IGN-Forschungspreis an Verena Größbacher, Jakob Winter und Clémence Nanchen vergeben
Die Internationale Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN) hat am 30. November 2023 den diesjährigen IGN-Forschungspreis für tiergerechte Nutztierhaltung vergeben. Der Preis wurde 2023 bereits zum 21. Mal ausgeschrieben.
Die Preisverleihung fand im Rahmen der 55. Internationalen Tagung Angewandte Ethologie der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG) in Freiburg/Breisgau statt.
Die Agrarwissenschaftlerin Dr. Verena Größbacher erhielt für ihre 2022 an der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) abgeschlossene Dissertation Play behaviour as an indicator of positive welfare: Effects of milk allowance and social environment on locomotor play and motivation to play in calves ein Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro.
Die Arbeit erforscht die Beziehung zwischen Spielverhalten und Gefühlszuständen von Kälbern. Mittels einer eigens validierten, sensorgestützten Methode zur automatischen Aufzeichnung des Bewegungsspiels von Kälbern wurde untersucht, wie stark ein Kalb andere Kälber zum Spielen anregen kann („Ansteckungseffekt“).
Überraschenderweise wurde ein negativer Ansteckungseffekt gefunden: Kälber mit einem vermutlich negativeren emotionalen Zustand haben das Spielverhalten gemeinsam gehaltener Kälber unterdrückt, wodurch alle Kälber der Gruppe weniger Spielverhalten zeigten.
Damit konnte erstmals ein solcher negativer Ansteckungseffekt von Spielverhalten bei (nicht-menschlichen) Säugetieren nachgewiesen werden; bisher wurde angenommen, dass sich Verhaltensweisen nur verstärken können. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich negative Emotionen stärker übertragen als positive – was Auswirkungen hat auf die Bewertung von Spielverhalten als Indikator für Tierwohl.
Der Veterinärmediziner DVM PhD Jakob Winter erhielt für seine 2021 an der Universität Bern eingereichte PhD-Arbeit Piling behaviour in laying hens ein Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro.
Die Arbeit untersuchte Ursachen und Einflussfaktoren des Anhäufens von Legehennen: dem Zusammendrängen von Legehennen in Freilaufställen, das zum Tod der Tiere durch Ersticken führen kann. In systematischen Feldstudien, einer experimentellen Studie sowie einer qualitativen Befragung betroffener Tierhalter:innen konnte nachgewiesen werden, dass Anhäufen definierbare Auslöser hat und von bestimmten Umweltfaktoren beeinflusst wird.
So wirkt z. B. punktuelles Licht anziehend auf Hühner, weshalb eine gleichmäßige Stallausleuchtung und das Vermeiden von Sonnenlichtflecken im Stall das Anhäufen verhindern können. Weitere, das Anhäufen vermeidende Faktoren könnten die Strukturierung von Einstreuflächen, die Erhöhung der Nestattraktivität oder größere Staubbadebereiche sein.
Als statistisch signifikant erwies sich auch, dass Anhäufen häufiger zur Mittagszeit als am Morgen oder Abend auftritt und dass die Herdengröße positiv mit der Größe und Frequenz des Anhäufens korreliert.
Die Studie bietet eine Grundlage für Landwirt: innen, um das Anhäufen von Legehennen zu verringern und dadurch das Tierwohl auf den Betrieben zu verbessern.
Die Agrarwissenschaftlerin Clémence Nanchen erhielt für ihre 2022 an der ETH Zürich fertiggestellte Masterarbeit Mother-bound calf rearing in Switzerland: Aspects of management and milking ein Preisgeld in Höhe von 2.000 Euro.
Die muttergebundene Kälberaufzucht ist eine zwar tiergerechte, bislang aber noch kaum verbreitete Haltungsform. Die Studie zielte darauf ab, die aktuelle Situation der muttergebundenen Kälberaufzucht in der Schweiz zu beschreiben und erstmalig die verschiedenen Kuh-Kalb-Kontaktsysteme in der Praxis zu vergleichen (ganztägiger Kontakt von Kuh und Kalb oder nur vor bzw. nach dem Melken).
Im Rahmen der Masterstudie wurden alle 17 Schweizer Höfe mit diesem Haltungssystem kontaktiert und befragt. Ein Kritikpunkt an der muttergebundenen Kälberaufzucht ist die suboptimale Milchabgabe der Kühe während des maschinellen Melkens (und damit die mangelnde Rentabilität des Systems). Bislang wurde jedoch noch nicht erforscht, welches der drei Kontaktsysteme zwischen Kuh und Kalb den problemlosesten Milchabfluss und höchsten Fettgehalt des Nachgemelks ermöglicht.
Es konnte mit der Studie gezeigt werden, dass unter ökonomischen Gesichtspunkten der Kontakttyp, bei dem Kuh und Kalb nach dem Melken zusammen sind, zu bevorzugen ist. Über die gesamte Laktation wurden hier quantitativ wie qualitativ eine Milchleistung erreicht, die mit denen der Kontrollbetriebe vergleichbar war.
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