Weißhandgibbons mit Linsentrübung und Unterarmfraktur

(21.07.2016) In der Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) wurden zwei männliche Weißhandgibbons operiert, die die Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen kurz zuvor aufgenommen hatte.

Der Leiter der Wildtierstation, Dr. Florian Brandes, hatte bei einem der beiden Affen eine beidseitige Linsentrübung festgestellt. Das andere Tier hatte eine schon länger bestehende Unterarmfraktur.

„Die Linsentrübung war vermutlich angeboren“, erklärt Professor Dr. Michael Fehr, Direktor der Klinik für Kleintiere, „diese sogenannte Katarakt ist bei Affen sehr selten. Beim Menschen ist er als Grauer Star bekannt.“


Weißhandgibbon vor der OP: Die Linsentrübung ist gut zu erkennen

Nach der OP: Die Augen des Weißhandgibbons zeigen keine Trübung mehr

Linsentrübungen sind beim Menschen und auch bei Hunden sehr häufig. In der Klinik für Kleintiere gehört das Einsetzen einer neuen Linse zu den Standardeingriffen. „Die Trübung der Linse war sehr weit fortgeschritten. Darum gehen wir davon aus, dass der Gibbon kaum noch etwas sehen konnte.

Auch sein Verhalten spricht dafür, dass seine Sehkraft sehr stark eingeschränkt war“, so Fehr. Da bisher weltweit keine Erfahrungen mit der Implantation künstlicher Linsen beim Gibbon vorliegen, holte die auf Augenheilkunde spezialisierte Tierärztin, Dr. Elena de Ferrari, Unterstützung aus der Humanmedizin: Sie führte die Operation gemeinsam mit Professor Dr. Burkhard Wiechens und Dr. Meghana Varde aus der Augenklinik im KRH Klinikum Nordstadt durch.

Die Anästhesie übernahm das Team von Professorin Dr. Sabine Kästner aus der Klinik für Kleintiere. Die Ärzte wählten nach der ophthalmologischen Untersuchung die für diese Affengröße passenden künstlichen Augenlinsen aus, die die Firma eye concept aus Falkensee kostenlos zur Verfügung stellte.

In einer mehrstündigen Operation entfernten sie die in beiden Augen veränderte Linse und ersetzten sie durch künstliche Linsen. „Der Gibbon hat die OP gut überstanden“, sagt Dr. Elena de Ferrari, „er wurde anschließend sofort zurück in die Wildtier- und Artenschutzstation gebracht.“

Florian Brandes berichtete, dass der Affe sich dort in den ersten drei Tagen zunächst sehr ruhig verhielt. Da er keine Versuche unternahm, sich an den Augen zu reiben, scheinen ihn die neuen Linsen oder der Eingriff am Auge nicht zu stören.

Bereits am Tag nach der Operation nahm der Weißhandgibbon Futter und die notwendigen Medikamente auf. Brandes sagt: „Er wird immer munterer, hält die Augen offen und es scheint als ob er seine Umgebung und die Gegenstände beobachtet, er reagiert auf Bewegung und bewegt sich mit einer Geschwindigkeit durch das Gehege, die wir vor der Operation nie beobachten konnten.“

Das andere Tier litt unter einem älteren Bruch beider Unterarmknochen in der Nähe des Ellenbogens – das stellten die TiHo-Tierärzte der Klinik für Kleintiere in einer klinischen und röntgenologischen Untersuchung fest. Das Tier wurde ebenfalls operiert.


Professor Fehr und sein Team richteten die Knochen und stabilisierten den Bruch mit einer Platte und Schrauben. Professor Dr. Michael Fehr berichtet nach Rücksprache mit Dr. Brandes: „Schon am nächsten Tag benutzte der Gibbon seinen operierten Unterarm. Bis jetzt zeigt er eine ungestörte Bewegungsaktivität.“

Die insgesamt drei Weißhandgibbons – Vater und zwei männliche Nachkommen – stammen aus einem kleinen Tierpark, in dem sie nicht mehr tierschutzgerecht untergebracht werden konnten. Nach ihrer Genesung in der Wildtier- und Artenschutzstation sollen sie in ein extra für sie gebautes und artgerechtes Gehege in einem Tierpark in den Niederlanden umziehen.


Weitere Meldungen

Im Januar fand das Kick-off-Meeting für das Projekt statt: (v.l.n.r.) Clemens Hollah, Dr. Alexandra Rath, Dr. Nils Grabowski, Dr. Cornelia Schwennen, Janos-Istvan Petrusan, Dr. Jan Berend Lingens, Professor Dr. Arm Abd El-Wahab, Professor Dr. Christian Visscher, und Dr. Kashif ur Rehman. Es fehlt Professorin Dr. Madeleine Plötz ; Bildquelle: tiho

Hunde- und Katzenfutter aus Paludikultur

In einem Kooperationsprojekt arbeiten Forschende der TiHo und des DIL – Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik daran, einen nachhaltigen Kreislauf zu entwickeln, in dem Pflanzenteile aus renaturierten Mooren zu Hunde- und Katzenfutter verarbeitet werden
Weiterlesen

Schweinswal-Gruben-Hypothese; Bildquelle: chneider von Deimling, Hoffmann, Geersen et al. (2023), Commun Earth Environ

Rätselhafte Gruben im Ozean: Interdisziplinärer Ansatz führt zur Schweinswal-Gruben-Hypothese

Der Meeresboden in der Nordsee ist übersät mit Tausenden von kraterartigen Vertiefungen im Sediment, den so genannten Pockmarks. Weltweit gibt es vermutlich Millionen von ihnen
Weiterlesen

TiHo

Train the Teacher: Kostenloses Online-Angebot der TiHo für Tierärztinnen und Tierärzte, die Praktika für Studierende anbieten

Tierärztinnen und Tierärzte, die Praktika für Studierende anbieten, müssen künftig nachweisen, dass sie einmalig vier Stunden an einer didaktischen Qualifizierungsmaßnahme teilgenommen haben
Weiterlesen

TiHo

Keine Winterpause für Zecken in Deutschland

Arbeiten des Instituts für Parasitologie der TiHo zeigen, dass Zecken in Deutschland auch im Winter aktiv sind.  
Weiterlesen

Observer im Flugzeug; Bildquelle: Nino Pierantonio

Aktuelle Zählungen: 1,4 Millionen Wale, Delfine und Schweinswale im europäischen Atlantik

Ein internationales Forschungsteam stellte Ergebnisse des bisher umfangreichsten Projekts zu Populationsgrößen und zur Verteilung von Kleinwalen in der Nordsee, Ostsee und angrenzenden Gewässern des europäischen Atlantiks vor
Weiterlesen

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo)

TiHo-Präsident Dr. Dr. h. c. mult. Gerhard Greif feierlich in den Ruhestand verabschiedet

Am 26. September 2023 verabschiedete die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) ihren langjährigen Präsidenten Dr. Dr. h. c. mult. Gerhard Greif mit einer festlichen Veranstaltung in den Ruhestand
Weiterlesen

Lederschildkröte aus der Nordsee; Bildquelle: ITAW

TiHo-Forschende in Büsum obduzieren Lederschildkröte aus der Nordsee

Am Montag, 4. September 2023, entdeckte die Besatzung des Schiffs Triton der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung Tönnies in der Mündung der Elbe eine treibende tote Meeresschildkröte
Weiterlesen

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo),; Bildquelle: TiHo

Die Ursachen von Post-COVID mit Corona-Spürhunden aufklären

Trainierte Spürhunde sind in der Lage, Post-COVID zu erschnüffeln. Ein Team aus Human- und Tiermedizin möchte in dem Projekt „Dogolomics“ den Ursachen von Post-COVID auf die Spur kommen, indem sie herausfinden, welche Stoffe die Hunde riechen
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen