Globalisierte Erreger: EU-Forschungsprojekt nimmt erstmals internationale Verbreitung von Lebensmittelkeimen ins Visier

(16.03.2012) In Zeiten globalisierter Handelswege und wachsender internationaler Touristenströme reisen auch Krankheitserreger auf und in Nahrungsmitteln um die ganze Welt. Welche Keime das genau sind, und wie gefährlich sie tatsächlich werden könnten, ist bis heute jedoch wenig erforscht.

Ein neues großes EU-Projekt unter der Leitung der Vetmeduni Vienna macht jetzt eine Bestandsaufnahme von Keimen, die über Touristenströme in die EU-27 kommen.

Vetmeduni Vienna Die EHEC-Krise 2011 in Deutschland hat gezeigt: Über mehrere Staaten hinweg gehandelte Nahrungsmittel können Überträger von gefährlichen Krankheitskeimen sein. Gezielte Untersuchungen zu ihrer tatsächlichen Gefährlichkeit, besonders zu Keimen, die auf mitgebrachten Lebensmitteln mitreisen, gab es bisher kaum.

In einem neuen, von der EU mit knapp drei Millionen Euro finanzierten internationalen Forschungsprojekt werden jetzt an wichtigen europäischen Flug- und Seehäfen sowie auch im kleinen Grenzverkehr Proben von beschlagnahmten Lebensmitteln genommen, um sie auf enthaltenen Keime zu untersuchen.

An diesem Forschungsprojekt mit dem Kurznamen PROMISE (PROtection of consumers by MIcrobial risk mitigation through SEgregation of expertise) nehmen zwanzig Partner aus europäischen Ländern teil, darunter zwölf akademische Institutionen und sechs  nationale Behörden für Lebensmittelsicherheit.

Der Lebensmittelhygieniker Martin Wagner vom Institut für Milchhygiene der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna) leitet das neue Projekt.

Untersuchen vor vernichten

Krankheitskeime können sich heute ungehindert von nationalen Grenzen auf der ganzen Welt ausbreiten und so fern vom Ursprungsland für Ausbrüche gefährlicher Krankheiten verantwortlich sein. In vielen subtropischen und tropischen Ländern sind die Hygienestandards bei der Lebensmittelproduktion nicht mit den Standards in Österreich vergleichbar.

Kontaminierte Lebensmittel privat aus dem Urlaub ins Heimatland mitzunehmen, stellen ein Risiko dar. „Allein am Flughafen Frankfurt wurden in den Jahren 2006 und 2007 innerhalb von 15 Monaten rund 22 Tonnen mitgebrachter Lebensmittel beschlagnahmt, die Dunkelziffer liegt aber vermutlich weit höher. Auch am Flughafen Wien Schwechat werden die Behörden bei Kontrollen immer wieder fündig“, schildert Wagner die Brisanz der Situation.

Dass das Mitbringen von Lebensmitteln, oft aus unbekannten Quellen, über Staatsgrenzen hinweg meist verboten ist, wissen die wenigsten. Wird ein Lebensmittel bei Stichprobenkontrollen gefunden, wird es sofort vernichtet. Welche Keime tatsächlich  in der Probe steckten, und wie gefährlich diese gewesen wären, wurde bisher nur selten untersucht.

EU-weite Standards als Ziel

Martin Wagner erklärt die Ziele des Projekts PROMISE: „Zum einen wollen wir eine Bestandsaufnahme der Keime machen, die über mitgebrachte Lebensmittel tatsächlich zu uns kommen, zum anderen werden wir uns ansehen, welche krankmachenden Eigenschaften diese Keime genau haben.“

Weitere Ziele des Forschungsprojekts sind die europaweite Sicherung gemeinsamer Daten für die Bewertung von Risiken durch Lebensmittel und der Aufbau einer umfangreichen Stammdatenbank der  in dem Projekt gewonnenen Isolate.

Auch die Stärkung der Kommunikation mit Behörden, die in den neuen EU-Mitgliedsstaaten und in den Ländern mit Beitrittskandidatenstatus für das Risikomanagement verantwortlich sind, gehört zu den Aufgaben des neuen Projekts.




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