Usutu-Virus verantwortlich für Amselsterben in Rheinland-Pfalz

(16.07.2012) Am 12.7.2012 haben Virologen des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNI) sechs tote Amseln aus Rheinland-Pfalz und erstmals auch eine Amsel aus Nordrhein-Westfalen positiv auf das von Mücken übertragene Usutu-Virus getestet.

Damit bestätigten sie die Prognose von Mückenexperten der Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmückenplage (KABS) aus dem Frühjahr, dass im Sommer 2012 ein erneutes Amselsterben zu erwarten sei und der Ausbruch andere Bundesländer erfassen könnte.

Im Sommer 2011 begann ein durch Usutu-Viren ausgelöstes Massensterben der Amseln und anderer Vögel im Dreiländereck von Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg. Die Gruppe um den Hamburger Virologen Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, BNI, erforschte den letztjährigen Ausbruch intensiv und veröffentlichte die Ergebnisse in der Fachzeitschrift PloS One.(1)

„In den letzten Tagen wurden uns etwa 95 tote Amseln aus dem Raum Neustadt an der Weinstraße, Landau und Bad Dürkheim gemeldet“, berichtet Dr. Norbert Becker, wissenschaftlicher Leiter der KABS und Dozent an der Universität Heidelberg.

Seine Mitarbeiter sammelten verendete Vögel ein und insgesamt 73 Tiere wurden am BNI auf eine Usutu-Virus-Infektion untersucht. „Leider haben sich die Befürchtungen nun bestätigt, dass das Usutu-Virus in der bekannten Ausbruchregion seit Juni wieder aktiv ist und viele Vögel an der Infektion versterben“, sagt Becker.

Laut Schmidt-Chanasit wurde am gestrigen Abend zudem erstmals eine tote Amsel, die eine aufmerksame Bürgerin außerhalb des ursprünglichen Ausbruchgebiet gefunden hatte, positiv auf das Usutu-Virus getestet. Die Amsel wurde in der Stadt Siegen im Bundesland Nordrhein-Westfalen tot aufgefunden.

Im April dieses Jahres hatte das interdisziplinäre Expertenteam die Bevölkerung dazu aufgerufen, tote Vögel zu melden und die Überträgermücke zu bekämpfen. „Auch dank der Unterstützung von Bürgerinnen und Bürger ist es uns gelungen, den Usutu-Virus-Ausbruch geografisch genau eingrenzen zu können“, sagt Becker.

Der aktuelle Ausbruch biete die einmalige Chance, in Deutschland die komplexen biotischen Interaktionen zwischen Viren, Stechmücken und Vögeln unter Einbeziehung ökologischer Rahmenbedingungen zu untersuchen, so Schmidt-Chanasit.

Deshalb sollen wissenschaftlich interessierte Bürgerinnen und Bürger infizierte Vögel weiterhin melden und möglichst früh an das BNI, die KABS oder ein örtliches Veterinäramt schicken.

Mit dem Usutu-Virus infizierte Vögel zeigen oftmals Verhaltensauffälligkeiten und ein zerzaustes Gefieder. Weitere Informationen und ein Meldeformular bietet der NABU über seine Website www.nabu.de an: www.nabu.de/tiereundpflanzen/voegel/forschung/amselsterben


(1) Becker N, Jöst H, Ziegler U, Eiden M, Höper D, Emmerich P, Fichet-Calvet E, Ehichioya DU, Czajka C, Gabriel M, Hoffmann B, Beer M, Tenner-Racz K, Racz P, Günther S, Wink M, Bosch S, Konrad A, Pfeffer M, Groschup MH, Schmidt-Chanasit J: Epizootic emergence of Usutu virus in wild and captive birds in Germany. PLoS One.7(2):e32604 (2012); Epub 2012 Feb 28.




Weitere Meldungen

Amsel Totfund; Bildquelle: Stefan Bosch/NABU

Usutu-Virus inzwischen in ganz Deutschland verbreitet

Erneut massives Amselsterben durch Usutu - kranke und tote Vögel melden
Weiterlesen

Mit dem Usutu-Virus infizierte Amsel; Bildquelle: Jutta Böhm-Wacker

300.000 Amseln fielen 2011 dem Usutu-Virus zum Opfer

Vogelexperten des NABU haben erstmals berechnet, wie sich das Usutu-Virus in Deutschland auf den Amselbestand ausgewirkt hat. Zu diesem Zweck wurden Daten seit dem Jahr 2006 aus Deutschlands größten Vogelzählaktionen „Stunde der Gartenvögel“ und „Stunde der Wintervögel“ ausgewertet
Weiterlesen

Bernhard-Nocht-Institut

Erneutes Amselsterben durch Usutu-Virus im Sommer erwartet

Bereits im Frühjahr hat das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) in Hamburg erneut tote Amseln aus Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz zur Untersuchung auf das tropische Usutu-Virus erhalten
Weiterlesen

NABU

Gewinner der Stunde der Wintervögel: Der Haussperling

Bilanz der Vogelzählaktion belegt deutlichen Rückgang der Amseln
Weiterlesen

Amsel Männchen; Bildquelle: Arjan Haverkamp/Wikipedia

Amselsterben geht zurück: Kälte stoppt Überträger der Usutu-Viren

Nachdem in den Sommermonaten auffallend viele tote Amseln gefunden wurden, die das in Deutschland bisher unbekannte Usutu-Virus in sich trugen, rechnet der NABU nun mit einem Abklingen der Epidemie
Weiterlesen

Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

Amselsterben in Süddeutschland: Usutu-Virus nachgewiesen

Wissenschaftler des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNI) in Hamburg haben am 13.9.2011 das tropische Usutu-Virus in mehreren Organen einer toten Amsel aus dem hessischen Birkenau nachgewiesen
Weiterlesen

Magazin

Firmennews

Neuerscheinungen