Managementplan für ein besseres Miteinander von Mensch und Wolf

(14.12.2013) Anlässlich des 7. Leipziger Tierärztekongresses (16. bis 18. Januar 2014) stellt André Klingenberger vom Staatsbetrieb Sachsenforst in seinem Referat das Wolfsmanagement in Sachsen vor

Als 1996 nach fast 150 Jahren erstmals wieder ein einzelner Wolf in der Oberlausitz gesichtet wurde, war die Aufregung unter den Bürgern, Jägern und Nutztierhaltern zunächst groß. Im Vordergrund stand die Frage, wie gefährlich die Tiere für den Menschen sind.

Für die Wolfsbetreuer des Naturschutzbundes (NABU) Landesverband Sachsen e.V. galt es, in erster Linie Vorbehalte abzubauen und den Grauwölfen einen natürlichen Lebensraum zu ermöglichen.

Mit Erfolg: Mittlerweile zählen Experten 14 Grauwolfsfamilien oder -paare in der Lausitz, alleine neun davon sind in Sachsen anzutreffen. Die Hintergründe der Erfolgsgeschichte beleuchtet André Klingenberger vom Staatsbetrieb Sachsenforst, Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft, Malschwitz, in seinem Referat „Wolfsmanagement in Sachsen“ anlässlich des 7. Leipziger Tierärztekongresses (16. bis 18. Januar 2014).

„Der Wolfsbestand in Deutschland hat sich in den letzten Jahren überraschend schnell entwickelt, ist aber langfristig betrachtet noch nicht stabil“, erklärt André Klingenberger. Bei Bewohnern und Nutztierhaltern in der Region haben die Tiere zunächst Angst ausgelöst. „Tödliche Übergriffe von freilebenden Wölfen auf Menschen sind nachweislich extrem selten und nur unter besonderen Voraussetzungen denkbar.

Die Ängste sind also unbegründet, Doch woher soll die Bevölkerung das wissen? Wir mussten und müssen diesen Ängsten überproportional viel Aufmerksamkeit schenken und entsprechend informieren.“ Zudem stellen die Grauwölfe für die Jäger eine natürliche Konkurrenz um das heimische Schalenwild – wie Geweihträger oder Wildschweine – dar.

Die Akzeptanz der Tiere durch Jäger spielt daher für das Wolfsmanagement eine nicht unerhebliche Rolle. Ein weiterer Konflikt ergibt sich aus dem Beuteschema der Rudel: Schafe und Ziegen stehen ganz oben auf ihrem Speiseplan. Nutztierhalter vor allem von Weidetieren, die im Freien gehalten werden, erleiden so immer wieder tatsächliche und finanzielle Verluste.

„Das entscheidende Instrument, um mögliche Konflikte von Menschen und Tieren früh zu entschärfen, ist ein gemeinsam von allen mit der Tierart Wolf berührten Interessengruppen erarbeiteter und getragener Managementplan als Leitlinie für alle Beteiligten“, erläutert der Referent.

Zu den tragenden Säulen des 2009 verabschiedeten Plans gehört das Überwachen des Wolfsbestandes mit wissenschaftlichen Methoden, die Öffentlichkeitsarbeit zur Information der Bevölkerung und die Betreuung der Nutztierhalter zur Schadenskompensation sowie die Förderung von Schutzmaßnahmen für die Nutztierherden.

Herdenschutzmaßnahmen greifen: Mehr Wölfe – weniger Schäden

Verfügen die Herden über einen Mindestschutz wie Elektro- oder Festzäune, entschädigt  der Freistaat Sachsen die Nutztierhalter zu 100 Prozent inklusive der Folgeschäden. Da das nicht unerhebliche Investitionen sind, gibt es zusätzlich eine finanzielle Unterstützung für die Installation von Herdenschutzeinrichtungen wie Zäune, Unterwühlschutz von Wildgattern oder die Anschaffung von Herdenschutzhunden.

Zudem erarbeitet ein spezielles Projekt unter der Trägerschaft des Schaf- und Ziegenzuchtverbandes Sachsen derzeit neue, noch effizientere Vorkehrungen. „Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass sich bei von den Tierhaltern konsequent umgesetzten Schutzmaßnahmen die Nutztierschäden auf ein niedriges Niveau senken lassen. Die Schäden gehen relativ gesehen trotz der wachsenden Wolfspopulation zurück.

Zur räumlichen Konzentration der Schäden kommt es hingegen meist in Regionen, in denen sich Wölfe neu ausgebreitet haben und die Tierhalter noch nicht ausreichend darauf vorbereitet sind“, so der Diplom-Forstingenieur. „Der Prozess der natürlichen Rückkehr der Wölfe in unsere Kulturlandschaft verlangt daher auch weiterhin eine professionelle Begleitung in Form eines modernen Wildtiermanagements.“

Fazit des Wolfsexperten: Ein Miteinander von Mensch und Wolf ist ohne größere Konflikte möglich. „Voraussetzung dafür ist aber, dass alle Beteiligten, sowohl aus dem Bereich Naturschutz als auch den Bereichen der Landnutzer und allgemeinen Bevölkerung alte Vorbehalte ablegen. Erst dann kommt man zusammen zu langfristig tragbaren Lösungen“, meint André Klingenberger.

Der Vortrag zum „Wolfsmanagement in Sachsen“ findet im Rahmen des Vortragsblocks „Tierschutz III“ am 18. Januar zwischen 14.45 und 16.25 Uhr unter der Leitung von Dr. med. vet. Gerd Möbius, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Tierhygiene und Öffentliches Veterinärwesen an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig, statt.

www.tieraerztekongress.de



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