Zukunft des Landgestüts Dillenburg: Stadt und Verbände fordern weitere Gespräche
Gut einen Monat ist es her, dass die hessische Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) den Erhalt des hessischen Landgestütes zugesichert hat und kurzfristig mehr Auslauf für die Pferde schaffen wollte.
Passiert ist bisher lediglich, dass die acht Hengste des Gestüts zum Verkauf angeboten werden. Eine fachliche Begründung für die Abschaffung der Hengsthaltung fehlt weiterhin.
Mehrere Gesprächsangebote seitens der Stadt Dillenburg, des Fördervereins Hessisches Landgestüt Dillenburg und des Pferdesportverbandes Hessen (PSVH) wurden bisher ignoriert.
Mit großer Enttäuschung und Unverständnis nehmen Stadt und Verbände das Verhalten der Ministerin zur Kenntnis und fordern sie auf, sich mit ihnen für gemeinsame Gespräche über die Zukunft des Gestüts an einen Tisch zu setzen.
Bereits Anfang August hatten die beiden Sachverständigen Dr. Christiane Müller und Eckhard Hilker während einer Pressekonferenz in zwei Gutachten deutlich gemacht, dass das Landgestüt in seiner jetzigen Form und sogar mit einem noch größeren Pferdebestand zukunftsfähig ist.
Bereits der Status Quo entspricht den Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten. Mit einigen Umbaumaßnahmen kann den Pferden noch mehr freie Bewegung verschafft werden, ohne das Herzstück, den Paradeplatz zu bebauen.
Mehrstündige freie Bewegung war zu Beginn der Debatte um das Landgestüt die zentrale Forderung der Ministerin. Einige Tage nach der Pressekonferenz bat Priska Hinz die politische Führung der Stadt zum Gespräch.
Dabei sicherte sie den Erhalt des Gestütes zu und erklärte: „Der Tierschutz im Landgestüt hat oberste Priorität. Wir haben uns daher entschlossen, kurzfristig mehr Auslauf für die Pferde im Landgestüt zu schaffen.“
Die Stadt Dillenburg und der Förderverein versuchten im Anschluss mehrfach Kontakt zur Ministerin aufzunehmen, um die Umsetzung der in den Gutachten vorgeschlagenen Verbesserungsmaßnahmen schnellstmöglich voranzutreiben.
Doch es folgte bisher keinerlei Reaktion des Ministeriums, sondern vielmehr eine bewusste Abschottung. „Das ist sehr enttäuschend und keine Art und Weise miteinander umzugehen“, sagte Michael Lotz, Bürgermeister der Stadt Dillenburg und Vorsitzender des Fördervereins.
„Ich erwarte eine enge Zusammenarbeit zwischen Stadt und Land und fordere die Ministerin auf, sich mit uns an einen Tisch zu setzen, um sinnvolle Konzepte für die Zukunft des Gestüts zu erarbeiten.“
Ein gemeinsames Vorgehen von Stadt, Land, Verbänden und Bürgern, um das Gestütsgelände als touristische Attraktion zu beleben, das wünscht sich auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), wie er in einem Brief an die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) schrieb.
Doch statt gemeinsam Konzepte zu erarbeiten, macht das zuständige Umweltministerium Nägel mit Köpfen und schreibt die Hengste zum Verkauf aus. In ihrer Erklärung zum Erhalt des Landgestüts sagte die Ministerin: „Für Stuten und Wallache, die im Unterschied zu den Hengsten auch in Gruppen gehalten werden können, ergibt sich die Möglichkeit eines zusätzlichen Auslaufs auf Teilen des Paradeplatzes zum Beispiel mit Hilfe von mobilen Zäunen.
Daher und auch, weil die Hengstzucht aus Dillenburg seit Jahren an Bedeutung verliert, hat sich das Land entschlossen die Hengsthaltung im Landgestüt aufzugeben. Damit kann künftig der Reit- und Fahrbetrieb aufrecht erhalten bleiben.“
„Das Argument der Ministerin, dass sich Hengste nicht so einfach wie Stuten und Wallache in Gruppen halten lassen, ist richtig. Daraus aber die Abschaffung der Hengste abzuleiten ist haltlos und fachlich falsch begründet.
Beide Gutachten haben deutlich gemacht, dass auf dem Gelände des Landgestütes weitaus mehr als 41 Pferde, darunter Stuten, Wallache und Hengste, leitliniengerecht gehalten werden können“, sagt Dr. Christiane Müller.
Eckhard Hilker ergänzt: „In den Gutachten, unabhängig voneinander, ist die pferdegerechte Haltung sowie der dazugehörende freie Auslauf nach den Ergänzungsmaßnahmen uneingeschränkt möglich.
Uneingeschränkt heißt, Stuten, Wallache und Hengste unter Berücksichtigung der geschlechterspezifischen Eigenschaften und Notwendigkeiten können in den historisch denkmalgeschützten Gebäuden und Außenanlagen, unter Wahrung der besonderen Situation, gehalten werden.
Mit unterschiedlichen Auslaufgrößen können Ausläufe für Pferdegruppen und Einzelausläufe für Hengste geschaffen werden, die auf Basis der Leitlinien nachgewiesen und genutzt werden können.
Diese Prüfung der möglichen einschränkenden Rahmenbedingungen war Grundlage der jeweiligen Gutachten. Die Gutachten sind analytisch auf das Umfeld, die Genehmigungsfähigkeit und die möglichen Immissionen mit Hinweisen eingegangen und in den Vorschlägen zur Umsetzung berücksichtigt.“
Bereits seit Beginn der Debatte um das Landgestüt betont die Ministerin immer wieder, dass der Tierschutz oberste Priorität habe.
„Den beabsichtigten Verkauf der Hengste halte ich für äußerst fragwürdig. Für mich stellt sich die Frage, ob für die Hengste tatsächlich Käufer gefunden werden, die Haltungsbedingungen bieten, die den Ansprüchen der Ministerin genügen.
In Dillenburg kann sie sich jeden Tag selbst ein Bild vom Wohlergehen der Pferde machen, wie durch die Sachverständige Frau Dr. Müller zweifelsfrei bestätigt wurde.
Die Ministerin kann doch gerade diesen landeseigenen Betrieb als Paradebeispiel nutzen, um zu zeigen, wie leitliniengerechte Pferdehaltung in städtischen Gebieten aussehen kann und sich diesen vorbildhaften Betrieb auf die eigenen Fahnen schreiben.
Für uns bestätigt sich einmal mehr der Eindruck, dass die Forderung der Ministerin nach mehr Tierschutz im Landgestüt nichts weiter als ein vorgeschobener Grund ist“, sagt PSVH-Vorsitzender und FN-Vizepräsident Dr. Harald Hohmann.
Dass der Verkauf der Hengste ein schlechter Schachzug ist, erklärt auch Robert Kuypers, Geschäftsführer des Pferdesportverbandes Hessen.
Die Landes Reit- und Fahrschule habe durchaus weitere Verwendung für die Hengste. Der Betrieb könne aufgrund der hohen Nachfrage an Lehrgängen und Unterricht sogar noch ausgeweitet werden, was bisher aufgrund der zu geringen Zahl an Schulpferden nicht möglich war.
„Die Gestütshengste können noch mehr als bisher im Schulbetrieb eingesetzt werden. Dieser könnte mit einer Vergrößerung des Pferdebestands sogar noch effizienter betrieben werden“, sagt Kuypers.