Perspektiven der Aquakultur in Deutschland

(16.03.2014) Rund 90 Teilnehmer aus Forschung, Verbänden, Forschungsförderung, Ministerien und Politik haben am 6.und 7. März 2014 in Berlin den Strategieentwurf der Deutschen Agrarforschungsallianz (DAFA) und die Perspektiven der Aquakultur in Deutschland erörtert.

Schleswig-Holsteins Umwelt- und Fischereiminister Robert Habeck stellte dazu die wesentlichen Eckpunkte des "Nationalen Strategieplans Aquakultur" (NASTAQ) vor, der unter Federführung des Landes Schleswig-Holstein für Deutschland erarbeitet wird.

Um die in Deutschland eigentlich vorhandenen hervorragenden naturräumlichen Potenziale nutzen zu können, sind zahlreiche Hürden zu nehmen.


Schleswig-Holsteins Umwelt- und Fischereiminister Robert Habeck berichtet zum Stand des Nationalen Strategieplans Aquakultur für Deutschland

Dazu zählen aufwändige Genehmigungsverfahren, Informationslücken der Bevölkerung hinsichtlich Aquakulturfisch, Mangel an gut ausgebildetem Personal sowie die Überwindung der Interessenkonflikte zwischen Fischzucht und Umweltschutz.

Zudem erschwert große internationale Konkurrenz heimischen Produzenten den Zugang zu verschiedenen Marktsegmenten.

Prof. Folkhard Isermeyer, einer der Initiatoren des Fachforums, skizzierte die drei Kernempfehlungen des DAFA-Konzepts: (1.) Aufbau eines deutschen Aquakulturzentrums, das als standortübergreifendes Verbundprojekt auszugestalten ist, (2.) Durchführung mehrerer Perspektivstudien zur zukünftigen Ausrichtung der deutschen Aquakultur, (3.) ein interdisziplinäres Modellvorhaben, in dem an einem oder zwei Standorten eine standortgerechte Expansion der Aquakultur erprobt wird.

"Business as usual ist zu wenig, wenn die Aquakulturforschung den Sektor mit voran bringen soll", fasste er das Ergebnis des laufenden Strategiebildungsprozesses zusammen.

Viel Zustimmung für die Vorschläge des Strategieentwurfs kam von den Teilnehmern. Die Strategie sei die passende Grundlage, um den Sektor in Deutschland auszuweiten, aber auch um bei importierten Lebensmitteln Nachhaltigkeitsaspekten mehr Geltung zu verschaffen. Wichtigste Voraussetzung zur Erreichung dieser Ziele sei, dass Bund und Länder mitziehen.

"Die Politik muss es wollen", diese Aussage von Prof. Isermeyer sahen die Teilnehmer auch so. "Machen Sie es konkret. Wenn die Forschung Lösungen anbietet, dann folgt das Geld der Lösung" gab Minister Habeck den anwesenden Teilnehmern mit auf den Weg.

Ein virtuelles deutsches Aquakulturzentrum wird empfohlen, um die vorhandenen Kapazitäten stärker zu bündeln und eine kritische Masse zusammenzubringen. Bei über 30 Aquakultur-Forschungseinrichtungen, jeweils mit sehr wenigen Mitarbeitern, kann jede Stellenstreichung den Verlust überlebensnotwendiger Expertise bedeuten.

Konferenzteilnehmer schilderten, dass einige andere Nationen für die Forschung in dieser Zukunftsbranche der Agrarwirtschaft wesentlich leistungsstärkere Institutionen geschaffen haben.

Die übliche Projektförderung des Bundes und der Länder reiche nicht aus, um diesen Nachteil Deutschlands zu kompensieren. Minister Habeck sprach sich klar für eine deutlich stärkere bundesweite Vernetzung der Forschungseinrichtungen aus.

Die Durchführung von Perspektivstudien wird vorgeschlagen, um die Entscheidungsgrundlagen für wichtige strategische Fragen zur deutschen Aquakultur zu verbessern. Wie sind die verschiedenen deutschen Produktionssysteme im internationalen Wettbewerb zu beurteilen? Welche Fischarten in welchen Haltungssystemen könnten sich im Wettbewerb behaupten? Welche Potenziale bieten Kreislaufanlagen oder die Marikultur in Nord- und Ostsee? Und unter welchen Bedingungen stoßen solche Nutzungsformen auf gesellschaftliche Akzeptanz? Dies sind nur einige Punkte, die in der weiteren Diskussion angesprochen wurden.

Mit dem vorgeschlagenen Verbundprojekt "Standortgerechte Expansion" soll an wenigen konkreten Beispielen untersucht werden, wie eine Expansion der Aquakultur in Deutschland gelingen kann.

Eine enge Zusammenarbeit von Forschung und Praxis ist auch hier besonders wichtig. Unter Einbeziehung lokaler Akteure aus Wirtschaft, Behörden und Verbänden sollen praktikable Lösungen und innovative Verfahren bei der Genehmigung entwickelt werden.

Auf dem Podium standen den Teilnehmern neben Schleswig-Holsteins Minister Habeck und Folkhard Isermeyer fünf weitere Diskussionspartner zur Verfügung: Alexander Brinker (Fischereiforschungsstelle Langenargen), Gerd Conrad (Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung), Peter Breckling (Deutscher Fischereiverband), Phillip Kanstinger (WWF), Ramon Kucharzak (Bundesministerium für Bildung und Forschung). Birgit Schmidt-Puckhaber (DLG) moderierte die Diskussion.

Der Prozess der Kommentierung und Überarbeitung des Strategieentwurfs der DAFA, in den auch die Ergebnisse der Veranstaltung einfließen, dauert noch bis Mitte Mai an. Dann will die DAFA die Forschungsstrategie zur Aquakultur verabschieden, damit sie Eingang in den Nationalen Strategieplan Aquakultur finden kann. Der Nationale Strategieplan Aquakultur für Deutschland wird dann im Juni an die EU übermittelt.

Die DAFA ist ein Gemeinschaftsprojekt der deutschen Agrarforschung. Das Netzwerk verfolgt das Ziel, die Leistungsfähigkeit, die Transparenz und die internationale Sichtbarkeit der deutschen Agrarforschung zu verbessern.



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