bpt-Fachforum 2018: Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung

(12.03.2018) Am 6. März hatte der bpt erstmalig zum Fachforum „Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung“ in die Bayerische Landesvertretung nach Berlin eingeladen.

Das neue Informationsformat, untergliedert in die Themenblöcke „TÄHAV, Evaluierung der 16. AMG-Novelle und EU-Tierarzneimittelrecht, stieß auf reges Interesse bei mehr als 90 Vertretern von Bundestag, Bundesministerien- und behörden, Landesregierungen, Verbänden, Tierärzteschaft, Wissenschaft und Presse.

bpt

bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder zeigte sich über diese große Teilnehmerzahl äußerst zufrieden. Er begrüßte die Gäste mit den Worten: „Ursprünglich wollten wir dieses Fachforum auch nutzen, um weitere Impulse für die TÄHAV-Novelle geben zu können, die unerwartete Entwicklung hat unsere Planung in diesem Punkt jedoch zunichte gemacht.

Die neue TÄHAV gilt bereits seit 1. März, deshalb nutzen wir jetzt die Gelegenheit, die nach wie vor in der Verordnung enthaltenen Rechtsunsicherheiten, die sowohl für die praktizierenden Tierärzte wie auch die Überwachungsbehörden große Schwierigkeiten mit sich bringen, nochmals aufzuzeigen.“

Zusammen mit dem Vizepräsidenten des Bundesverbandes der beamteten Tierärzte (BbT), Dr. Arno Piontkowski, und Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Hansen widmete sich Moder den wesentlichen Änderungen in der TÄHAV.

Deutlich wurden dabei zahlreiche kritische Punkte, wie die fehlende, rechtsverbindliche Liste von Wirktagen, die fehlende Konkretisierungen bei den Verfahren zur Probeentnahme, das Anfertigen von Antibiogrammen nach nationalem/internationalem Standard u.v.m..

Erfreulich war dagegen das klare Credo von BbT-Vizepräsident Piontkowski: „Die bestehenden Rechtsunsicherheiten müssen unbedingt vor etwaigen Verfahrenseinleitungen ausgeräumt werden, Auslegungshinweise sind zwingend erforderlich und wir sollten auf einen konstruktiver Dialog zwischen Überwachung und Praktikerschaft setzen.“

Inwieweit die neuen, umfassenden Antibiogramm- und Dokumentationspflichten für Tierärzte tatsächlich dazu beizutragen können, Antibiotikaresistenzen zu minimieren, bleibt dahin gestellt. Der Evaluierungsbericht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) an den Deutschen Bundestag über die Wirksamkeit der mit der 16. AMG-Novelle eingeführten Minimierungsmaßnahmen wird erst im April 2019 erwartet.

Den aktuellen Planungsstand der Evaluierung erfuhren die Veranstaltungsteilnehmer von Dr. Anke Schröder aus dem Referat 326 „Tierarzneimittel, Rückstände von pharmakologisch wirksamen Stoffen in Lebensmitteln“ des BMEL.

Sie stellte klar, dass es sich dabei um eine ergebnisoffene Prüfung handeln wird, die die Frage klären soll, ob die rückläufigen Entwicklungen bei der Antibiotikaabgabe und –anwendung Effekte auf die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen haben. Empfehlungen hinsichtlich eines Änderungsbedarfs der 16. AMG-Novelle und sonstige Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen der Evaluierung wird der Bericht nicht geben.

Im Hinblick auf die nach dem Evaluierungsbericht zu erwartende Diskussion über etwaige Ergänzungen oder Änderungen der Vorschriften der 16. AMG-Novelle stellte PD Dr. Andreas Palzer in seinem Referat die Frage, ob das bisherige Vorgehen langfristig das richtige ist. „Natürlich bewirkt ein reduzierter Einsatz von Antibiotika einen reduzierten Selektionsdruck auf die Bakterienpopulation.

Als erster Schritt ist die Antibiotikareduzierung auch im Vergleich zu Europa wichtig und richtig, aber langfristig müssen wir über ein Monitoring und das gezielte Bekämpfen der resistenten Keime reden und nicht nur über den Einsatz von Antibiotika“, bekräftigte er.

Plastisch machte es Prof. Dr. Manfred Kietzmann vom Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover: „Pro Tag werden in der Tiermedizin derzeit mehr als 2,1 Tonnen antibakterielle Wirkstoffe verwendet.

Das kann kaum weniger werden, solange der Fleischverzehr mit durchschnittlich etwa 60 kg pro Mensch und Jahr, also fast 5 Millionen Tonnen Fleisch pro Jahr, in Deutschland gleich bleibt. Deshalb muss auch an anderen Stellschrauben gedreht werden, wie der Verhinderung der Wirkstoffverschleppung in die Umwelt.“

Ohnehin sind weitere Änderungen in der Gesetzgebung zu erwarten, wenn das EU-Tierarzneimittelrecht verabschiedet und als Verordnung unmittelbar nationales Recht wird. Geplant ist, dass das seit nunmehr 10 Jahren in Brüssel diskutierte Dossier unter österreichischer Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr dieses Jahres abgeschlossen wird.

Über den Werdegang und den aktuellen Stand der Trilogverhandlungen zur Neuordnung des EU-Tierarzneimittelwesens berichtete der Attaché für Veterinärangelegenheiten der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU, Mag. Viktor Szontagh, und die stellvertretende Geschäftsführerin des Europäischen Tierärzteverbandes FVE, Nancy De Briyne.

Positiv: Den Onlinehandel mit verschreibungspflichtigen Tierarzneimittel wird es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geben und Tierarzneimittel sollen ausschließlich Tierärzte verschreiben können.


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