Bielefelder Genomforscher entschlüsseln das Hamstergenom

(23.08.2013) Genomforscher vom Centrum für Biotechnologie (CeBiTec) der Universität Bielefeld haben unter der Leitung von Professor Dr. Alfred Pühler das Genom des Chinesischen Hamsters sequenziert.

Der Chinesische Hamster ist der Lieferant für die abgeleiteten Zellkulturen, die in der Pharmaindustrie für die Produktion von biopharmazeutischen Produkten, zum Beispiel von medizinischen Antikörpern, genutzt werden.


Ein CeBiTec-Forscherteam hat in einem internationalen Projekt das Hamstergenom sequenziert. Das Foto zeigt Mitglieder des Teams (hinten v.l.) PD Dr. Andreas Tauch, Prof. Dr. Thomas Noll, Prof. Dr. Alfred Pühler, (vorne v.l.) Oliver Rupp und Dr. Karina Brinkrolf.

Ermöglicht wurde das aufwendige Projekt durch die Zusammenarbeit zwischen der Universität Bielefeld und internationalen Projektpartnern. Ihre Ergebnisse haben die Forscherinnen und Forscher jetzt in dem weltweit bekannten Wissenschaftsjournal „Nature Biotechnology“ publiziert.

Für das Projekt kooperierte das CeBiTec-Forschungsteam mit der Universität für Bodenkultur in Wien – dortige Projektleiterin war Professorin Dr. Nicole Borth –, dem Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und den Pharmaunternehmen Novartis (Schweiz) und Pfizer (USA).

Professor Dr. Thomas Noll, Wissenschaftlicher Direktor des CeBiTec, geht davon aus, dass die gewonnenen Daten von großem Interesse für Wissenschaft und Industrie sind. „Das entschlüsselte Hamstergenom wird in Zukunft die Produktion von Pharmazeutika mittels Zelllinien enorm beflügeln“, sagt Noll, der die Arbeitsgruppe Zellkulturtechnik an der Technischen Fakultät leitet und an dem Forschungsprojekt beteiligt war.

Das Genom des Chinesischen Hamsters besteht aus elf Chromosomenpaaren. Bei der Entschlüsselung eines so großen Genoms müssen große Datenmengen erzeugt und anschließend bioinformatisch bearbeitet werden. Um die spätere Auswertung der Daten zu erleichtern, haben die Bielefelder Forscher und ihre Kollegen in diesem Projekt erstmals ein Verfahren angewandt, mit dem die einzelnen Chromosomen des Genoms sortiert wurden.

Die Sequenzierung der Hamsterchromosomen führte Dr. Karina Brinkrolf vom CeBiTec durch. Mit Hilfe von modernen Geräten für Hochdurchsatz-Sequenzierung wurden mehr als 1,4 Milliarden kurzer DNA-Sequenzen erzeugt.

„Die große Herausforderung dieses Projekts war das anschließende Zusammensetzen dieser kurzen DNA-Sequenzen zu einzelnen Chromosomen-Gesamtsequenzen“, erklärt Projektleiter Professor Alfred Pühler.

Diese Kombinationsarbeit war nur dank leistungsstarker Großrechner möglich. „Die Etablierung der Genomsequenz konnte erst nach Ausbau des neuen CeBiTec-Rechenclusters und der Verwendung neuer Software erfolgen“, sagt der Bioinformatiker Dr. Alexander Goesmann, der ebenfalls an dem Projekt mitgearbeitet hat.

„Die Bielefelder Bioinformatik hat bei der Entschlüsselung der Hamstergenomsequenz Neuland beschritten“, stellt Goesmann fest. Die gewonnene Genomsequenz des Chinesischen Hamsters liegt mit etwa 2,3 Milliarden Basen im gleichen Größenbereich wie das menschliche Genom.

Der Projektleiter Alfred Pühler wertet das Forschungsprojekt als einen Meilenstein des CeBiTec: „Mit der Entschlüsselung des Hamstergenoms wurde ein Großprojekt am CeBiTec erfolgreich abgeschlossen.

Die Hamstersequenz steht der Öffentlichkeit zur Verfügung und kann weltweit für Forschungsfragen genutzt werden.“ Als Basis für aktuelle Forschung an Zellkulturen des Chinesischen Hamsters sei das Projekt für den Standort Bielefeld von großer Bedeutung, so Pühler.

Mit der Universität für Bodenkultur in Wien und dem Austrian Center of Industrial Biotechnology wurde bereits ein Folgeprojekt vereinbart. „Dadurch ist die Universität Bielefeld in der Lage, auch weiterhin zu diesem hochkompetitiven Forschungsfeld beizutragen.“

Originalveröffentlichung

Karina Brinkrolf, Oliver Rupp, Holger Laux, Florian Kollin, Wolfgang Ernst, Burkhard Linke, Rudolf Kofler, Sandrine Romand, Friedemann Hesse, Wolfgang E. Budach, Sybille Galosy, Dethardt Müller, Thomas Noll, Johannes Wienberg, Thomas Jostock, Mark Leonard, Johannes Grillari, Andreas Tauch, Alexander Goesmann, Bernhard Helk, John E. Mott, Alfred Pühler und Nicole Borth: Chinese hamster genome sequenced from sorted chromosomes, Nature Biotechnology, http://dx.doi.org/10.1038/nbt.2645, online erschienen am 8. August 2013



Weitere Meldungen

Feldhamsterland

Jahresbilanz 2021 des Verbundprojektes „Feldhamsterland“

Das Jahr geht zu Ende und wieder haben die Lokalkoordinator*innen im Pilotprojekt Feldhamsterland leidenschaftlich alles für den Feldhamster (Cricetus cricetus) gegeben
Weiterlesen

Dosierungsvorschläge für Arzneimittel bei Kleinnagern, Kaninchen, Frettchen und Igeln

Dosierungsvorschläge für Arzneimittel bei Kleinnagern, Kaninchen, Frettchen und Igeln

Ein unverzichtbares Nachschlagewerk für die tierartspezifische Medikation von Kaninchen, Meerschweinchen, Hamster, Frettchen, Chinchilla, Ratte, Maus und Igel
Weiterlesen

ESCCAP

ESCCAP: Neue Empfehlung zu parasitären Erkrankungen bei Kleintieren

Im Juli 2017 veröffentlichte der europäische Verband von Veterinärparasitologen ESCCAP die erste Empfehlung für die Bekämpfung von Erkrankungen der wichtigsten Parasiten und Pilzinfektionen bei Kleintieren in Europa
Weiterlesen

Arzneitherapie bei Heimtieren

Arzneitherapie bei Heimtieren

Für die 3. Auflage wurden sämtliche Arzneimittellisten überarbeitet und erweitert und um Normalwerttabellen für Hund und Katze ergänzt
Weiterlesen

Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus

Leitsymptome bei Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus

Das kleintier.konkret-Praxisbuch führt Sie Schritt für Schritt durch die Behandlung von Hamster, Ratte, Maus und Rennmaus. Übersichtliche Fließdiagramme leiten systematisch und zuverlässig zur richtigen Diagnose
Weiterlesen

Hamster im Starrezustand; Bildquelle: Arjen Strijkstra

Winterschläfer verwenden einen „Herzschlagregler“ um Energie zu sparen

Bei den aktuellen Temperaturen haben wohl sämtliche Winterschläfer ihre Winterruhe beendet und genießen die warmen Sonnenstrahlen. Dies ist jedoch während der kalten Jahreszeit ganz anders
Weiterlesen

Deutsche Wildtier Stiftung

Deutsche Wildtier Stiftung vergibt den Forschungspreis 2011 an Feldhamster-Forscherin

Pünktlich am 15. Juli springt die innere Uhr des Feldhamsters von der Sommerzeit auf die Winterzeit um: Das Schlafhormon Melatonin schnellt in die Höhe
Weiterlesen

Link: Fortpflanzungsstrategien von Hamsterweibchen

Im Gegensatz zu anderen winterschlafenden Säugern werfen weibliche Feldhamster bis zu dreimal pro Saison. Ao. Univ.-Prof. Dr. Eva Millesi vom Institut für Zoologie der Universität Wien untersucht anhand einer Hamsterkolonie in einer Wiener Wohnsiedlung die Zusammenhänge zwischen Winterschlaf und Fortpflanzungsstrategien von Hamsterweibchen
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen