Tagung des Traditionsvereins der Veterinäringenieure e.V.
Traditionsverein der Veterinäringenieure e.V. tagte an der ehemaligen Ingenieureschule für Veterinärmedizin (ISV) in Beichlingen
Am 7. März 2015 tagte der Traditionsverein der Veterinäringenieure e.V.an der ehemaligen Ingenieurschule für Veterinärmedizin auf Schloß Beichlingen in Thüringen.
Vor der eigentlichen Tagung wurde von den Mitgliedern im Rahmen einer Weiterbildungsveranstaltung eine neu errichtete Milchviehanlage im Kyffhäuserkreis besichtigt.
Die Teilnehmer zeigten sich beeindruckt von den technischen Möglichkeiten und den daraus resultierenden hygienischen Fortschritten bei der Milchproduktion.
Auf Grund der Fußbodengestaltung konnten die mechanisch-traumatischen Befunde hinsichtlich der Klauengesundheit (Panaritium etc.) auf ein Minimum reduziert werden.
Beeindruckend war insbesondere die computergestützte Selektion kranker Tiere im Vergleich zu konventionellen Anlagen in der ehemaligen DDR . Nach der Besichtigung der Anlage fand die eigentliche Tagung auf Schloß Beichlingen statt.
Der Vereinsvorsitzende Jürgen Holland-Nell begrüßte die Mitglieder und Gäste, im weiteren Verlauf wurde der stellvertretende Vorsitzende, Doz.Dipl.Agr.Ing.oec. Veterinäringenieur Jürgen Wittnebert ,für seinen nunmehr 50 jährigen Dienst in der Veterinärmedizin und Dr. med. vet. habil. Peter Röhlinger MdB a.D. für sein Engagement als Dozent an der früheren ISV Beichlingen geehrt.
An der Veranstaltung nahmen rund 30 Personen teil. Im Vorfeld der Veranstaltung hatte sich der Dekan der Fakultät für Veterinärmedizin der Universität Leipzig, Prof. Dr. Coenen entschuldigt.
Gleichfalls entschuldigt hatte sich das erweiterte Vorstandsmitglied des Traditionsvereines der Veterinäringenieure und zugleich Präsidentin des Thüringer Landkreistags und Landrätin, Vet.-Ing. Martina Schweinsburg.
Ein besonderer Schwerpunkt der Veranstaltung war die bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht eindeutig geklärte Anerkennung von erbrachten Studienleistungen und deren praktikable Einordnung in die europäische Studienlandschaft bzw. in das European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS).
Das Thema wurde unter dem Motto:“Bachelor of Verterinary (BSc) in Europa unter besonderer Berücksichtigung der Veterinäringenieure der ehemaligen DDR“ abgehandelt.
Im Rahmen einer Petition (Pet. Nr. 3980/5) zur Anerkennungspraxis des Studiums zum Veterinäringenieur teilte das Ministerium der Justiz und für Europa und für Verbraucherschutz des Bundeslandes Brandenburg am 16.12.2014 einem Vorstandsmitglied des Trad.-Vereines der Veterinäringenieure unter dem Aktenzeichen 3-0020/32+1#288191/2014 mit:“…Für die Anerkennung von Studienzeiten ist eine inhaltliche Prüfung einzelner Studieninhalte notwendig.
Hierfür wäre ein Vergleich zwischen der tierärztlichen Ausbildung und derjenigen der Veterinäringenieure erforderlich.
Dies setzt konkrete Kenntnisse der jeweiligen Studieninhalte voraus. Es bedarf einer fachkundigen Person ,die dezidiert in der Lage ist ,die Studieninhalte der einzelnen Fächer vergleichend bewerten zu können .Dies kann kompetent nur in einer tierärztlichen Fakultät geleistet werden, und wird auch bei Studienabschlüssen aus Drittstaaten so praktiziert. …“1
Diesbezüglich hat sich der Vorstand des Vereines an das Institut für Paläoanatomie und Geschichte der Tiermedizin die Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität in München gewandt. Hier wurde mit Schreiben per Mail vom 18.12.2014 von Frau PD Dr. Goebel in Vertretung von Herrn Prof. Dr. Dr. Peters auf Herr Prof. Dr. habil. Hartwig Prange (Emeritus der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) verwiesen.2
Prof. Prange ,welcher kurzfristig wegen eines Termins seine Teilnahme an der Tagung absagen mußte, hatte sich zuvor gegenüber dem Vereinsvorsitzenden ,Jürgen Holland-Nell , schriftlich geäußert. Er regte auf Grund seiner Fachkenntnis den Weg über den Bachelor of Veterinary (Anerkennung von 3 Jahre Veterinärmedizinstudium der Veterinäringenieure) an.3
Vom Auditorium wurde auf ein Zitat auf der Tagung des „bpt“ ( Bundesverband prakt. Tierärzte) vom Dez. 2005 verwiesen, wo bereits bemerkt wurde, daß „Der von der EU geplante, von unseren Ministerien wohlwollend begleitete, …Bachelor …-auch in Deutschland kommt er so sicher wie das Amen in der Kirche-..“4
Dr. med. vet. habil Peter Röhlinger gab Auskunft hinsichtlich seiner Aktivitäten im Deutschen Bundestag und bemerkte, daß der Vorsitzende des Umweltausschusses des Deutschen Bundestages (der letzten Legislaturperiode) die bisherige Praxis der Anerkennung der erbrachten Studienleistungen der ehemaligen Veterinäringenieure als eine „Ungerechtigkeit“ ansieht.
Weiterhin wurde das Engagement der Hochschule Anhalt, hier insbesondere des Präsidenten Prof. Dr. Dr. Orzessek von Jürgen Wittnebert hervorgehoben ,da dieser in Form einer schriftlichen Stellungnahme den ehemaligen Veterinäringenieuren bei der Beantragung verschiedener Genehmigungen auch im landwirtschaftlichen Bereich geholfen hat.
Den Mitgliedern wurde dies zur Kenntnis gebracht.
Von Wolfgang Etzrodt, M.A. Medizinethik (Uni), wurde der derzeitige Sachstand der Anerkennung des Berufsbildes der Veterinäringenieure wie folgt zusammengefasst: Da die Veterinäringenieure nach der Wende keine Standesvertretung in den alten Bundesländern hatten, selbst die westdeutschen Tierärzte zunächst nicht viel mit diesem Terminus anfangen konnten und man es selbst nicht gewohnt war, gewisse Rechte innerhalb der DDR-Gesellschaft einzufordern, gab es zunächst kein klares Konzept der Einordnung der Berufsgruppe der Veterinäringenieure in die bundesdeutsche Studienlandschaft.
Das von zu jener Zeit dem wirtschaftlichen Druck sinkender Tierbestände geschuldete Verhältnis der Tierärzte in den „Staatlichen Tierarztpraxen“ zu den Veterinäringenieuren ,(welches bis zu diesem Zeitpunkt im Übrigen sehr kollegial war), verschlechterte sich zunehmend. Es entstanden Paradigmen, daß der Veterinäringenieur ein „kommunistischer Auswuchs“ sei , bis hin zum „Tierarzthelfer oder zur Tierarztkrankenschwester“ .
Fakt ist, daß nach 1974 keine Privatpraxen auf Grund der neuen Approbationsordnung für Tierärzte in der ehemaligen DDR mehr zugelassen worden. (DDR GBl. 1974,336)
Ein Grund dafür war die „Geburt“ des Veterinäringenieurs. Zusätzlich wurden die Fakultäten Veterinärmedizin an den Universitäten der DDR aufgelöst und in die Sektion Tierproduktion Fachrichtung Veterinärmedizin, genau wie die Fachrichtung Fischwirtschaft, impliziert.6
Die dort ausgebildeten Kader, sollten in erster Linie den Klassenstandpunkt der SED vertreten. Dies galt natürlich auch für die Veterinäringenieure ,welche jedoch mehr mit praktischen tierärztlichen Tätigkeiten betraut waren.7
Die Konkurrenzsituation , d.h. ohne Dispensierrecht zu arbeiten führte nach der Wende quasi fast zum Kollaps einer ganzen Berufsgruppe. Die allgemeinen unsachlichen Behauptungen, daß die Veterinäringenieure quasi einen Tierarzt light anstreben würden sind ethisch nicht vertretbar.
Voraussetzung für die Aufnahme eines Studiums als Veterinäringenieur war das Abitur möglichst in Verbindung mit einem Praktikum in der Landwirtschaft, eine Berufsausbildung mit Abitur oder der Abschluß der 10. Klasse an einer „Polytechnischen Oberschule“ verbunden mit einem hervorragenden der Abschluß einer fachbezogenen Lehre sowie eine Delegierung durch einen Betrieb wegen hervorragender Leistungen.
Recherchen haben zudem ergeben, daß Bewerber mit sehr gutes Abitur jedoch an den Universitäten nicht immatrikuliert wurden , da Sie beispielsweise eine Teilnahme an der sozialistischen Jugendweihe verweigert hatten.
Bereits 1994 wurde die Gleichwertigkeit des Studiums zum Veterinäringenieur als Hochschulstudium (FH) durch das Thüringer Ministerium für Wissenschaft und Kunst bzw. das Ministerium f. Bildung, Wissenschaft u. Kultur des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern gem. Art. 37 I des Einigungsvertrages , in denen sich die beiden Standorte der Ingenieurschulen befanden (Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern) nach Überprüfung bescheinigt.
Nach einem angebotenem Zusatzstudium an der Hochschule Anhalt in Bernburg wurde nach bestandener Prüfung gem. §§ 3 IV, 4 II Thüringer Verordnung zur Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen ,gem. Art. 37 I Einigungsvertrag der akademische Grad eines Dipl.-Ing.(FH) durch das Thüringer Ministerium für Wissenschaft und Forschung im Ausbildungsgang Veterinärmedizin verliehen.
In Mecklenburg-Vorpommern, wurde das Diplom (FH) auf Antrag ohne Zusatzstudium vergeben.
Da es anders als in anderen Bereichen, wie z.B. der Chemie , Elektrotechnik ff. kein vergleichbares Fachhochschulstudium in der Veterinärmedizin gab , wurde das Diplom für den Bereich „Tierproduktion/Tiergesundheit“ an die Absolventen der ISV Beichlingen ausgehändigt.5
25 Jahre nach der Wiedervereinigung sei es nun an der Zeit, ohne Ressentiments aufeinander zuzugehen und dieses Thema anzugehen ,da ohnehin auf Grund der Altersstrukturen kein Eingriff in bestehende Strukturen zu erwarten sei.
Der Kant`sche Kategorische Imperativ sollte uns allen als Grundsatz ethischer Überlegungen beim Umgang mit den Veterinäringenieuren und deren Einordnung ihrer erbrachten Studienleistungen sowie ihrer praktischer Tätigkeiten dienen.
Traditionsverein der Veterinäringenieure e.V.
Wolfgang Etzrodt ,M.A. Medizinethik (Uni), Str. d. Friedens 70,99625 Beichlingen
[email protected]
Literatur
1) Schreiben des Ministerium der Justiz und für Europa und für Verbraucherschutz des Bundeslandes Brandenburg am 16.12.2014, Aktenzeichen 3-0020/32+1#288191/2014
2) Veronika.Goebel, Institut f. Geschichte der Tiermedizin, Mail v. 18.12.2014
3) Schreiben v. Prof.Dr.med.vet.habil H.Prange an J.Holland-Nell v.03.03.2015
4) btp Landesverb. Bayern e.V.Mitteilungsblatt, Ausg.Dez. 2005 ,S.6 ,Th.Steidl
5) Orzessek,D.,Prof.Dr.Dr.,Schreiben Hochschule Anhalt v. 26.11.2014,Pkt.3,S.1
6) Ministerrat d.DDR,Sudienplan f.d.Grundstudienrichtung Agraring.-wesen(Tierprod.,Berlin 1974(Nomenklatur340),Prof. Böhme
7) Tierärztlicher Bereitschaftsdienst ,Weimar,d.10.Juni1983 ,Tageszeitung „Das Volk“, Quelle:Archiv Weimarer Land