Die Bundestierärztekammer fordert Tierschutz bei Tiertransporte ein
Erneut erschüttern Berichte über eklatante Missstände bei Tiertransporten in Länder außerhalb der EU die Öffentlichkeit.
„Es müssen unverzüglich durchgreifende Maßnahmen, die nachhaltig für die Abstellung der Mängel sorgen, ergriffen werden“, so Dr. Uwe Tiedemann, Präsident der Bundestierärztekammer.
Er fordert die EU, die Bundesregierung und die Länder auf, unverzüglich die Abfertigung von Tiertransporten in Drittländer bis auf weiteres zu untersagen.
Erst im letzten Jahr sorgten Verstöße gegen den Tierschutz an der bulgarisch-türkischen Grenze nicht nur für mediale Empörung. Die Bundestierärztekammer, berufsständische Interessen-vertretung aller rund 40.000 Tierärzte in Deutschland, wandte sich mit einem Schreiben an Bundesregierung und zuständige Landesbehörden und forderte die Einhaltung der EU-Tierschutzbestimmungen.
Eine aktuelle Reportage thematisiert nicht nur die z.T. tagelangen Wartezeiten in sengender Hitze ohne angemessene Versorgung der Tiere an den Außengrenzen der EU. Das Leid geht noch weiter, denn der Weg der Tiere endet nicht an der EU-Außengrenze. „Transport- und Schlachtbedingungen in den Zielländern erfüllen nicht einmal annähernd EU-Standards“, erklärt Dr. Tiedemann.
„Und das ist noch eine verharmlosende Beschreibung der Zustände.“ Zwar hat der europäische Gerichtshof 2015 geurteilt, dass die Bestimmungen der EU-Tierschutztransportverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1/2005) auch außerhalb der EU gelten. Aber: wer soll das durchsetzen? Kann EU-Recht außerhalb der EU überhaupt eingefordert werden?
„Es müssen endlich nachhaltige Maßnahmen ergriffen werden, die sicherstellen, dass tierschutzrechtliche Vorschriften erfüllt werden. Andernfalls dürfen Transporte von lebenden Tieren in Drittländer wie Türkei, Libanon oder Ägypten von den EU-Mitgliedsstaaten nicht mehr durchgeführt werden!“ fordert Tiedemann.
„Jeder, der einen Tiertransport auf den Weg schickt, trägt auch eine Verantwortung für den Schutz dieser Tiere – diese Verantwortung endet nicht an der Grenze!“ Damit appelliert der Präsident auch an die Zuchtverbände, keine Viehtransporte in Länder zu organisieren, wenn ein tierschutzkonformer Ablauf an den Grenzübergangsstellen, aber auch darüber hinaus nicht gewährleistet werden kann.
Die Bundestierärztekammer bittet die Bundesregierung außerdem dringend, die Möglichkeit eines Exportverbots für lebendes Schlachtvieh in Drittländer zu prüfen. „Der Export von Zuchtvieh hat sicher seine Berechtigung“, so Tiedemann „Aber ist es wirklich erforderlich, lebende Tiere über tausende von Kilometern zu transportieren, damit sie an ihrem Bestimmungsort nach teilweise unvorstellbaren Quälereien endlich geschlachtet werden?“
„Mit dem Argument, dass die Vorgänge in Drittländern außerhalb unseres Einflussbereichs liegen, darf sich niemand herausreden“, appelliert Tiedemann. „Wir fordern alle Beteiligten auf, ihren Teil der Verantwortung für den Tierschutz zu übernehmen und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um das Leiden der Tiere zu verhindern. Wir können und dürfen unsere Augen nicht verschließen!“
Die BTK fordert:
- Die Abfertigung von Tiertransporten nur dann zu erlauben, wenn vor dem ersten Transport auf einer Route durch eine unabhängige Kommission abgesichert ist, dass alle Tierschutzanforderungen lückenlos eingehalten werden,
- die unbedingte Einhaltung der im Europäischen Übereinkommen über den Schutz von Tieren beim internationalen Transport festgelegten Anforderungen,
- eine zügige Abfertigung von Tiertransporten beim Grenzübertritt und, sofern Wartezeiten in Einzelfällen unvermeidlich sein sollten, ein zügiges Abladen und eine ordnungsgemäße Versorgung der Tiere während der Wartezeiten in geeigneten und von den zuständigen Behörden zu kontrollierenden Unterbringungen,
- Transportzeiten grundsätzlich so kurz wie möglich zu halten und Schlachttiere so nah wie möglich am Ort der Erzeugung zu schlachten. Der Transport von lebenden Tieren sollte, wo immer möglich, durch den Transport von Schlachtkörpern bzw. tierischen Erzeugnissen ersetzt werden.