Krötenimmigranten retten eine gefährdete Krötenpopulation

(16.11.2017) Laura Sandberger-Loua und Mark-Oliver Rödel vom Museum für Naturkunde Berlin sowie Heike Feldhaar (Universität Bayreuth), analysierten in einer kürzlich veröffentlichten Studie den Einfluss von Lebenslaufstrategien, jüngerer anthropogener Landnutzung, Habitat und Topographie auf die Populationsstruktur der westafrikanischen Nimbakröte.

Habitatveränderungen führen zur Isolation von Populationen, was die Aussterbewahrscheinlichkeit erhöht.

Effekte äußerer Gefährdungen können von artspezifischen Eigenschaften entweder abgepuffert oder verstärkt werden. Die kleinste von drei Populationen der Nimbakröte wird vor größerem Schaden durch Migrationen entlang der Bergkuppen im Hochlandnebel bewahrt.

Museum für Naturkunde Berlin Es ist bekannt dass vier Faktoren – Lebensstrategie, jüngere (anthropogene) Landnutzungsgeschichte, Habitat und Topographie – für die Konnektivität und das Überleben von Amphibienpopulationen wichtig sind. Eine kürzlich veröffentlichte Studie untersucht den Einfluss dieser vier Faktoren auf die Überlebenswahrscheinlichkeit und Konnektivität dreier Populationen einer kleinen tropischen Kröte mit einer einzigartigen Fortpflanzungsstrategie.

Nimbakröten (Nimbaphrynoides occidentalis) sind lebendgebärend und matrotrophisch, das bedeutet, dass Mütter ihre Jungtiere während einer Tragzeit von neun Monaten im Mutterleib ernähren. Diese Kröten sind nur in der Hochlandsavanne der Nimbaberge, einer kleiner subtropischen Bergkette in Westafrika, zu finden.

Bergbau hat schon einen Teil und wird wahrscheinlich einen anderen Teil des Krötenverbreitungsgebiets massiv verändern. Daher ist dieses System ideal um die Populationskonnektivität und Populationsvitalität eines gefährdeten Froschlurchs (Frösche und Kröten) mit einzigartigen Eigenschaften zu untersuchen.

Diese einzigartigen Eigenschaften sind eine sehr kleine Verbreitung, hohe Habitatspezifität, eine kleinen Anzahl Nachkommen (im Mittel neun Jungtiere pro Trächtigkeit), eine angenommene geringe Ausbreitungsfähigkeit und eine starke Saisonalität der Umwelt.

Für Amphibien verstärken diese fünf Eigenschaften die Aussterbewahrscheinlichkeit. Laura Sandberger-Loua, Mark-Oliver Rödel, beide Museum für Naturkunde, Berlin, und Heike Feldhaar (Universität Bayreuth), vertieften ihre Forschung und analysierten den Einfluss von Lebenslaufstrategien (Lebendgeburt), jüngere anthropogene Landnutzung (Bergbau und Erkundung von Bodenschätzen), Habitat (Wald und Grasland) und Topographie (Höhe) auf die Konnektivität und Vitalität der Nimbakrötenpopulationen.

Generell wird angenommen, dass Amphibienpopulationen eine große genetische Differenzierung aufweisen. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass die meisten Arten Tümpel, Seen oder Flüsse mit besonderen Eigenschaften benötigen um sich erfolgreich Fortpflanzen zu können.

Froschlurche die für ihre Reproduktion nicht auf Wasser angewiesen sind, könnten daher eine geringere Populationsdifferenzierung aufweisen, da sie den Ort der Fortpflanzung flexibler wählen können. Gemäß dieser Annahme zeigt die lebendgebärende Nimbakröte eine geringe Populationsdifferenzierung.

Die kleinste der drei Nimbakrötenpopulationen ist in einer geschlossenen Bergbaumine zu finden. Diese Population zeigt die geringste genetische Diversität und hat daher wahrscheinlich die geringsten Möglichkeiten sich an Umweltveränderungen anzupassen, was deren Aussterbewahrscheinlichkeit erhöht.

Die Populationsgröße verringerte sich seit den 1960igern um 98.5% und dennoch konnten keine genetischen Hinweise auf eine drastische Verringerung der Populationsgröße während der letzten Generationen gefunden werden.

Daher müssen die negativen genetischen Effekte von irgendetwas in den letzten Jahren abgeschwächt worden sein. Wahrscheinlich liegt der Grund in der relativ häufigen Einwanderung von Kröten aus den anderen größeren und genetisch diverseren Populationen. Einwanderer bringen neue Allele in eine kleine Population und können damit den negativen genetischen Effekten entgegenwirken.

Es ist jedoch überraschend, dass Nimbakröte zwischen dien Populationen migrieren können. Bei den meisten Amphibien wandern die Jungtiere aus.

Nimbakröten Jungtiere sind nach der Geburt 8 mm groß und müssen innerhalb von 3-4 Monaten mindestens 7 km durchwandern, wenn sie vor den wahrscheinlich tödlichen Trockenzeitfeuern in der neuen Population ankommen wollen.

Erstaunlicherweise zeigen die Analysen, dass Nimbakröten häufig einwandern, zumindest wenn die Berge zwischen den Populationen mit Hochlandsavanne bedeckt sind. Etwas seltener kommen die Einwanderer in der neuen Population an, wenn sie tiefere Gebiete oder Wald durchqueren müssen.

Nichtsdestotrotz, zeigt die Erfolgreiche Einwanderung in die kleinste Population, dass dies ausreichend häufig vorkommt um die genetische Diversität in dieser Population zu erhöhen. Ein Grund, dass dies möglich ist, liegt wahrscheinlich daran, dass die Migrationsrouten fast immer im Nebel liegen und daher eine hohe Luftfeuchte gewährleistet ist.

Die Autoren schließen daraus, dass eine Wasserunabhängige Fortpflanzung (Lebendgeburt) die genetische Differenzierung zwischen Populationen verringern kann. Die Bergbau Historie des Gebiets führte zu einer Reduktion der Populationsgrößen und behinderte die Konnektivität. Diese negativen Einflüsse konnten jedoch durch die große Mobilität der Nimbakröte abgepuffert werden.

Die hohe Luftfeuchte in den größeren Höhen der Nimbaberge hatte darauf vermutlich einen großen Einfluss. Dies zeigt, dass die Feuchteverfügbarkeit eines Habitats eine wichtige Landschaftseigenschaft ist, um es Amphibien zu ermöglichen die Verbindung zwischen unterschiedlichen Populationen aufrecht zu erhalten.

Publikation

Gene-flow in the clouds: landscape genetics of a viviparous, montane grassland toad in the tropics
https://link.springer.com/article/10.1007/s10592-017-1029-4


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