Neue Schlangenart in Bayern: die Alpen-Barrenringelnatter

(18.03.2019) Forscher der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM) haben in der Alpenregion Bayerns eine bisher übersehene Schlangenart entdeckt.

Es handelt sich um eine besondere Form der Barrenringelnatter (Natrix helvetica), die bisher nur aus den Südalpen bekannt war und offensichtlich auch im westlichen Österreich (Tirol) weit verbreitet ist.

Eine Population dieser genetischen Linie hat nach der letzten Eiszeit anscheinend die Alpen durchquert und bestätigt, dass dieses Gebirgsmassiv für viele Arten keine unüberwindliche Barriere war. Wie weit die Barrenringelnatter in Bayern verbreitet ist und ob sie als gefährdet eingestuft werden muss, müssen zukünftige Untersuchungen zeigen.


Alpen-Barrenringelnatter (Natrix helvetica) von der oberen Isar bei Mittenwald.

Konkrete Hinweise auf die Existenz der Barrenringelnatter (Natrix helvetica) in Bayern ergaben sich bereits im Zuge von Kartierungen des Bayerischen Landesamts für Umwelt, aber erst als Forscher der Zoologischen Staatssammlung München die vorhandenen Indizien gezielt überprüften und Proben für genetische Untersuchungen sammelten, gelang der sichere Nachweis.

Anhand mitochondrialer DNA-Sequenzen belegten sie die Existenz der Barrenringelnatter im deutsch-österreichischen Grenzgebiet bei Garmisch-Partenkirchen, an der Isar bei Mittenwald, im Inntal und bei Sachrang.

Allerdings fanden sie nicht die im westlichen Deutschland weit verbreitete westliche Barrenringelnatter (Natrix helvetica helvetica), sondern eine bisher nur aus den Südalpen (Norditalien und Südschweiz) bekannte Form, die offensichtlich auch im westlichen Österreich (Tirol) vorkommt.

Da die mitochondrialen DNA-Sequenzen der Schlangen vom südlichen und nördlichen Alpenrand fast identisch sind, dürften diese aus Norditalien über Brenner oder Reschenpass und das Inntal bis nach Bayern eingewandert sein.

Die Barrenringelnatter wurde erst 2017 aufgrund von genetischen Untersuchungen als eigenständige Art erkannt. Sie unterscheidet sich von der „normalen“ Ringelnatter oft durch eine dunkle Barrenzeichnung an den Körperseiten und eine andere Kopfzeichnung, bei der die hellen halbmondförmigen Nackenflecken nur schwach ausgeprägt sind oder ganz fehlen.

Beide Arten variieren allerdings sehr stark, so dass ihre Eigenständigkeit lange Zeit nicht bemerkt wurde. Alle Ringelnattern sind übrigens völlig ungiftig und beißen fast nie, geben bei Gefahr aber ein stark stinkendes Sekret ab.

"Es ist erstaunlich, dass diese große Schlange so lange übersehen wurde. Wahrscheinlich sind noch weitere Arten unbemerkt über die Alpen bis nach Bayern eingewandert. Genau solche Arten möchten wir nun gezielt suchen" sagt Frank Glaw, Leiter der Sektion für Amphibien und Reptilien an der Zoologischen Staatssammlung München.

Es wartet also noch viel Arbeit auf die Forscher. "Wahrscheinlich ist auch, dass in Bayern weitere, noch unbekannte Vorkommen der Barrenringelnatter existieren.

Insbesondere im Allgäu und in Unterfranken ist mit der westlichen Barrenringelnatter (Natrix helvetica helvetica) zu rechnen, die Bayern von Westen über Rhein und Main erreicht haben könnte", ergänzt ZSM-Mitarbeiter und Ko-Autor Michael Franze

Publikation

Glaw, F., M. Franzen, M. Oefele, G. Hansbauer & C. Kindler (2019): Genetischer Erstnachweis, Verbreitung und südalpine Herkunft der Barrenringelnatter (Natrix helvetica spp.) in Bayern. – Zeitschrift für Feldherpetologie 26: 1-20



Weitere Meldungen

Durch gut erhaltene Knorpelringe ist die Luftröhre des Reptils sehr gut erkennbar.; Bildquelle: Senckenberg/Behr

Messelfund: Schlangenfossil mit Luftröhrenerhaltung

Das Senckenberg-Grabungsteam hat innerhalb von vier Wochen im Juni und Juli über 800 Funde aus den 47 Millionen Jahre alten Ölschiefern der Grube Messel geborgen
Weiterlesen

Eunectes beniensis, die vierte Anakonda Art; Bildquelle: Lutz Dirksen

Verifiziert nach zwei Jahrzehnten: die vierte Anakonda-Art

Anhand alter noch vorhandener, aber bislang nicht ausgewerteter DNA-Proben gelang es den Artstatus der bis über vier Meter lang werdenden Riesenschlange Eunectes beniensis molekulargenetisch abzusichern
Weiterlesen

Im hinteren Abschnitt der weiblichen Schlange sind Knochen von mindestens zwei Embryonen zu erkennen.; Bildquelle: Senckenberg

Weltweit erster fossiler Beleg für lebendgebärende Schlangen

Ein argentinisch-deutsches Wissenschaftler*innen-Team, unter ihnen Senckenberger Krister Smith, hat den weltweit ersten fossilen Beleg für eine Lebendgeburt bei Schlangen erbracht
Weiterlesen

Die neu beschriebene Krötenkopf-Lanzenotter Bothrocophias tulitoi sp. nov.; Bildquelle: Juan Pablo Hurtado-Gómez

Neue Giftschlangen in Kolumbien entdeckt

Senckenberg-Wissenschaftler Juan Pablo Hurtado-Gómez hat gemeinsam mit einem südamerikanischen Team zwei neue Arten aus der Gattung der Krötenkopf-Lanzenottern beschrieben
Weiterlesen

Die Italienische Barrenringelnatter (Natrix helvetica sicula) ist in Deutschland auf den äußersten Süden von Bayern beschränkt, wo sie eine wenige Kilometer breite Hybridzone mit der Ringelnatter (Natrix natrix) bildet.; Bildquelle: Michael Franzen

Italienische Barrenringelnatter in Bayern: Schlange überquert die Alpen

Ein Forschungsteam von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden und der Zoologischen Staatssammlung München hat das Auftreten der Italienischen Barrenringelnatter in Bayern untersucht
Weiterlesen

Universität Hamburg

Neu entdeckte Schlangenart „Madatyphlops eudelini“ beschrieben

Ein internationales Team unter Leitung des Centrums für Naturkunde der Universität Hamburg hat nun erstmals die neue Schlangenart „Madatyphlops eudelini“ beschrieben
Weiterlesen

Exemplar der Schlangenart Myanophis thanlyiensis.; Bildquelle: Gunther Köhler

Neue Schlangenart in Myanmar entdeckt

Senckenberg-Wissenschaftler Prof. Dr. Gunther Köhler hat zusammen mit einem internationalen Team der Universität East Yangon in Myanmar eine neue Wasserschlangenart entdeckt und erstmals beschrieben
Weiterlesen

Die neu beschriebene Pythonart Messelopython freyi ist der älteste bekannte fossile Nachweis eines Pythons weltweit.; Bildquelle: Senckenberg

Weltweit ältester Python gefunden

Senckenberg-Wissenschaftler Krister Smith hat gemeinsam mit seinem Kollegen Hussam Zaher von der Universität in São Paulo die weltweit ältesten bekannten Fossilien einer Pythonart beschrieben
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen