Zuhören ist die DeViSe: System erhebt Tierlaute

(07.01.2020) Bevor eine Windkraftanlage errichtet oder eine Naturschutzmaßnahme umgesetzt wird, informieren sich die Planer über die Tier- und Pflanzenwelt vor Ort. Während man Gräser und Bäume noch recht einfach verzeichnen kann, ist das bei Fröschen, Vögeln und Co. schon schwieriger.

In einem Projekt des Museums für Naturkunde (Berlin) in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie (Oldenburg) und der Firma ARSU (Oldenburg) soll nun ein Sensorsystem entwickelt werden, das die Laute von Tieren automatisch erfasst und auswertet.


Das mobile akustische Sensorsystem erfasst automatisch Tierlaute in der Umwelt. Mobil und in Echtzeit werden die Daten ausgewertet und grafisch aufbereitet.

Es stehen zwar spezielle Arten im Fokus, die Technik könne man aber grundsätzlich für alle lautgebenden Tiere verwenden, sagt Dr. Karl-Heinz Frommolt, Projektleiter vom Museum für Naturkunde. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Vorhaben fachlich und finanziell mit 300.000 Euro.

Heutige Maßnahmen teuer und ungenau

„Die technischen Möglichkeiten zum Erfassen von Tierlauten sind heute sehr teuer oder man muss auf selbstgebaute Geräte zurückgreifen. Das ist über einen längeren Zeitraum oder an schwer zugänglichen Stellen fast unmöglich“, erklärt Frommolt. Im Anschluss an das Erheben der Daten müsse man diese aufwendig auswerten.

Dabei komme es häufig zu Fehlern. Manche Geräusche würden vom Aufnahmegerät schlichtweg „überhört“ oder Tiere doppelt aufgenommen. Das mache die Verfahren ungenau und zeitintensiv.

Robust, intelligent und günstig

Das geplante Sensorsystem mit dem Namen DeViSe (Automatische Detektion, Lokalisation und Tracking von Vögeln und lautgebenden Tierarten mittels intelligenter akustischer Sensorik) soll diese Probleme lösen. Es handle sich dabei um ein günstiges, robustes und kleines Aufnahmegerät mit geeigneter Software zum Steuern und Auswerten.

„Das intelligente System erfasst die Daten automatisch und bestimmt zum Beispiel die Tierarten oder die Häufigkeit der Tierrufe“, so Frommolt. Außerdem könne DeViSe die lautgebenden Tiere orten und so Muster erstellen.

Planer profitieren

Anhand dreier möglicher Anwendungsbereiche werde der Prototyp nach seiner Entwicklung getestet. Dabei gehe es zum Beispiel um das Untersuchen von Vogel-Lebensräumen in der Nähe möglicher neuer Windparks oder das Erfassen von Tieren zum Bewerten von Grünflächen.

„Auf diesem Weg soll für Umweltwissenschaftler, Biologen, Landschaftsökologen und Unternehmen ein hochwertiges und dennoch günstiges akustisches digitales Sensorsystem zum Erfassen von Artenvielfalt entstehen“, erklärt Frommolt abschließend.


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