen bekannt. Nun wurde eine Distanz über 1.190 Kilometer Luftlinie zwischen Deutschland und Nordspanien nachgewiesen.; Bildquelle: Jan Noack

Von Deutschland nach Spanien: Weiteste Wanderung eines Wolfs nachgewiesen

Die Zusammenarbeit dreier DNA-Labore, darunter das Zentrum für Wildtiergenetik am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt, hat es möglich gemacht, die Wanderroute eines Wolfes von Deutschland nach Nordspanien nachzuverfolgen
Weiterlesen

Wolf (Canis lupus) in präferiertem Habitat; Bildquelle: Jan Zwilling / Leibniz-IZW

Räumliche Modellierungen zeigen im Detail, wie Wölfe Deutschland wiederbesiedelten und wo sie in Zukunft leben könnten

Die Rückkehr des Wolfs nach Deutschland, die vor rund 23 Jahren in der Lausitz begann, ist ein Prozess von enormer ökologischer und gesellschaftlicher Tragweite
Weiterlesen

Universität Uppsala

Skandinavische Wölfe tragen viele schädliche Mutationen in sich

In einer neuen wissenschaftlichen Studie haben Forscher der Universität Uppsala gezeigt, dass skandinavische Wölfe rund 100.000 schädliche Mutationen in ihrem Genom tragen
Weiterlesen

University of Oxford

Krankhafte Grautöne - Krankheitsausbrüche beeinflussen die Farbe der Wölfe in Nordamerika

Neue Forschungsergebnisse der Universität Oxford, des Yellowstone-Nationalparks und der Penn State University könnten endlich Aufschluss darüber geben, warum Wölfe auf dem nordamerikanischen Kontinent ihre Farbe ändern.d Feldhase sind nur weitläufig verwandt und recht einfach zu unterscheiden
Weiterlesen

Uppsala University

Auswirkungen der Inzucht bei skandinavischen Wölfen

Seit vielen Jahren erforschen Forscher der Universität Uppsala die genetischen Ursprünge der skandinavischen Grauwolfpopulation, die von nur drei einwandernden Wölfen gegründet wurde
Weiterlesen

Seit 2000 gibt es in Deutschland wieder wildlebende Wölfe.; Bildquelle: Jan Noack/Senckenberg

Wolf-Hund-Mischlinge sicher erkennen

Senckenberg-Wissenschaftler*innen haben mit einem europäischen Team eine neue Methode im Fachjournal „BMC Genomics“ vorgestellt, die es erlaubt, Wolf-Hund-Hybriden anhand von Umweltproben, wie Kot, Haaren oder Speichelresten sicher zu erkennen
Weiterlesen

Nina Tiralla von der Universität Göttingen verfolgt eine Wolfsspur in der Mongolei.; Bildquelle: Nina Tiralla/Universität Göttingen

Forschungsteam untersucht Fressverhalten von Wölfen in der Mongolei: Lieber Wild- als Weidetiere

Wenn das Angebot vorhanden ist, ernähren sich Wölfe in der Mongolei lieber von Wildtieren als von Weidevieh. Das hat ein Forschungsteam der Universität Göttingen und des Senckenberg Museums für Naturkunde in Görlitz herausgefunden
Weiterlesen

The Swedish Research Council

Swedish, Finnish and Russian wolves closely related

The Scandinavian wolf originally came from Finland and Russia, and unlike many other European wolf populations its genetic constitution is virtually free from dog admixture
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen