ZZF-Symposium 2010: Fachberatung und intelligente Konzepte sind entscheidend für eine artgerechte Ernährung der Heimtiere
Kann Fertignahrung eine artgerechte Ernährung von Heimtieren gewährleisten? Diese Frage diskutierten 72 Tierärzte und Zoofachleute auf dem 15. Symposium des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe e.V. (ZZF), das vom 6. bis 7. November 2010 in Kassel stattfand.
In einer Umfrage des Veranstalters bewerteten die Teilnehmer die Veranstaltung als sehr gut (Note 1,4) und lobten vor allem die Themenauswahl, die fachlich versierten Vorträge und die Möglichkeit des Austausches zwischen Tierärzten und Vertretern der Heimtierbranche.
Es nahmen zu rund 30 Prozent Zoofachhändler teil, 33 Prozent waren Tierärzte, 16 Prozent kamen aus dem Großhandel oder von Herstellern der Heimtierbranche.
Die Fachleute aus der Heimtierbranche und aus den mitveranstaltenden Verbänden Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT-AK8) und Bundesverband der beamteten Tierärzte (BbT) waren sich einig: Sowohl Kleinsäuger, Ziervögel- und –fische als auch Reptilien und Amphibien können ganz oder teilweise mit nach neuesten ernährungsphysiologischen Erkenntnissen hergestellter Fertignahrung artgerecht versorgt werden.
Eine natürliche Ernährung von Heimtieren sei nicht möglich, nicht erforderlich und oftmals auch nicht wünschenswert, da domestizierte Heimtiere andere Bedürfnisse haben als wildlebende Tiere.
Verantwortung liegt bei Herstellern, Haltern und Zoofachhandel
Fehlernährung betrachten die Experten als Folge falscher Dosierung, der Haltungsumstände sowie fehlerhafter oder fehlender Zufütterung von Ergänzungsfutter.
Dabei liege die Verantwortung für die optimale Fütterung gleichermaßen bei den Herstellern von Heimtiernahrung als auch bei den Haltern und dem Zoofachhandel als Beratungsinstanz.
So wies Martin Höhle, erfahrener Kleinsäugerzüchter und Inhaber von The Pet Factory, darauf hin, dass bei der Ernährung von Kleinsäugern die saisonalen Bedürfnisse und Lebensphasen der Tiere berücksichtigt werden müssten.
Professionelles Fertigfutter könne die Tiere nur bei zeitweiliger Gabe von jeweils geeignetem Ergänzungsfutter auch während besonderer Lebensabschnitte und bestimmter Phasen im Jahreszyklus ausreichend versorgen.
„Mit Zusatzverkäufen von keimfähigen Saaten, Futterpflanzen, frischen Futtermöhren, Nagergras oder Moos ist es dem Zoofachhandel möglich, sich zu profilieren.“
Dr. Julia Fritz von der Universität München mahnte, beispielsweise Kaninchen so konstant, karg und energiearm wie möglich zu ernähren. Um Krankheiten wie Zahnproblemen, Verdauungsschwierigkeiten und Übergewicht vorzubeugen, sollten Halter ihren Tieren in erster Linie Heu und Wasser anbieten und einem Kalziummangel vorbeugen.
Thomas Petzsch, Inhaber von Cityzoo, wies in seinem Vortrag darauf hin, dass bei der Fütterung von Amphibien und Reptilien weniger die Inhaltstoffe von Fertignahrung problematisch seien als der erfolgreiche Fütterungsprozess.
Fertigfutter aus der Dose würde von einigen Tierarten, bei denen Bewegung einen Beutefangreflex auslöst, nicht akzeptiert. „Gut gelingt die Fütterung, wenn Halter das Futter mit einer Futternadel oder Futterpinzette anbieten und eine Bewegung vortäuschen.“
Auch die Fachtierärztin Dr. Petra Kölle hält es bei der Haltung von Amphibien und Reptilien für besonders wichtig, auf die speziellen Bedürfnisse der Tiere einzugehen. 40 Prozent der Reptilienkrankheiten seien auf Ernährungsfehler zurückzuführen, wobei die Krankheitssymptome oft unspezifisch seien.
Sie zählt zu den Fehlerquellen vor allem die Über- und Unterversorgung mit Wasser oder Nährstoffen und plädiert für eine verbesserte Ergänzungsfütterung.
Dr. Gerd Großheider vom Unternehmen Tetra sieht es als Aufgabe der Hersteller, intelligente Konzepte zu entwickeln, die eine artgerechte Ernährung gewährleisten und Fehlerquellen beim Fütterungsprozess reduzieren.
Gerade in der Aquaristik spiele der Einfluss des Futters auf das ganze Haltungssystem eine besondere Rolle. Um Fischkrankheiten vorzubeugen, seien zudem immunstimulierende Substanzen eine gute Wahl.
Dr. Petra Kölle befürwortet ebenfalls gute Futterkonzepte, um bei der Ernährung von Zierfischen eine Über- oder Unterversorgung zu vermeiden, vor allem eine zu hohe Energiezufuhr.
In Gesellschaftsbecken sei die artspezifische Ernährung zuweilen gefährdet: Würden beispielsweise Koi und Störe in einem Gartenteich zusammen gehalten, könnten die Störe verhungern, weil sie das Futter langsamer aufnehmen.
Auch für Dr. Gerd Britsch, Tierärztliche Praxis für Vögel und Reptilien, ist das intelligente Futterkonzept ein Lösungsansatz, um Fehler in der Ernährung von Ziervögeln zu vermeiden. Aus seiner Sicht erhalten einige Vögel zu viel, andere nicht ausreichend Nahrung, weil sie nicht gesellig oder in ungünstig gemischten Volieren gehalten werden.
Er spricht sich deshalb für die Gabe von Pellets oder Extrudaten mit der richtigen Nährstoffkonzentration aus. Aus diesem Futter könnten sich die Tiere nicht die energiereichen Komponenten herauspicken. Um Langeweile vorzubeugen, müssten die Pellets so angeboten werden, dass Vögel gezwungen sind, sie sich zu erarbeiten.
Die Lebensqualität der Ziervögel liegt auch Dr. Hans Claßen von der Firma Claus am Herzen. Er zieht den Pellets die Fütterung mit Körnerfutter vor, das eine Geschmacksvielfalt biete und mit dem die Tiere sich beschäftigen können.
Ein gutes Fütterungskonzept müsse die aktiven und passiven Lebensphasen der Vögel berücksichtigen. Der Halter müsse seine Tiere gut beobachten und selbständig den Nährstoffbedarf an Belastungsphasen wie beispielsweise die Mauser anpassen.
Für die Aufklärung der Tierhalter über eine artgerechte Heimtierernährung hält er neben der Beratung im Zoofachhandel qualifizierte Angaben auf den Verpackungen für wichtig.