
Das West-Nil-Virus (WNV) ist in Deutschland angekommen
„Wir haben seit Jahren mit dem Auftreten des WNV in Deutschland gerechnet. Jetzt ist es so weit, und wir können nicht wirklich abschätzen, wie sich die Situation weiterentwickelt.“ So bewertet Professor Klaus Osterrieder, Direktor des Instituts für Virologie an der Freien Universität Berlin, die Situation.
Im September 2018 ist das WNV erstmalig bei Pferden in Deutschland nachgewiesen worden. Es zirkuliert in einem Vogel-Stechmücke-Vogel-Kreislauf. Einige Sperlingsvögel, aber auch Greifvögel- und Eulenarten zeigen dabei klinische Symptome.
Das WNV kann im Vogel relativ hohe Virämie-Level produzieren, sodass ein endemischer Zyklus etabliert werden kann.
Der Mensch und das Pferd können infiziert werden und erkranken, können das Virus jedoch nicht replizieren und sind sogenannte „nicht definitive Wirte“. Die West-Nil-Virus-Infektion ist eine anzeigepflichtige Tierseuche.
Nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts kommen heimische Mückenarten als Überträger des West-Nil-Virus in Frage. Laborexperimente hätten gezeigt, dass etwa die Gemeine Stechmücke (Culex pipiens) das Virus nicht nur in sich tragen könne, sondern auch in der Lage sei, den Erreger zu übertragen.
Das WNV ist gut an kältere Temperaturen adaptiert und überwintert ohne Probleme in Insekten. Der lang anhaltende, trockene Sommer 2018 könnte den Entwicklungszyklus des Virus in Mücken befördert haben.
In den USA kam es im Jahr 1999 zu einem dramatischen Seuchenzug, der sich über das gesamte Land ausbreitete. Bereits im Jahr 2002 erreichte die Epidemie in den Vereinigten Staaten ihren Höhepunkt mit etwa 15 000 betroffenen Tieren.
Professor Osterrieder hält es für wahrscheinlich, dass sich Arboviren, also auch das WNV, in den gemäßigten Zonen wirklich etablieren, umso mehr, als die klimatischen Veränderungen positive Auswirkungen auf die Ausbreitung der Stechmücken haben und sich damit der Erreger dauerhaft etablieren kann.
„Aufgrund von bisher nur zwei diagnostizierten Fällen von WNV beim Pferd kann man derzeit nicht von klaren Endemiegebieten in Deutschland sprechen“, meint Osterrieder, „es ist aber zu erwarten, dass sich das Infektionsgeschehen in Deutschland irgendwo zwischen der in den USA und der bisher in Europa beobachteten Situation entwickeln wird.“
Bei Pferden verläuft die Infektion meist symptomlos.
Etwa 8 % der infizierten Pferde entwickeln zentralnervöse Symptome, wie z. B. Stolpern, Ataxien, Tremor, Lähmungen, allgemeine Schwäche bis zum Festliegen. Seltener kommt es zu fiebrigen Allgemeinerkrankungen. Die Letalität bei den klinisch erkrankten Pferden liegt zwischen 30 % bis 50 %.
„Wir sind bisher auf Erfahrungen, Fallberichte und Literatur aus dem südeuropäischen Raum und den USA angewiesen“, gibt Professor Karsten Feige, Direktor der Klinik für Pferde an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, zu bedenken.
„Keiner von uns hat an WNV erkrankte Pferde gesehen. Dennoch, oder gerade deswegen, gilt es, sich an den Erfahrungen anderer Regionen zu orientieren und aufmerksam zu sein. Klinische Verdachtsfälle müssen schnell abgeklärt werden“, mahnt der Kliniker.
Der Virusnachweis erfolgt mittels ELISA oder PCR anhand von Serum- oder EDTA-Blut sowie Gewebeproben aus Gehirn und Milz. Bei der Probennahme ist die kurze Virämiephase von 2 bis 3 Wochen zu beachten.
Die West-Nil-Infektion ist eine Zoonose. Beim Menschen sind ca. 80 % der Infektionen symptomlos, die übrigen 20 % der infizierten Personen zeigen grippeähnliche Symptome mit Fieber.
Bei weniger als einem Prozent der infizierten Personen kann es zu schweren Verlaufsformen mit einer Hirnhaut- oder Gehirnentzündung kommen, die in seltenen Fällen (vor allem bei älteren Patienten) tödlich enden kann. Humane Impfstoffe stehen nicht zur Verfügung.
Bei Pferden, Menschen und anderen nicht definitiven Wirten werden im Blut keine ausreichend großen Mengen des Virus gebildet, so dass die Erkrankung nicht weitergegeben werden kann.
Beim Menschen kann das WNV unter Umständen durch kontaminierte Blutspenden von infizierten Müttern auf das ungeborene Kind oder während des Stillens auf das Kind übertragen werden.
Laut Angaben des ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) sind im Jahr 2018 europaweit 180 Menschen an den Folgen einer WNV-Infektion gestorben. Vor diesem Hintergrund hält Professor Osterrieder die Impfung von Pferden für besonders wichtig.
„Man kann – insbesondere bei Pferden, die an Turnieren teilnehmen und viel unterwegs sind – nur zur Impfung gegen WNV raten, um das Risiko einer Ansteckung zu minimieren.“
In Deutschland sind für Pferde aktuell drei Impfstoffe zugelassen. Die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) am Friedrich-Loeffler-Institut gibt in eigener Verantwortung und fachlich unabhängig Empfehlungen zur Verwendung von Veterinärimpfstoffen heraus und hat aktuell eine Stellungnahme zur Immunisierung von Pferden gegen das West-Nil-Virus erarbeitet.
Sie empfiehlt in den bereits betroffenen Gebieten die Impfung von Pferden.
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