Mikroplastik stört Miesmuscheln kaum
Bilder von Seevögeln, die mit Plastikteilen im Magen verenden, rütteln auf. Wie sehr bedroht Kunststoffmüll das Leben im Ozean? Eine generelle Antwort ist noch schwierig, denn zu den Effekten von Mikroplastik auf kleinere Meeresorganismen gibt es bisher kaum realistische Studien.
Ein Team des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel hat im bis dahin längsten Labor-Experiment zu diesem Thema die Auswirkungen von Mikroplastik auf Miesmuscheln untersucht. Das Ergebnis ist jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Science of the Total Environment erschienen.
Egal ob Forscher*innen in den Sedimenten der Tiefsee oder im Eis der Polargebiete nachschauen – mittlerweile finden sie auch in den entlegensten Stellen der Erdoberfläche Mikroplastikpartikel. Über die Auswirkungen dieser vom Menschen verursachten Verschmutzung ist jedoch verhältnismäßig wenig bekannt.
Einige Wal- und Seevogelarten können nachgewiesenermaßen verenden, wenn sie zu viel größere Plastikteile verschlucken. Doch realistische Studien zu den Effekten von Mikroplastik, also von Partikeln kleiner als fünf Millimeter, auf andere marine Organismen sind rar.
Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel haben jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Science of the Total Environment die Ergebnisse des bislang längsten Labor-Experiments zu den Auswirkungen von künstlichen Mikropartikeln auf Miesmuscheln veröffentlicht. „Entgegen verbreiteter Befürchtungen zeigt unsere Studie, dass die Miesmuscheln auch über einen längeren Zeitraum kaum von Mikroplastik im Wasser beeinträchtigt werden“, sagtThea Hamm, Erstautorin der Studie.
Miesmuscheln eignen sich als Modellorganismus für derartige Studien besonders gut, weil sie in vielen Küstenökosystemen verbreitet sind. Zur Nahrungsaufnahme filtrieren sie Meerwasser und nehmen dabei unweigerlich Mikroplastik auf, das im Meerwasser vorhanden ist.
Thea Hamm setzte für die Studie junge Miesmuscheln über einen Zeitraum von 42 Wochen verschiedenen Konzentrationen von Mikroplastik aus. „Das Besondere an dieser Studie ist nicht nur der lange Zeitraum, sondern auch, dass die Verschmutzung in den Versuchstanks Werten entsprach, die wir in der Umwelt wirklich messen“, sagt die Biologin. Dr. Mark Lenz, ihr Co-Autor, ergänzt: „Viele frühere Studien liefen nur über deutliche kürzere Zeiträume, nutzten dafür aber unrealistisch hohe Plastikkonzentrationen. Das kann das Bild natürlich verfälschen“.
Um das Experiment noch naturnäher zu gestalten, testete Thea Hamm auch die Reaktion der Muscheln auf verschiedene Mikroplastikarten und -größen. „Wir verwendeten gleichmäßig runde Partikel, wie sie zum Beispiel in Kosmetika Verwendung finden, aber auch unregelmäßig geformte, wie sie beim Zerfall größerer Kunststoffteile entstehen“, berichtet Thea Hamm, für die das Experiment Grundlage ihrer Doktorarbeit ist.
Während des Versuchszeitraums maß sie dann verschiedene Werte, die Aussagen über den Zustand der Muscheln erlaubten. Dazu gehörte zum Beispiel die Wachstumsrate der jungen Muscheln, die Produktion der Haftfäden, mit denen sie sich am Untergrund festhalten, oder auch die Rate, mit der sie Futteralgen aus dem Wasser filterten.
Negative Effekte des getesteten Mikroplastiks auf die Leistung der Muscheln traten erst spät im Experiment auf und waren eher schwach. Damit deutet diese bisher längste Laborstudie zu diesem Thema darauf hin, dass Mikroplastik – zumindest in den Konzentrationen, in denen es zurzeit im Meer vorkommt – nur eine geringe Bedrohung für Miesmuschelpopulationen darstellt.
„Das ist zunächst eine beruhigende Nachricht. Sie bedeutet aber noch keine Entwarnung was die Verschmutzung mit den Mikropartikeln generell angeht. Andere Arten reagieren vielleicht anders. Wir benötigen einfach noch mehr Langzeitexperimente unter realistischen Bedingungen“, fasst Thea Hamm zusammen.
Publikation
Hamm, T. A. & M. Lenz (2021): Negative impacts of realistic doses of spherical and irregular microplastics emerged late during a 42 weeks-long exposure experiment with blue mussels . Science of the Total Evironment
Weitere Meldungen
Neuigkeiten aus der Wissenschaft
Neue Verordnung zu MKS: Importverbot für tierische Produkte aus Ungarn gezielt angepasst
Importverbot gilt ab 14. April 2025 nur mehr für Regionen mit Schutz- oder Sperrzonen - Maßnahmen zum Schutz der Tiergesundheit bleiben aufrecht
Hardenberg Institute vermittelt Veterinär-Studienplätze
Das Hardenberg Institute vermittelt Studieninteressierte aus Österreich und Deutschland an akkreditierte Veterinär-Fakultäten im EU-Ausland
Neues Artenschutzhaus für geschmuggelte Tiere im Tiergarten Schönbrunn eröffnet
Im Tiergarten Schönbrunn wurde am 11. April 2025 das neue Artenschutzhaus eröffnet
ÖTT-Tagung 2025: 20 Jahre Tierschutzgesetz – wo stehen wir?
Die 15. Tagung der Plattform Österreichische Tierärztinnen und Tierärzte für Tierschutz (ÖTT) findet am 8. Mai 2025 online statt.
Maßnahmen gegen Maul- und Klauenseuche: Grenzübergänge vorübergehend geschlossen
Erhöhte Biosicherheitsmaßnahmen für Betriebe, Importstopp für pflanzliche Futtermittel aus betroffenen Regionen, Abstimmung zwischen Behörden läuft gut
KATZENMEDIZIN #23
Die aktuelle Ausgabe des Fachmagazins für Tierärzt:innen, KATZENMEDIZIN #23, ist soeben erscheinen
Vetmeduni Vienna verschiebt den Tag der offenen Tür
Als Vorsichtsmaßnahme wegen der in der Slowakei und in Ungarn ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche (MKS) wird der Tag der offenen Tür in den September 2025 verschoben
Tierärztekammer fordert dringende Maßnahmen zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche (MKS)
MKS-Ausbrüche in der Slowakei und Ungarn weiterhin nicht unter Kontrolle
Fünf Erfolge der Präparator*innen für das NHM Wien
Im Februar 2025 fand zum 14. Mal die "European Taxidermy Championships", die Europameisterschaft der Präparator*innen, in Salzburg statt
Teile diesen Bericht auf:
Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Leseförderung mit Hund: Grundlagen und Praxis
(20. Jun. 2025) Andrea Beetz und Meike Heyer führen in die…Tierarztpraxis gründen und betreiben
(11. Jun. 2025) Der Leitfaden für die Selbstständigkeit in der Tiermedizin…Suchterkrankung beim Hund
(3. Jun. 2025) Suchterkrankung beim Hund - gibt es das? Offenbar…Wildtierfindlinge in der Tierarztpraxis
(27. Mai. 2025) Grundlagen der Wildtierhilfe, praktische Anwendung, tierärztliche Versorgung -…The Equine Distal Limb
(22. Mai. 2025) An Atlas of Clinical Anatomy and Comparative Imaging-…Tiergestützte Interventionen in der Psychiatrie
(16. Mai. 2025) Grundlagen, Methoden und Praxis der tiergestützten Interventionen in…Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

EERVC 2025 in Ljubljana
(12. Jun. 2025) Die 8. Eastern European Regional Veterinary Conference (EERVC)…SIVEMAP 2025
(31. Mär. 2025) Die SASAP (Serbian Association of Small Animal Practitioners)…EVECC-Kongress 2025
(1. Mär. 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb. 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb. 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan. 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien
