Paviane eröffnen neue Einblicke in die Evolution des Genoms
Ein Forschungsteam der Vetmeduni Vienna untersuchte die evolutionäre Diversifizierung am Beispiel von sechs Pavian-Arten. Die Ergebnisse der Studie liefern neue spannende Einblicke in die Entwicklung des Genoms – auch in das des Menschen.
Kürzlich durchgeführte Studien legen nahe, dass eng verwandte Arten trotz fortlaufenden Genflusses im Zuge ihrer Entwicklung erhebliche genetische und phänotypische Unterschiede entwickeln können – was traditionelle Vorstellungen hinsichtlich der genetischen Artenbildung in Frage stellt.
Eine aktuelle Studie der Vetmeduni Vienna, die vom Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) gefördert wurde, und kürzlich in „Science Advances“ erschien, untersuchte nun die genomische Diversifizierung von sechs Pavian-Arten. Dabei fand das internationale Forschungsteam Beweise für die Hybridisierung sowohl früherer als auch jüngster Generationen bei unterschiedlichen Arten.
Diese Ergebnisse helfen dabei, ähnliche Fälle zu verstehen, darunter auch die komplexe Diversifizierung und genetische Beimischung beim modernen Menschen und unserer ausgestorbenen Verwandten wie den Neandertalern, Denisova-Menschen sowie anderen Hominini (= ausgestorbene Vorfahren des Menschen).
Evolutionäre Anpassung begann vor 1,5 Millionen Jahren genau wie beim Menschen
Wie unsere eigene Gattung Homo begann sich der Stammbestand der Papio-Paviane vor ca. 1,5 Millionen Jahren in mehrere Abstammungslinien (phylogenetische Arten) innerhalb Afrikas südlich der Sahara zu teilen.
Heute handelt es sich bei Pavianen (Gattung Papio) um große, geographisch weit verbreitete Altweltaffen, die – im Gegensatz zum Homo – aus sechs leicht unterscheidbaren Arten bestehen und sich in freier Wildbahn untereinander paaren (sogenannte Hybridisierung). Wie der frühe Homo unterscheiden sich Pavian-Arten unter anderem in Körpergröße, Morphologie und Verhalten.
Die Forscherinnen und Forscher konnten in ihrer Studie nachweisen, dass mehrere Pavian-Linien Episoden einer Beimischung erlebt haben, von denen einige einen genetischen Austausch zwischen den Abstammungslinien aufweisen, die bis heute Bestand haben, während es sich bei anderen um ausgestorbene Linien handelt.
Diese Vielfalt bietet die Möglichkeit, die genomischen, morphologischen und verhaltensspezifischen Aspekte einer evolutionären Anpassung anhand eines weitgehend erfolgreichen und anpassungsfähigen Primaten zu untersuchen.
Neue Einblicke in die Evolution des Genoms
Carolin Kosiol vom Institut für Populationsgenetik der Vetmeduni Vienna/University of St Andrews erklärt, wie das internationale Forschungsteam vorging: „Wir erstellten eine Referenzgenom-Baugruppe für die Pavianart ‚Papio anubis‘ und Sequenzdaten für das gesamte Genom für alle sechs vorhandenen Spezies.
In einem weiteren Schritt dokumentierten wir mehrere Episoden der Beimischung und Introgression während der Ausbreitung der Papio-Paviane und konnten damit ihren Wert als Modell für komplexe evolutionäre Diversifizierung und Hybridisierung demonstrieren. Dadurch eröffnen sich neue Einblicke in die Cladogenese im Allgemeinen und die Art, Geschwindigkeit und Folgen der genomischen Evolution im Besonderen.
Hierbei waren insbesondere neue genomweite Computerprogramme hilfreich, die mein ehemaliger Doktorand Dominik Schrempf entwickelt hat.“ Im Rahmen der Studie wurden sowohl in freier Wildbahn als auch in Gefangenschaft lebende Paviane untersucht.
Keine signifikanten Barrieren für die Hybridisierung
Bei der untersuchten Hybridisierung konnten keine wesentlichen Reproduktionsbarrieren nachgewiesen werden. Sogar dramatische Unterschiede in den Sozialsystemen hindern unterschiedliche Arten in freier Wildbahn nicht an der Hybridisierung.
Dieser Nachweis gelang für die beiden Arten Papio Anubis und Papio Hamadryas, die sich signifikant in ihrer sozialen Organisation und sozialen Struktur unterscheiden.
Bei den Anubis-Pavianen sind sowohl Männer als auch Frauen polygam. Hamadryas-Gesellschaften sind hingegen mehrstufig, mit „Harem“-ähnlichen Ein-Mann-Zuchteinheiten (OMUs) als basale soziale Einheiten. Es gibt jedoch Evidenzen für den unterschiedlichen Erfolg von Paarungstypen und ein gewisses Maß an genetischer Inkompatibilität verschiedener Pavian-Arten.
Wichtiger Ansatzpunkt für weitere Forschungsarbeiten – auch mit Relevanz für den Menschen
Da Paviane im Gegensatz zum Menschen noch heute in Hybridzonen untersucht werden können, bilden sie einen wichtigen Ansatzpunkt für die zukünftige Forschung. Mögliche Untersuchungsbereiche sind beispielsweise die Auswirkungen der genetischen Variation auf die Neurotransmitterfunktion und ihre Auswirkungen auf die Unterschiede auf Artenebene in sozialen Beziehungen und sozialem Verhalten oder die Untersuchung der Auswirkungen einer zunehmenden genetischen Diversifizierung.
Weitere Meldungen
Neuigkeiten aus der Wissenschaft
Neue Verordnung zu MKS: Importverbot für tierische Produkte aus Ungarn gezielt angepasst
Importverbot gilt ab 14. April 2025 nur mehr für Regionen mit Schutz- oder Sperrzonen - Maßnahmen zum Schutz der Tiergesundheit bleiben aufrecht
Hardenberg Institute vermittelt Veterinär-Studienplätze
Das Hardenberg Institute vermittelt Studieninteressierte aus Österreich und Deutschland an akkreditierte Veterinär-Fakultäten im EU-Ausland
Neues Artenschutzhaus für geschmuggelte Tiere im Tiergarten Schönbrunn eröffnet
Im Tiergarten Schönbrunn wurde am 11. April 2025 das neue Artenschutzhaus eröffnet
ÖTT-Tagung 2025: 20 Jahre Tierschutzgesetz – wo stehen wir?
Die 15. Tagung der Plattform Österreichische Tierärztinnen und Tierärzte für Tierschutz (ÖTT) findet am 8. Mai 2025 online statt.
Maßnahmen gegen Maul- und Klauenseuche: Grenzübergänge vorübergehend geschlossen
Erhöhte Biosicherheitsmaßnahmen für Betriebe, Importstopp für pflanzliche Futtermittel aus betroffenen Regionen, Abstimmung zwischen Behörden läuft gut
KATZENMEDIZIN #23
Die aktuelle Ausgabe des Fachmagazins für Tierärzt:innen, KATZENMEDIZIN #23, ist soeben erscheinen
Vetmeduni Vienna verschiebt den Tag der offenen Tür
Als Vorsichtsmaßnahme wegen der in der Slowakei und in Ungarn ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche (MKS) wird der Tag der offenen Tür in den September 2025 verschoben
Tierärztekammer fordert dringende Maßnahmen zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche (MKS)
MKS-Ausbrüche in der Slowakei und Ungarn weiterhin nicht unter Kontrolle
Fünf Erfolge der Präparator*innen für das NHM Wien
Im Februar 2025 fand zum 14. Mal die "European Taxidermy Championships", die Europameisterschaft der Präparator*innen, in Salzburg statt
Teile diesen Bericht auf:
Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Leseförderung mit Hund: Grundlagen und Praxis
(20. Jun. 2025) Andrea Beetz und Meike Heyer führen in die…Tierarztpraxis gründen und betreiben
(11. Jun. 2025) Der Leitfaden für die Selbstständigkeit in der Tiermedizin…Suchterkrankung beim Hund
(3. Jun. 2025) Suchterkrankung beim Hund - gibt es das? Offenbar…Wildtierfindlinge in der Tierarztpraxis
(27. Mai. 2025) Grundlagen der Wildtierhilfe, praktische Anwendung, tierärztliche Versorgung -…The Equine Distal Limb
(22. Mai. 2025) An Atlas of Clinical Anatomy and Comparative Imaging-…Tiergestützte Interventionen in der Psychiatrie
(16. Mai. 2025) Grundlagen, Methoden und Praxis der tiergestützten Interventionen in…Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

EERVC 2025 in Ljubljana
(12. Jun. 2025) Die 8. Eastern European Regional Veterinary Conference (EERVC)…SIVEMAP 2025
(31. Mär. 2025) Die SASAP (Serbian Association of Small Animal Practitioners)…EVECC-Kongress 2025
(1. Mär. 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb. 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb. 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan. 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien
