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Neu an der Universität Augsburg: Forschungsstelle für Medizinprodukterecht

In Reaktion auf den rapiden medizintechnologischen Fortschritt ist bereits 1995 auf europäischer Ebene ein spezielles Medizinprodukterecht geschaffen worden, dessen wissenschaftliche Bearbeitung seither mit der technischen und ökonomischen Entwicklung des Gebietes allerdings nicht Schritt gehalten hat.

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Mit einer auf zwei Jahre laufenden Anschubfinanzierung aus Mitteln der High Tech-Offensive Bayern nimmt jetzt zu Beginn des Jahres 2005 an der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg eine Forschungsstelle für Medizinprodukterecht ihre Arbeit auf, die sich als national und europäisch-international vernetzte Plattform für die gezielte und effektive Erforschung dieser noch jungen Rechtsmaterie versteht.

Pflaster, Bandagen, Spritzen, Brillen - all dies sind Medizinprodukte im Rechtssinne, aber das Spektrum der Medizinprodukte ist mit diesen Beispielen bei weitem nicht mehr hinreichend charakterisiert: Die Medizintechnik hat gerade in den letzten Jahrzehnten gewaltige Fortschritte gemacht. So rechnet man auch hochkomplexe Großgeräte wie z. B. Kernspin- oder Computertomographen zu den Medizinprodukten. Und allerkleinste Röhrchen, die in verkalkte Arterien eingesetzt werden, um den Blutdurchfluss zu erhöhen - sogenannte Stents -, werden ebenfalls als Medizinprodukte eingestuft.

ERST AM ANFANG EINER MEDIZINTECHNOLOGISCHEN REVOLUTION

Trotz aller Fortschritte stehen wir nach verbreiteter Ansicht aber noch ganz am Anfang einer medizintechnologischen Revolution, deren tatsächliches Ausmaß erst in Umrissen erkennbar ist. Beispiele für künftige medizintechnische Produkte sind Tissue Engineering (künstlicher Gewebeersatz), nanotechnologische Medizinprodukte, "intelligente" biomedizinische Werkstoffe oder der Einsatz von Telemedizin. Zugleich wird die Nachfrage nach Medizinprodukten aufgrund der technischen, aber auch der demographischen Entwicklung stark zunehmen. Experten rechnen damit, dass der Markt weltweit um jährlich bis zu 15 Prozent wächst. Mit Medizinprodukten wird ein Inlandsumsatz von rund 20 Milliarden Euro pro Jahr erzielt. Das ist weit mehr als der Umsatz des deutschen Handwerks.

BISLANG EINMALIG IN EUROPA

Der kleinste gemeinsame Nenner von Medizinprodukten ist, dass sie überwiegend physikalisch wirken. Das unterscheidet sie von Arzneimitteln. Seit 1995 gibt es für sie auch ein eigenes Recht, das auf europäischer Ebene initiiert wurde. Ungeachtet seiner hohen gesundheitspolitischen und wirtschaftlichen Bedeutung wurde das Medizinprodukterecht bisher allerdings kaum wissenschaftlich erforscht. "Deshalb war es nun, genau zehn Jahre nach der Entstehung dieses Rechtsgebiets, höchste Zeit, dem Medizinprodukterecht eine universitäre Heimstatt zu geben. Damit dürften wir übrigens europaweit die Ersten sein", sagt Prof. Ulrich M. Gassner, Initiator und Gründer der neuen Augsburger Forschungsstelle. Gassner ist es gelungen, mit sachkundiger Unterstützung und Beratung der Regierung von Schwaben, der IHK Schwaben und dreier bayerischer Ministerien Mittel der High Tech-Offensive Zukunft Bayern in Höhe von knapp 20.000 Euro für eine zweijährige Anschubfinanzierung der Forschungsstelle einzuwerben.

INTERNATIONALE FORSCHUNG UND REGIONALE DIENSTLEISTUNG

"Wir werden diese Mittel in den Aufbau einer Infrastruktur investieren, die nötig ist, um eine effektive rechtswissenschaftliche Aufarbeitung dieser noch jungen Rechtsmaterie sicherzustellen", erläutert Gassner, für den insbesondere die europa- und internationalrechtliche Dimension des Medizinprodukterechts im Vordergrund des Interesses steht. Darüber hinaus soll die Forschungsstelle eine Reihe praxisorientierter Dienstleistungen für Unternehmen - gerade auch in der Region Schwaben - erbringen.

KOMMUNIKATIONSPLATTFORM, ONLINE-DATENBANK UND WORKSHOPS

Zur Verwirklichung dieser Ziele wird z. B. eine Website mit Benutzerforum etc. als Plattform für den Austausch zwischen Forschung, Lehre und Praxis einzurichten. Weiterhin soll eine medizinprodukterechtliche Online-Datenbank aufgebaut werden, die es ermöglicht, alle einschlägigen Veröffentlichungen aufzufinden, die seit Anfang der 1990er Jahre erschienen sind. Auf dem Arbeitsprogramm steht ferner die Veranstaltung von Symposien und Workshops, die sich an Wissenschaftler und Praktiker, besonders aber auch an Studierende und sonstige Interessierte richten.

NATIONALE UND INTERNATIONALE VERNETZUNG

Um eine hinreichende Praxisnähe der Forschungsstelle zu garantieren, wird eine umfassende Vernetzung mit allen Stellen angestrebt, die in den Vollzug des Medizinprodukterechts eingebunden sind, darunter z. B. die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik, das Bayerische Landesamt für Arbeitsschutz, Arbeitsmedizin, der TÜV Süd und die Abteilung Medizinprodukte des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte.

Auch Kooperationen mit Industrieverbänden wie dem Bundesverband Medizintechnologie und mit bestehenden Netzwerken wie dem Forum MedizinTechnik & Pharma hat Gassner im Blick. "Und natürlich gilt es, die internationalen Kontakte zu intensivieren, wobei den Verbindungen zur Europäischen Kommission besonderes Gewicht zukommt, sagt Gassner, denn: "In Brüssel steht schließlich ja der Brutschrank des Medizinprodukterechts".

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