Kompostierbarer Einstreu schont Rinderklauen

(06.11.2016) Bei der Stallhaltung von Milchkühen kommt es häufig zu Klauenschäden durch feuchte und für die Kühe ungeeignete Laufflächen. Diese Erkrankungen wirken sich auf die Fruchtbarkeit und Milchproduktion der Rinder aus.

Eine Studie von Forschenden der Vetmeduni Vienna zeigte nun, dass in Rinderlaufställen die Einstreu von Hackschnitzel und Holzspänen statt Stroh die Klauengesundheit besonders gut unterstützen.

Im Vergleich zu anderen modernen Stallformen traten in diesen sogenannten Kompostlaufställen nachweislich weniger und wenn, leichtere Klauenerkrankungen auf.


Ein Laufstall mit Komposteinstreu unterstützt die Klauengesundheit und bietet den Rindern ausreichende Bewegungsfreiheit

Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Veterinary Journal veröffentlicht.

In der modernen Stallhaltung von Milchkühen wird viel Wert auf Tierkomfort und das Wohl der Rinder gelegt: Der großzügige Bewegungsraum in Laufställen wie dem Liegeboxenlaufstall unterstützt die Aktivität der Kühe und damit die Tiergesundheit.

Mit der weitgehenden Umstellung von Anbinde- zur Laufstallhaltung haben sich die Arten der Klauenschädigungen, der sogenannten Läsionen zwar geändert. Die Häufigkeit von Klauenerkrankungen hat aber tendenziell zugenommen.

Hackschnitzel und Sägespäne statt Stroh

Laut internationalen Studien gilt der Kompostlaufstall am schonendsten für die Klauengesundheit. In diesen Ställen werden Hackschnitzel und Holzspäne anstatt Stroh als Einstreu für den Boden verwendet. Die Holzreste binden die Ausscheidungen, tägliches Umwälzen verlagert die flüssigen Ausscheidungen schließlich nach unten, wo die Kompostierung beginnt.

Deshalb ist ein ebener Betonboden im Laufbereich notwendig. Spaltböden, bei denen Kot und Urin in einen abgetrennten, unteren Bereich fallen, können nur im Fressbereich verbaut werden. Nach dem Umwälzen wird ebenso täglich frisch nachgestreut.

Ein Forschungsteam der Vetmeduni Vienna um Johann Burgstaller von der Klinischen Abteilung für Wiederkäuermedizin verglich nun erstmals die Häufigkeit von Klauenerkrankungen und Lahmheiten in österreichischen Kompost- und den öfter gebauten Liegeboxenlaufställen. In je fünf Ställen untersuchten sie die Anzahl der Läsionen und auch deren Schweregrad.

„Leichte Schädigungen wurden als Grad 1 eingestuft, schwere als Grad 3. Die Ergebnisse der einzelnen Läsionen wurden gewichtet und dann addiert, um einen Indexwert für die Klauengesundheit pro Stall zu berechnen“, erklärt Burgstaller.

„Ein hoher Wert deutet auf schlechte Klauengesundheit, ein niedriger auf eine gute Klauengesundheit hin. Diese wird aber auch von Faktoren wie der Pflegehäufigkeit, Fütterung und Genetik mitbestimmt.”

Kompostierbare Einstreu reduziert Klauenläsionen

In den Kompostlaufställen traten um die Hälfte weniger Klauenerkrankungen, wie Ballenfäule oder Weiße-Linie-Defekt, auf als in den Liegeboxenlaufställen: Sowohl Häufigkeit als auch Schweregrade waren geringer.

Läsionen der höheren Schweregrade 2 und 3 wurden in nur wenigen Fällen festgestellt. Die Komposteinstreu sorgt damit nachweislich für eine Verbesserung der Klauengesundheit. Lahmheiten traten dagegen in beiden Stallformen beinahe gleich oft auf.

Mit knapp 18 Prozent lag der Durchschnitt in den Liegeboxen- und Kompostlaufställen aber unter dem weltweiten und bisherigen österreichischen Niveau von 25 Prozent.

Feuchter Untergrund fördert Klauenerkrankungen

Auch wenn moderne Stallformen die Bewegungsfreiheit von Milchkühen unterstützen, lässt sich längeres Stehen auf Kot und Urin kaum vermeiden. Die Ausscheidungen erhöhen die Feuchtigkeit des Bodens und wirken sich negativ auf die Klauengesundheit aus.

Die Folge sind Klauenläsionen, wie die Ballenfäule und der Weiße-Linie-Defekt. „Der feuchte Boden weicht die Haut zwischen den Klauen auf und fördert bakterielle Infektionen.

Durch die verminderte Hornqualität kommt es zu Läsionen die in schwersten Fällen zu Sohlengeschwüren führen“, erklärt Burgstaller. Beim Weiße-Linie-Defekt wird durch den feuchten Boden die sensible Verbindungsschicht von der Klauensohle und der Klauenwand angegriffen.

Bei ruckartigen Bewegungen oder einer Drehbewegung entsteht Druck auf die angeschlagene Verbindung. Die Sohle löst sich dadurch nach und nach ab. Diese Klauenschädigung gilt auch als eine der Hauptursachen für Lahmheiten.

Sozialverhalten besser unterstützt durch Kompostlaufställe

Kompostlaufställe mit ihrer täglichen Durchmischung und Auffüllung können Erkrankungen der Klauen auf lange Frist entgegenwirken. Das erfordert allerdings einen hohen Arbeitsaufwand der Landwirtinnen und Landwirte.

Durch die Kompostierung können sie die Einstreu allerdings nach einem Jahr als fruchtbaren Dünger verwenden. Die Situation in Liegeboxenlaufställen lässt sich laut Burgstaller ebenso mit häufigem Nachstreuen und somit Trockenhalten der Liegefläche verbessern.

Der Kompostlaufstall unterscheidet sich außerdem durch eine einzige, freie Lauffläche vom Liegeboxenlaufstall. „Es werden keine Liegeboxen verbaut. Das kommt dem ausgeprägten Sozialverhalten der Rinder mehr entgegen“, erklärt Burgstaller.

Eine Milchkuhherde ist in einer Rangordnung organisiert. Wenn die Rinder ihren Platz für ein ranghöheres Tier verlassen müssen, können sie schnell und ohne Hindernisse aufstehen und ausweichen.

Die stabile und rutschfeste Liegefläche ermöglicht auch kranken Tieren ein sicheres Aufstehen und Abliegen, was im Fall des Milchfiebers von großem Vorteil ist.

Publikation

Der Artikel „Claw health and prevalence of lameness in cows from compost bedded and cubicle freestall dairy barns in Austria” von J. Burgstaller, J. Raith, S. Kuchling, V. Mandl, A. Hund und J. Kofler wurde in The Veterinary Journal veröffentlicht.
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1090023316301034



Weitere Meldungen

Rinder auf der Weide; Bildquelle: F. Theimer/Vetmeduni Vienna

Mykotoxine auf Weiden durch Klimaerwärmung

Eine soeben in der renommierten Fachzeitschrift „Toxins“ veröffentlichte Studie der Vetmeduni Vienna untersuchte, inwieweit Weiden – eine wichtige Futterquelle für die Milchproduktion – durch Schimmelpilzgifte kontaminiert sind
Weiterlesen

Streicheln und sanftes Sprechen wirken sich günstig auf das Wohlbefinden von Kühen aus; Bildquelle: Institut für Tierschutzwissenschaften und Tierhaltung/Vetmeduni Vienna

Streicheln und sanftes Sprechen wirken sich günstig auf das Wohlbefinden von Kühen aus

Für das Wohlbefinden von Kühen ist der richtige Umgang des Menschen mit den Tieren ein wichtiger Faktor. Streicheln und sanftes Sprechen wirken sich günstig auf die Paarhufer aus.
Weiterlesen

Der Einsatz kritischer Antibiotika muss allerdings noch deutlich reduziert werden; Bildquelle: Michael Bernkopf/Vetmeduni Vienna

Studie bestätigt sparsamen Einsatz von Antibiotika bei Milchkühen

Österreichs TierärztInnen sind im europaweiten und internationalen Vergleich sparsam beim Einsatz von Antibiotika bei erkrankten Nutztieren, vor allem Kühen
Weiterlesen

Auch wenn Antibiotika bei Milchkühen seltener eingesetzt werden, gilt es den Einsatz von Breitbandantibiotika, die auch in der Humanmedizin eine wichtige Rolle spielen, noch mehr zu reduzieren; Bildquelle: Michael Bernkopf/Vetmeduni Vienna

Einsatz von Breitbandantibiotika bei Milchkühen sollte weiter sinken

Eine Studie des Institut für Öffentliches Veterinärwesen der Vetmeduni Vienna zeigte Anfang des Jahres, dass Milchrinder zwar seltener mit Antibiotika behandelt werden als Schweine und Geflügel
Weiterlesen

Kontakt zur Mutter und anderen Kühen macht Kälber langfristig zu geselligeren und sozial kompetenteren Erwachsenen; Bildquelle: Kathrin Wagner/Vetmeduni Vienna

Frühe Trennung von Kuh und Kalb hat Spätfolgen für den Nachwuchs

Kälber von Milchkühen werden in der Regel in den ersten 24 Lebensstunden von ihren Müttern getrennt. Der Großteil der Milch gelangt so in den Handel und nicht in die Mägen der Kälber. Ohne Mutter aufzuwachsen hat jedoch Konsequenzen
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen