VET-MAGAZIN logo
Insects Plus Kongress 2025 - Alternative Proteinquellen im Fokus
DIL
Insects Plus Kongress 2025 - Alternative…
Nervenfasern für Sprache beim Schimpansen entdeckt
MPI CBS
Wie Fledermausjungtiere das Singen lernen
Karin Schneeberger alias Felineora via Wikimedia Commons
Wie Fledermausjungtiere das Singen lernen
Fossile Eidechsen und Schlangen verraten Neues über das Klima im Eozän
Gunther Köhler
Erstmals Genschere bei Spinnen eingesetzt
Google Streetview
Erstmals Genschere bei Spinnen eingesetzt
Internationaler Tag des Leoparden: Gejagt, getötet, gehandelt – die Nachfrage nach Leopardenprodukten steigt
VIER PFOTEN
Fossile Singzikade in der Grube Messel entdeckt
Dinghua Yang
Fossile Singzikade in der Grube Messel…
Die Kaulquappen der Wechselkröte (Bufo viridis) können in ihrem Lebensraum Gewässer hormonell aktiven Substanzen (wie dem Pillen-Östrogen EE2) ausgesetzt sein
Amael Borzée
Allgemein

Bislang unbemerkte Geschlechtsumkehr bei Amphibien durch Pillen-Östrogen

Hormonell aktive Substanzen könnten zum weltweiten Artensterben von Amphibien beitragen.

. . .

Einige Stoffe (z.B. aus Pharmaka) kommen in „biologisch relevanten“ Konzentrationen in Gewässern vor, so dass sie das Hormonsystem der Tiere und die Geschlechtsentwicklung beeinflussen.

Forscher vom IGB und der Universität Wroclaw verglichen bei drei Amphibienarten die Wirkungen des Pillen-Östrogens Ethinylestradiol (EE2) auf die Geschlechtsentwicklung.

Die in „Scientific Reports“ publizierte Studie zeigt, dass EE2 zur vollständigen Verweiblichung genetischer Männchen führen kann. Ohne molekulare Feststellung des genetischen Geschlechts blieb dies bislang teilweise unbemerkt.

17α-Ethinylestradiol (EE2) ist ein synthetisches Östrogen, das sehr häufig in Verhütungspillen verwendet wird, aber in der Umwelt natürlicherweise nicht vorkommt.

Da es in Kläranlagen nur unvollständig abgebaut wird, kann es in biologisch relevanten Konzentrationen in die Gewässer gelangen.

Der Evolutionsbiologe Dr. Matthias Stöck, Leiter der Studie und Heisenberg-Stipendiat am IGB, sagt: „Amphibien sind solchen Beeinträchtigungen in der Umwelt nahezu ständig ausgesetzt. Nur, wenn wir überhaupt in der Lage sind, sie erfassbar zu machen, können wir sie langfristig auch verhindern.”

Die Empfindlichkeit gegenüber hormonell aktiven Substanzen wie EE2 ist nicht bei allen Amphibienarten gleich, so die Hypothese der Wissenschaftler; schließlich haben einige Arten hunderte Millionen Jahre getrennter Evolutionsgeschichte durchlaufen und verschiedene genetische Mechanismen ihrer Geschlechtsbestimmung evolviert.

Daher hat das Forscherteam vom IGB und der Universität Wroclaw erstmals den Einfluss von EE2 auf die Entwicklung von drei verschiedenen Amphibienarten im gleichen Experiment getestet: Neben der Amphibien-Modellart, dem Afrikanischen Krallenfrosch (Xenopus laevis), wurden auch Kaulquappen des Laubfrosches (Hyla arborea) und der Wechselkröte (Bufo viridis) in Wasser aufgezogen, welches unterschiedliche Konzentrationen von EE2 enthielt und mit Kontrollgruppen verglichen.

Besonders war bei diesem Forschungsansatz, dass das genetische Geschlecht aller Arten mittels neuster molekularen Methoden festgestellt wurde.

Zugleich untersuchten die Forscher die phänotypische Entwicklung der Geschlechtsorgane – also das äußere Erscheinungsbild und das Aussehen der Gewebe unter dem Mikroskop.

Erst dieser Vergleich von genetischem und phänotypischem Geschlecht hat es ermöglicht, die Wirkung von EE2 vollständig zu erfassen.

„Die Verweiblichung von Populationen kann neben anderen schädigenden Hormonwirkungen zum Aussterben von Amphibienarten beitragen,“ sagt Matthias Stöck.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass nach der Exposition mit EE2 bei allen drei Amphibienarten eine Geschlechtsumkehr von genetisch männlichen zu weiblichen Tieren auftritt; dabei reicht der Anteil von 15 bis zu 100 Prozent. Die drei Arten reagieren jedoch unterschiedlich empfindlich.

IGB-Forscher Prof. Werner Kloas, Co-Autor der Studie, ist ein international renommierter Ökotoxikologe. Er sagt zu den Ergebnissen: „EE2 ist auch in unserem Wasserkreislauf enthalten und stellt, zusammen mit anderen östrogenartig wirkenden Stoffen nicht nur für Amphibien, sondern auch für uns Menschen eine ernstzunehmende Beeinträchtigung dar.

Unsere Studie zeigt, dass der Afrikanische Krallenfrosch als Modellart sehr gut geeignet ist, um die Wirkung von hormonell aktiven Substanzen in der Umwelt zu erforschen.

Die Wirkungen, die wir an dieser Tierart feststellen, lassen sich aber nicht ohne weiteres auf andere Amphibienarten übertragen.“

Für die Durchführung der Studie war die Zusammenarbeit mit der Universität Wroclaw in Polen essenziell. Die dortige Kooperationspartnerin, Prof. Maria Ogielska, erklärt: „Wir haben unsere jahrelangen Erfahrungen bei der Erforschung der Fortpflanzung von Amphibien, vor allem deren Entwicklungsbiologie, in das Projekt eingebracht.”

Doktorandin Stephanie Tamschick sagt: „Zusammen mit Studenten haben wir über drei Monate die Kaulquappen unter identischen Versuchsbedingungen aufgezogen. Neu war, dass wir bei allen Arten das genetische Geschlecht – also ob eine Kaulquappe genetisch männlich oder weiblich ist – ermittelt haben.

Besonders dadurch konnte ich im Rahmen meiner Doktorarbeit feststellen, dass sich die verweiblichende Wirkung von EE2 so unterschiedlich bei den untersuchten Frosch- und Krötenarten auswirkt.“

Die Studie wurde durch eine Projektförderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für Dr. Matthias Stöck finanziert. Die Open-Access-Publikation wurde vom gleichnamigen Fond der Leibniz-Gemeinschaft unterstützt.

Publikation

Tamschick S., Rozenblut-Kościsty B., Ogielska M., Lehmann A., Lymberakis P., Hoffmann F., Lutz I., Kloas W., Stöck M. (2016): Sex reversal assessments reveal different vulnerability to endocrine disruption between deeply diverged anuran lineages. Scientific Reports 6: 23825 [DOI:10.1038/srep23825]
Frei verfügbar: www.nature.com/articles/srep23825

. . .

Weitere Meldungen

Neuigkeiten aus der Wissenschaft

Waschbär (Procyon lotor)
Paul Dierkes/Goethe-Universität Frankfurt
Sackflügelfledermaus Saccopteryx bilineata
Karin Schneeberger alias Felineora via Wikimedia Commons
Zierfische im Aquarium
DaraKero_F, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons
Schimpanse trommelt
Liran Samuni, Tai Chimpanzee Project
Schimpansen trommeln rhythmisch
Rinderstall
Thomas Zimmel/VET-MAGAZIN

Neue Verordnung zu MKS: Importverbot für tierische Produkte aus Ungarn gezielt angepasst

Importverbot gilt ab 14. April 2025 nur mehr für Regionen mit Schutz- oder Sperrzonen - Maßnahmen zum Schutz der Tiergesundheit bleiben aufrecht

Schloss Jelgava - Lettische Universität für Biowissenschaften und Technologie
Pudelek (Marcin Szala) via Wikimedia Commons

Hardenberg Institute vermittelt Veterinär-Studienplätze

Das Hardenberg Institute vermittelt Studieninteressierte aus Österreich und Deutschland an akkreditierte Veterinär-Fakultäten im EU-Ausland

Neues Artenschutzhaus für geschmuggelte Tiere im Tiergarten Schönbrunn eröffnet
Daniel Zupanc

Neues Artenschutzhaus für geschmuggelte Tiere im Tiergarten Schönbrunn eröffnet

Im Tiergarten Schönbrunn wurde am 11. April 2025 das neue Artenschutzhaus eröffnet

Vetmeduni Vienna
Thomas Zimmel/VET-MAGAZIN

ÖTT-Tagung 2025: 20 Jahre Tierschutzgesetz – wo stehen wir?

Die 15. Tagung der Plattform Österreichische Tierärztinnen und Tierärzte für Tierschutz (ÖTT) findet am 8. Mai 2025 online statt.

Grenzübergang Loipersbach – Ágfalva
Steindy via Wikimedia Commons

Maßnahmen gegen Maul- und Klauenseuche: Grenzübergänge vorübergehend geschlossen

Erhöhte Biosicherheitsmaßnahmen für Betriebe, Importstopp für pflanzliche Futtermittel aus betroffenen Regionen, Abstimmung zwischen Behörden läuft gut

KATZENMEDIZIN #23
just4vets

KATZENMEDIZIN #23

Die aktuelle Ausgabe des Fachmagazins für Tierärzt:innen, KATZENMEDIZIN #23, ist soeben erscheinen

Vetmeduni Vienna
Thomas Zimmel/VET-MAGAZIN

Vetmeduni Vienna verschiebt den Tag der offenen Tür

Als Vorsichtsmaßnahme wegen der in der Slowakei und in Ungarn ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche (MKS) wird der Tag der offenen Tür in den September 2025 verschoben

Österreichische Tierärztekammer

Tierärztekammer fordert dringende Maßnahmen zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche (MKS)

MKS-Ausbrüche in der Slowakei und Ungarn weiterhin nicht unter Kontrolle

Präparat von Melina Haring: Kragenechse (Chlamydosaurus kingii), Präparat/Professional, Gewinn: 2. Rang (rote Schleife)
NHM Wien, Wilhelm Bauer

Fünf Erfolge der Präparator*innen für das NHM Wien

Im Februar 2025 fand zum 14. Mal die "European Taxidermy Championships", die Europameisterschaft der Präparator*innen, in Salzburg statt

Teile diesen Bericht auf:

Werbung via Google
Werbung via Google

Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Tiergestützte Interventionen in der Psychiatrie
Tiergestützte Interventionen in der Psychiatrie
(16. Mai. 2025) Grundlagen, Methoden und Praxis der tiergestützten Interventionen in…
Laser Therapy in Veterinary Medicine: Photobiomodulation
(9. Mai. 2025) A comprehensive, up-to-date reference to the clinical applications…
Manual of Clinical Procedures in Pet…
(1. Mai. 2025) Easy-to-follow step-by-step techniques for common clinical procedures in…
Esel- und Maultierkrankheiten
(22. Apr. 2025) Erstes deutsches Fachbuch zum Thema Esel- und Maultierkrankheiten…
Das stille Sterben der Natur
(17. Apr. 2025) Wie wir die Artenvielfalt und uns selbst retten…
Es war einmal das Huhn
(9. Apr. 2025) Eine Forschungsreise durch die bewegte Geschichte von Mensch…

Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

SIVEMAP 2025
SIVEMAP 2025
(31. Mär. 2025) Die SASAP (Serbian Association of Small Animal Practitioners)…
EVECC-Kongress 2025
(1. Mär. 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…
FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb. 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…
Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb. 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…
Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan. 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…
Hill's Global Symposium 2024
(20. Okt. 2024) Hosted by Hill's Pet Nutrition on Oct. 24-25…

Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien

FECAVA-Laboklin-Reisestipendium 2025
FECAVA-Laboklin-Reisestipendium 2025
(19. Mär. 2025) Die Tiermedizin kennt keine Grenzen und FECAVA und…
Bewerbungsfrist für den IGN-Forschungspreis für artgemäße…
(13. Mär. 2025) Der Forschungspreis der Internationalen Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN)…
Felix Wankel Tierschutz-Forschungspreis geht an Studienteam…
(10. Mär. 2025) Alle zwei Jahre zeichnet die Tierärztliche Fakultät der…
Ausschreibung des Herbert-Stiller-Förderpreis für tierfreie Forschung
(6. Mär. 2025) Ärzte gegen Tierversuche fördert tierversuchsfreie Forschungsvorhaben mit 20.000…
Raubtiere vs. Bauern: Ceva Wildlife Research…
(3. Mär. 2025) Der Ceva Wildlife Research Fund unterstützt ein Projekt…
MSD und die FVE fördern 34…
(7. Feb. 2025) MSD Tiergesundheit und der Europäische Tierärzteverband (FVE) zeichnen…