Nachhaltige Rinderhaltung hat noch Potenzial
Wald-Weidesysteme nicht nur für tropische Länder interessant - Internationales Agrarökonomen-Netzwerk ‚agri benchmark‘ tagte in Kolumbien
Auch in Regionen, die stark von Klimawandel, langanhaltender Trockenheit und extremer Hitze betroffen sind, lässt sich die Rinderproduktion erfolgreich anpassen und optimieren.
Dies ist eine der Hauptaussagen der diesjährigen agri benchmark Beef and Sheep Konferenz, die vom 11. bis 17. Juni 2015 von den kolumbianischen Partnern FEDEGAN (Colombian Cattle Ranchers Federation) und CIPAV (Research Centre for Sustainable Agricultural Production Systems) in Valledupar, Kolumbien, ausgerichtet wurde.
Im Expertennetzwerk agri benchmark haben sich Agrarökonomen zusammengeschlossen, um Produktionssysteme und deren Wirtschaftlichkeit zu analysieren.
Mit Ausnahme von USA, Argentinien, Brasilien, China, Kasachstan, Australien und Südafrika war die Rentabilität der Rinderproduktion in 2014 geringer als im Jahr zuvor. In Kanada und den USA konnte sich auch die Mutterkuhhaltung aufgrund stark gestiegener Absetzerpreise verbessern.
Insgesamt sind die Aussichten für 2015 vor dem Hintergrund der relativ geringen Futterkosten und der weiteren, kurzfristigen Nachfragezunahme von Rindfleisch positiv. Die politischen Rahmenbedingungen bleiben wichtig, aber einzelne politische Maßnahmen, zum Beispiel in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit und Tierwohl, haben offenbar weniger Einfluss auf die Profitabilität als gesamtwirtschaftliche Bedingungen wie Zölle, Wechselkurse, Ölpreise und Zinssätze.
„Kolumbien kann Rindfleisch kostengünstig produzieren, gleichzeitig sind dort aber auch die Preise für Rindfleisch niedrig. Dadurch ist die Rentabilität nicht besser als in anderen Ländern“, folgert Dr. Claus Deblitz vom Braunschweiger Thünen-Institut für Betriebswirtschaft, Koordinator des agri benchmark Beef and Sheep Netzwerkes.
Basierend auf dem internationalen Benchmarking typischer Mutterkuh- und Rindermast-Betriebe schätzt er die Situation für das südamerikanische Gastgeberland wie folgt ein: „Es gibt ein deutliches Verbesserungspotenzial in den Bereichen Futterqualität und Anzahl abgesetzter Kälber, aber auch bei den Tageszunahmen, Verlustraten und der Arbeitsproduktivität."
Die Wirtschaftlichkeit der Schafproduktion nahm 2014 in den meisten Ländern verglichen mit dem Vorjahr zu, konnte aber in vielen Fällen das hohe Niveau von 2012 nicht erreichen. Obwohl in Tunesien und Südafrika die Gewinne abnahmen, ist der Gesamtausblick für die Schafproduktion in den meisten Ländern generell positiv.
Neben dem Austausch von Wirtschaftlichkeitsergebnissen und jüngsten Entwicklungen in dem globalen Schaf- und Rindersektor war Nachhaltigkeit das beherrschende Thema der diesjährigen Konferenz. Mehrere Redner stellten während der Konferenz das Konzept und das Potenzial der sogenannten „intensiven Wald-Weidesysteme“ dar.
Hierbei handelt es sich um Umtriebs-Weidesysteme, die aus verschiedenen Schichten von sehr produktiver Weide, Leguminosensträuchern und Bäumen bestehen. Enrique Murgueitio, Direktor des CIPAV, zeigte, dass Wald-Weidesysteme nicht nur in den Tropen funktionieren können, sondern auch in Ländern mit subtropischem oder sogar moderatem Klima.
Ernesto Reyes, internationaler Livestock Manager von agri benchmark, präsentierte erste Analysen eines laufenden Projekts zu Wald-Weidesystemen. Diese Systeme seien in dreifacher Hinsicht vielversprechend: Neben einer Steigerung der Produktivität und Rentabilität zeigten sich sowohl verbesserte Umwelteffekte (Indikatoren für Bodenqualität, Emissionswerte, Wasserverfügbarkeit und Nährstoffversorgung) als auch ein höheres Tierwohl.
Jedoch seien relative hohe Kapitalanforderungen, begrenzter Zugang zu Kapital, nicht hinreichende Managementfertigkeiten sowie fehlende Beratung Gründe dafür, warum Wald-Weidesysteme – besonders bei Kleinbauern – bisher nicht weiter verbreitet sind.
José Felix Lafaurie, Präsident von FEDEGAN, machte deutlich, dass die Entwicklungsstrategie des kolumbianischen Rindersektors für die nächsten 10 Jahre auf dem System der Wald-Weidehaltung basiert. Ziel sei es, deutlich höhere Mengen von Rindfleisch nachhaltig zu erzeugen und Landflächen, die momentan für die Produktion verwendet würden, wieder in natürliche Vegetation zu überführen. Hierdurch könnte Kolumbien ein bedeutender Exporteur von „grünem“ Rindfleisch werden.
Ben Thomas (Meat and Livestock Australia) erklärte, dass starke Qualitätsprogramme und Marketingstrategien Grundlagen sind, um ein erfolgreiches Exportland zu werden. Anne Kinsella (TEAGASC, Irland) verdeutlichte am Beispiel von Irland, dass ein Land trotz relativ hoher Produktionskosten ein erfolgreicher Rindfleischexporteur von Tieren aus Weidehaltung und somit mit einem grünen Image sein kann.
Hsin Huang, Generalsekretär des International Meat Secretariat (IMS), berichtete von Beteiligungen des IMS an verschiedenen hochrangigen Aktivitäten für nachhaltige Tierproduktion, wie der Global Agenda for Sustainable Livestock. Außerdem ist das IMS am Global Roundtable for Sustainable Beef beteiligt. Huang hob hervor, dass „… die Vorteile von Fleisch wie ein hoher Nährstoffgehalt und die Mehrfachnutzung tierischer Produkte von der Öffentlichkeit oft ignoriert werden.“
Laut FAO-Statistiken sei etwa 80 Prozent des Tierfutters nicht für den menschlichen Verzehr geeignet. Besonders Wiederkäuer wie Schafe und Rinder würden hauptsächlich Grasland nutzen, das nicht mit der Nahrungsmittelproduktion für Menschen konkurriere.
„Nachhaltigkeitskonzepte müssen das Wohl der Tiere beinhalten. Die Indikatoren hierfür müssen wissenschaftlich fundiert und sowohl ressourcen- als auch ergebnisorientiert sein“, sagte Lesley Mitchell von der weltweit operierenden Nichtregierungs-Organisation World Animal Protection. Mitchell zeigte weiter, dass Anstrengungen in Bereich Tierwohl am besten zu erreichen seien, wenn mit und nicht gegen die Industrie gearbeitet würde – Projekte in Brasilien und China, bei welchen eine möglichst schonende Schlachtung durchführt wird, verdeutlichten dies.
Das Netzwerk agri benchmark wird seine Analysen auch künftig weiter um Nachhaltigkeitsaspekte erweitern und sich in Projekten engagieren, welche die Hauptkompetenzen des Netzwerkes, Produktionssysteme und ihre Wirtschaftlichkeit, um Analysen von Ressourcenplanung, Landnutzungsänderungen und Tierwohl ergänzen.
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