Vogelvielfalt in Städten hängt maßgeblich von der Verfügbarkeit natürlicher Nahrung ab
Urbanisierung verändert die natürlichen Lebensräume vieler Wildtierarten und stellt diese vor vielfältige Herausforderungen, was sich etwa auf das Vorkommen und die Bestandsgrößen vieler Vogelarten auswirkt.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) und der Technischen Universität Berlin (TUB) werteten nun gemeinsam Daten des Senats von Berlin zur Häufigkeit von Brutvögeln aus, die von Bürgerwissenschaftler*innen gesammelt wurden.
Hauptergebnis ist, dass die Häufigkeit von Beutetieren, wie Insekten oder Spinnen, ein Schlüsselfaktor für die Vogelvielfalt in der Stadt ist. Je mehr Beutetiere verfügbar sind, desto vielfältiger ist die städtische Vogelgemeinschaft. Interaktionen zwischen Arten, wie Beutegreifer-Beute-Beziehungen, seien damit ein wichtiger Faktor, um urbane Biodiversität zu erklären – ebenso wie Auswirkungen direkter Störungen durch den Menschen und die Habitatstruktur.
Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Diversity and Distributions“ veröffentlicht.
Wechselwirkungen zwischen Arten prägen die Zusammensetzung von Wildtiergemeinschaften grundlegend und bestimmen, welche Arten und wie viele Individuen in bestimmten Lebensräumen zu finden sind. Sind beispielsweise starke Konkurrenten vorhanden, kann dies dazu führen, dass andere Arten weniger häufig oder gar nicht anzufinden sind.
In ähnlicher Weise beeinflussen die Häufigkeit und Verteilung von Beutetieren die Anzahl der Beutegreifer in einer Gemeinschaft. „Obwohl die Bedeutung der Wechselwirkungen zwischen Arten für die Ausprägung der biologischen Vielfalt (Biodiversität) weithin anerkannt ist, konzentrieren sich Studien zur städtischen Biodiversität in der Regel auf die Auswirkungen anthropogener Störungen und der vorhandenen Habitatstruktur und vernachlässigen dabei die Interaktionen zwischen den Arten“, sagt Stephanie Kramer-Schadt, Leiterin der Abteilung für Ökologische Dynamik am Leibniz-IZW und Professorin an der TUB.
Um abzuschätzen, wie sich Arteninteraktionen auf die Vogelvielfalt in Städten auswirken können, analysierte das Team um die leitende Autorin Aimara Planillo aus Kramer-Schadts Abteilung am Leibniz-IZW die vom Berliner Senat von Freiwilligen (Bürgerwissenschaftler*innen) gesammelten Daten zum Brutgeschehen von 66 heimischen Vogelarten.
Sie setzte diese in Beziehung zu Daten zum Vorkommen von Wirbellosen wie Insekten oder Spinnen, die im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekts der Berliner Forschungseinrichtungen (BBIB-BIBS) erhoben wurden.
Damit konnten sie die Auswirkungen sowohl von nahrungsbezogenen (Beuteverfügbarkeit) als auch nicht-nahrungsbezogenen (z.B. Konkurrenz) Wechselwirkungen zwischen Arten bestimmen und diese in Bezug zum Urbanisierungsgrad der Lebensräume (von Randgebieten zum verdichteten Zentrum) setzen.
„Durch die Anwendung ausgeklügelter mathematischer Modelle auf die Biodiversitätsdaten konnten wir zeigen, dass der Reichtum an wirbellosen Beutetieren einer der wichtigsten Faktoren ist, der die städtische Vogelvielfalt beeinflusst“, sagt Planillo.
Senior-Autorin Viktoriia Radchuk fügt hinzu: „Wichtig ist, dass die Auswirkungen der Beutetierhäufigkeit vom Grad der Urbanisierung abhängen. Beutereichtum hatte einen positiven Einfluss auf die Vogelvielfalt bei niedrigem bis mittlerem Urbanisierungsgrad. In den stark verstädterten Gebieten wirkt sich der Beutereichtum nicht mehr auf die Vogelwelt aus, da diese Gebiete von Vogelarten bewohnt werden, die mit einem Leben in stark verstädterten Gebieten sehr gut zurechtkommen und sich oft von Nahrung menschlichen Ursprungs ernähren.“
Anhand dieser Analysen waren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Lage, die in Berlin vorkommenden Vogelarten in drei Gruppen zu unterteilen. Diese unterscheiden sich darin, wie sie auf Umweltvariablen und die Häufigkeit von wirbelloser Beute reagieren.
„Wir haben in der Berliner Vogelwelt Stadt-, Wald- und Offenlandarten gefunden“, erklärt Radchuk. „Städtische Arten ähneln den städtischen Nutznießern, da sie auch bei einem hohen Grad menschlicher Störung in großer Zahl fortbestehen. Waldarten ähneln den Arten, die gut mit städtischen Verhältnissen zurechtkommen, sie reagieren stark auf den Grad der Urbanisierung und werden durch eine hohe Baumbedeckung und einen hohen Anteil an Wirbellosen begünstigt. Offenlandarten schließlich werden durch die Urbanisierung stark negativ und durch Baumbewuchs und offene Grünflächen positiv beeinflusst. Sie waren auch die seltensten der drei Gruppen.“
Diese Kategorisierung der Vogelarten ermöglicht es, maßgeschneiderte Schutzstrategien für die jeweiligen Arten zu entwickeln. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Bewirtschaftung städtischer Gebiete sehr wichtig für die Vogelvielfalt in Städten ist, weil sie die Artenvielfalt der Wirbellosen entweder massiv beeinträchtigen oder sogar erhöhen kann“, so Planillo abschließend.
„Um das Überleben von Spinnen oder Insekten zu gewährleisten, regen wir eine extensive Nutzung oder reduzierte Mahd in urbanen Grünflächen an. Totholz und Steine sollten auch in innerstädtischen Gebieten an Ort und Stelle belassen und stillgelegte Flächen erhalten werden. Nicht zuletzt würde sich auch ein verringerter Einsatz – oder vorzugsweise die völlige Vermeidung – von Pestiziden positiv auf die Insekten- und Spinnenwelt und damit auf die Vogelvielfalt auswirken.“
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