Zecken und FSME: Baden-Württemberg ist Hot Spot Nr. 1 in Deutschland
Bundesweit größte Fallzahlen und geringe Impfquote / Universität Hohenheim erforscht Zeckenbekämpfung und engagiert sich bei Präventionsprogramm
Mit jährlich 100 bis 150 FSME-Erkrankungen liegt Baden-Württemberg bundesweit an der Spitze aller Bundesländer.
Die Gefahr in einem der Risikogebiete in Baden-Württemberg nach einem Zeckenstich an FSME zu erkranken, liege bei etwa 1 zu 150. Die Hälfte der Patienten erlebe einen schweren Krankheitsverlauf. Rund 70% von ihnen erlitten langwierige Folgeschäden, so die Aussagen von Prof. Dr. Reinhard Kaiser, der die Neurologie an der Städtischen Klinik Pforzheim als Chefarzt leitet.
Zeckenprognose im Internet
Wie aktiv die Zecken am heutigen Tag und vor der eigenen Haustür sind, kann die Bevölkerung seit rund einem Jahr auf der Homepage des Präventionsprogramms „zeckenwetter.de“ abrufen. Dabei handelt es sich um ein wissenschaftliches Projekt der Firma tickradar, an dem sich die Universität Hohenheim beteiligt.
„Dazu lassen wir unsere Expertise in eine von sechs deutschen Zeckenstationen im Siebenmühlental bei Stuttgart einfließen“, erklärt Prof. Dr. Johannes Steidle, vom Lehrstuhl für. Tierökologie an der Universität Hohenheim.
Dazu beobachten die Wissenschaftler mehrfach die Woche, wie aktiv sich die Zecken in der Beobachtungsstation verhalten. „Da Zecken sehr empflindlich auf Temperatur und Feuchte reagieren, lässt sich anhand von sehr regionalen Wetterprognosen vorhersagen, ob Zecken in einem bestimmten Landkreis die nächsten Tage besonders aktiv oder die Gefahr, gebissen zu werden, eher gering ist“, so Prof. Dr. Steidle. Daneben gebe die Seite konkrete Tipps, wie man sich gegen Zeckenbisse schützen könne.
Zeckenbekämpfung an der Universität Hohenheim
In mehreren Forschungsprojekten erproben die Biologen der Universität Hohenheim außerdem, wie sich Zecken anhand natürlicher Feinde biologisch bekämpfen lassen.
„Dabei setzen wir auf Arten, die hier in Europa natürlich vorkommen. Dazu gehören bestimmte Pilze, Fadenwürmer oder die Zeckenerzwespe, die ihre Eier in lebende Zecken bohrt, so dass diese nach dem Schlüpfen von Innen aufgefressen werden“, erläutert Prof. Dr. Ute Mackenstedt, Fg. Parasitologie an der Universität Hohenheim.
Im Labor seien die Versuche bereits erfolgreich gewesen. Derzeit liefen die ersten Freilandversuche an, bei denen auch die Auswirkungen auf andere Bodenorganismen untersucht werden.
Forschungsbedarf bei Reservoirwirt
Weiteren Forschungsbedarf sieht Prof. Dr. Mackenstedt bei Füchsen, die dem FSME-Erreger als Reservoirwirt dienen. „Bei einer ersten Studie im Regierungsbezirk Freiburg fanden wir bei 32 von 146 Füchsen Hinweise, dass sie dem FSME-Erreger als Reservoirwirt gedient hatten. Diese Untersuchungen müssen ausgedehnt werden, um einschätzen zu können, wie stark die Bedeutung der Füchse für die Krankheitsverbreitung tatsächlich ist.“
Bisher fünf identifizierte Virenstämme in Baden-Württemberg
Eine Entwarnung gibt Dr. Rainer Oehme vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg gegenüber Ängsten, der FSME-Erreger könnte so stark mutieren, dass Impfstoffe wirkungslos würden.
„Ob Viren leicht mutieren hängt davon ab, wie ihr Erbgut aufgebaut ist“, erklärte der Biologe auf der Pressekonferenz. „Extrembeispiel sind die Grippeviren wie Influenza A, bei der völlig neue Subtypen auftreten können“.
FSME-Viren gehörten allerdings zu einer Virenart, bei der Veränderungen im Erbgut nur geringe Auswirkungen haben. „In einer ersten Überblicksstudie haben wir in Baden-Württemberg bisher fünf unterschiedliche Stämme des FSME-Erregers entdeckt, die alle zum gleichen europäischen Subtyp gehören.“
Als Krankheitserreger mögen diese Stämme ein unterschiedlich starkes Gefährdungspotential für den Körper haben. „Allen Stämmen aller Subtypen in Europa ist jedoch gemeinsam, dass der Körper durch die gängige Impfung wirksam gegen sie geschützt werden kann.
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