Computerspiel zur Entwicklung von emissionsarmer Schweinehaltung der Zukunft

(27.03.2021) Die Landwirtschaft steht vor einem fundamentalen Umbruch, um ihren Beitrag zu weniger Treibhausgasemissionen und mehr Klimaschutz zu leisten.

Ein neues Computerspiel soll Bäuerinnen und Bauern bei der Planung dieses Umbaus helfen – zunächst am Modell der Schweinehaltung im Nordwesten Niedersachsens, bundesweit einer der Regionen mit intensiver Tierhaltung.

An der nun frisch gestarteten Entwicklung des PC-Spiels sind mehrere hochkarätige Institutionen beteiligt. Gefördert wird die Idee von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit rund 516.000 Euro.Der Projekttitel ist zugleich Programm: Pig ‚N‘ Play.


Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert die Entwicklung des realitätsnahen Computerspiels Pig �N� Play mit rund 516.000 Euro.

„Eine der größten Herausforderungen der Landwirtschaft“

Der Name sei bewusst gewählt, so DBU-Referatsleiterin Dr. Susanne Wiese-Willmaring. Schließlich gehe es bei diesem ernsten und realitätsnahen Computerspiel („Play“) um Schweinehaltung („Pig“). Das ‚N‘ in Apostrophen steht übrigens nicht nur für das englische „and“ („und“), sondern auch für „N“, das Symbol des chemischen Elements Stickstoff.

„Damit sind wir direkt bei einer der größten Herausforderungen in der Landwirtschaft“, sagt Wiese-Willmaring, die das Projekt Pig ‚N‘ Play betreut.

Die Fachreferentin: „Die Stickstoffemissionen der Landwirtschaft und damit einhergehende Belastungen für Klima und Umwelt sind noch viel zu hoch. Zu den bundesweiten Brennpunkten zählt Nordwest-Deutschland und dessen intensive Tierhaltung.“ Die Entwicklung des PC-Spiels ist zunächst auf zwei Jahre angelegt.

Stickstoff im Oberflächengewässer

Laut Umweltbundesamt (UBA) stellt überschüssiger Stickstoff aus landwirtschaftlichen Quellen ein Risiko dar – dann nämlich, wenn er durch die Verbindung mit Sauerstoff als Nitrat in Grund- und Oberflächengewässer oder etwa als Ammoniak und Lachgas in die Luft gelangt. Lachgas wiederum trägt als eines der hochwirksamen Treibhausgase erheblich zur Klimaerwärmung bei.

Dem UBA zufolge sind zwischen 2012 und 2016 jährlich ungefähr 466.000 Tonnen Stickstoff in deutsche Oberflächengewässer gelangt. Mehr als 74 Prozent dieser Einträge stammten aus landwirtschaftlich genutzten Flächen, so das UBA. Hinzu kommt eine politische Komponente: Wegen Verstoßes gegen die EU-Nitratrichtlinie von 1991 hat die EU-Kommission gegen Deutschland ein noch laufendes Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Deutschland hat deswegen bereits die bundesweite Düngeverordnung novelliert. Belastungen von Böden und Gewässern mit Stickstoff und Phosphat sollen so entscheidend minimiert werden.

Und: Laut Deutscher Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung muss der Stickstoffüberschuss bis 2030 auf maximal 70 Kilogramm pro Hektar sinken. 1990 lag dieser Wert bei 141 Kilogramm, aktuell sind es rund 89 Kilogramm pro Hektar.

Handlungsalternativen für Betriebe

„Pig ‚N‘ Play soll den Landwirten und Landwirtinnen helfen, diese komplexen Zusammenhänge zu verstehen und speziell auf die eigene Schweinehaltung anzuwenden – mit betriebsindividuellen Handlungsoptionen für nachhaltigkeitsorientiertes und zugleich zukunftsfähiges Wirtschaften“, sagt Wiese-Willmaring. Pig ‚N‘ Play solle zwar vordergründig spielerisch Wissen vermitteln, sei aber als „serious game“ mehr als reine Unterhaltung.

Wiese-Willmaring: „Am Projektende werden den Spielenden virtuelle Szenarien und Handlungsalternativen für den eigenen Betrieb angeboten.“ Sie könnten erproben, welche Umwelt- und Klimakonsequenzen etwa ein Stickstoffeinsatz hat, wie sich eine veränderte Bewirtschaftung auf das Klima auswirkt „oder welche Wechselwirkungen zwischen Außenställen, Ammoniak-Emissionen, Energieverbrauch und Wirtschaftlichkeit bestehen“.

Ausgewiesene Expertise als Projektpartner

Weil es bei Pig ‚N‘ Play um Zukunftsfragen der Landwirtschaft geht, „wenden wir uns mit der Spiel-Entwicklung vor allem an künftige Entscheider und Entscheiderinnen auf den Höfen – also an Landwirte in der Ausbildung, in Fach- und Berufsschulen oder im Studium“, so die DBU-Referentin.

Zur Seite steht dabei ausgewiesene wissenschaftliche Expertise: die Universität Vechta und die dort angesiedelte wissenschaftliche Koordinierungsstelle Transformationsforschung agrar Niedersachsen, das Department für Nutztierwissenschaften der Georg-August-Universität Göttingen, das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie sowie das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz mit Sitz in Osnabrück.



Weitere Meldungen

Jean-Loup Rault; Bildquelle: Michael Bernkopf/Vetmeduni Vienna

Wie Beziehungspflege Schweine beeinflusst

Jean-Loup Rault will herausfinden, wie sich positive Interaktionen mit Menschen auf Schweine auswirken. Dafür scannt der Tierschutzforscher ihre Gehirne auch im Magnetresonanztomografen
Weiterlesen

Mastschweine; Bildquelle: Universität Hohenheim / Lilly Wokel

Schweinehaltung: Weniger Ammoniak-Emissionen aus dem Stall

Projekt mit Beteiligung der Uni Hohenheim zeigt: Auf dem Markt verfügbare, baulich-technische Maßnahmen können Emissionen verringern
Weiterlesen

Veterinärmedizinische Universität Wien

Forschende kartieren erstmals das österreichische Schweinehandelsnetz

Die Verbringung von Schweinen stellt ein Risiko bei der Ausbreitung von Infektionskrankheiten dar. Es ist daher von entscheidender Bedeutung zu wissen, wie Betriebsstätten (z.B. Bauernhöfe, Märkte, etc.) miteinander verbunden sind
Weiterlesen

LED-Leuchte im Schweinestall; Bildquelle: Boehringer Ingelheim

Neu von Boehringer Ingelheim: SoundTalks

Neue Möglichkeiten in der Tierbeobachtung: Frühwarnung bei Husten dank künstlicher Intelligenz
Weiterlesen

Bioland-Schweinefachtagung 2022

Bioland-Schweinefachtagung 2022

Die 21. Bioland-Schweinefachtagung findet am  7. und 8. Juni 2022 in bewährter Kooperation mit dem Thünen-Institut für Ökologischen Landbau statt 
Weiterlesen

Georg-August-Universität Göttingen

Virtuelle Stallbesichtigungen machen Schweinehaltung transparent

Viele Bürgerinnen und Bürger wünschen sich mehr Tierwohl und Transparenz in der Nutztierhaltung. In den vergangenen Jahren hat die Landwirtschaft zunehmend versucht, zum Beispiel durch Hofführungen transparenter zu werden
Weiterlesen

FIBL

4-teilige Online-Fortbildung: Veterinärmedizin in der Bioschweinehaltung

Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL hat in Zusammenarbeit mit Bio Suisse und der SUISAG eine 4-teilige Fortbildung zum Thema «Bioschweinehaltung» erarbeitet - die Teilnahme ist kostenlos
Weiterlesen

Nachwuchs bei den Sattelschweinen im Ökostall in Dummerstorf; Bildquelle: Marianne Zenk

Haltungsformen im direkten Vergleich – neues Forschungsprojekt am FBN

Am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie in Dummerstorf (FBN) wird nicht nur in konventionellen Ställen geforscht
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen