Welche Krankheitserreger stecken in Fledermäusen?

(31.10.2013) Am 31. Oktober erscheint mit „Bats (Chiroptera) as Vectors of Diseases and Parasites – Facts and Myths“ ein Buch, das den aktuellen Stand der Forschung zu Fledermäusen als potenzielle Überträger von Infektionskrankheiten und Parasiten analysiert und zusammenfasst.

Fledermäuse zählen zu den bedrohten und daher in Europa unter Schutz gestellten Tierarten. Sie sind weltweit ein wichtiger Teil der Ökosysteme. Sie regulieren Insektenbestände und verbreiten Pflanzen, indem sie Blüten bestäuben oder Früchte fressen und die Samen weiter tragen.

Doch für Mensch, Nutz- und Haustier sind Fledermäuse auch eine potenzielle Gefahr – nicht im Sinne überkommener Vorstellungen von blutsaugenden Vampiren, sondern weil Fledermäuse als Überträger von Krankheitskeimen und Parasiten fungieren können.

Die Fledermaus ist meist der sogenannte Reservoir-Wirt, in dem der Krankheitserreger lebt, ohne dem Tier sonderlich zu schaden. Um den Zielwirt zu erreichen, muss der Erreger dann noch eine Art Taxi finden: Zum Beispiel Stechmücken bieten sich als sogenannte Vektoren an.

Prof. Dr. Sven Klimpel, der am Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F), in der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und am Institut für Ökologie, Evolution und Diversität der Goethe-Universität Frankfurt/M. forscht und lehrt, hat gemeinsam mit Prof. Dr. Heinz Mehlhorn, Heinrich-Heine Universität Düsseldorf, und anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den aktuellen Stand der Forschung in einem Buch zusammengefasst: „Unsere Arbeit stellt unterschiedliche Aspekte der möglichen Übertragung von Fledermausviren auf Tiere und Menschen dar“, beschreibt Prof. Klimpel „Wir haben die weltweit zur Verfügung stehende Literatur dahingehend analysiert, ob blutsaugende Insekten, insbesondere Stechmücken, in der Lage sind, bestimmte Viren über Fledermausblut aufzunehmen und beim nächsten Stich auf andere Tiere und den Menschen zu übertragen.“

Die Analysen belegen, dass es zahlreiche Mückenarten gibt, die sowohl an Fledermäusen, Vögeln, Nutz- und Wildtieren als auch an Menschen Blut saugen und somit als geeignete Vektoren für die Übertragung der Viren fungieren können.

Die wichtigsten zoonotischen, also von Tieren auf den Menschen übertragbare Viren, die sowohl bei Fledermäusen und Menschen als auch in Stech- bzw. Sandmücken nachgewiesen wurden, gehören zu den Familien der Bunyaviridae (u.a. Rift Valley-Virus, Toskana-Virus), Flaviviridae (u.a. Dengue-Virus, Japanische und St. Louis-Enzephalitis, West-Nil-Virus) und Togaviridae (Chikungunya-Virus).

Zudem wurden bei verschiedenen Fledermäusen aber auch einzellige, zoonotische Parasiten nachgewiesen wie z.B. die Erreger der südamerikanischen Chagas-Krankheit (Trypanosoma spp.) sowie die Erreger der Malaria (Plasmodium spp.).

Stechmücken sind aber nicht immer die Übermittler der Erreger. „Es wurden zahlreiche Viren nachgewiesen, die von Fledermäusen auf Tiere bzw. auf den Menschen übertragen werden, bei denen der Übertragungsweg bisher nicht hinreichend geklärt ist“, so Prof. Klimpel.

Es handelt sich dabei u.a. um Stämme des Rabies-Virus (Tollwut) und um Paramyxoviren, die z.B. auf Pferde (Hendra-Virus) oder auf Schweine (Nipah-Virus) übertragen werden und auch beim Menschen tödliche Infektionen verursachen können. Infektionen mit Filoviren (Ebola- und Marburgviren) sowie SARS-Coronavirus kommen in Fledermäusen vor.

„Kollegen haben beispielsweise gezeigt, dass die Erreger über Ausscheidungen (Urin) bzw. kontaminierte Nahrung (Speichel) in den Menschen gelangen“, erklärt Klimpel: „In Afrika werden Fledermäuse in großer Anzahl als "Bushmeat" an Straßenständen zum Verzehr angeboten, was ebenfalls einen möglichen Übertragungsweg darstellt.“

Fledermäuse (Microchiroptera) gehören zusammen mit den Flughunden (Megachiroptera) zu den Fledertieren (Chiroptera) und sind eine der ältesten Säugetiergruppen überhaupt. Fossile Fledermäuse, wie sie auch regelmäßig in der Welterbestätte Grube Messel gefunden werden, lassen sich auf das Eozän, also auf bis zu 50 Millionen Jahre, zurück datieren.

Weltweit sind über 1200 Fledermausarten beschrieben, von denen in Europa ca. 30 vorkommen. In Deutschland finden sich ca. 23 Arten. Um sich in ihrer Umgebung zu orientieren, senden Fledermäuse stetig Klicklaute im Ultraschallbereich aus. Auch ihre Beute erfassen sie zum überwiegenden Teil mit Hilfe dieses hochentwickelten Echolot-Systems.




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