Hessen untersagt die Tötung männlicher Eintagsküken

(08.09.2014) Die für Tierschutz zuständige Ministerin Priska Hinz gab am 5. September 2014 in Wiesbaden bekannt, dass Hessen die Tötung männlicher Eintagsküken untersagt

„Tierschutz darf nicht länger der reinen Wirtschaftlichkeit untergeordnet werden. Eine landwirtschaftliche Produktionsform, bei der die Hälfte der Jungtiere systembedingt getötet wird, ist völlig inakzeptabel,“ machte Priska Hinz deutlich. „Darum wird das Geschlecht eines Kükens in Hessen künftig nicht sein Todesurteil bedeuten.“

Im Jahr werden etwa 40 Millionen männliche Küken getötet

Die extreme Leistungszucht hat in der Geflügelwirtschaft dazu geführt, dass einerseits Hühnerlinien mit hoher Legeleistung, andererseits schnell wachsende Mastlinien mit hohem Brustfleischanteil verwendet werden.

Da die männlichen Küken der Legelinien nur wenig Fleisch ansetzen, argumentiert die Geflügelwirtschaft damit, dass sich deren Mast nicht rechnet. Darum werden diese gesunden Küken routinemäßig gleich nach dem Schlupf aussortiert und getötet. „Damit muss Schluss sein!“, so Priska Hinz.

Die routinemäßige Tötung männlicher Eintagsküken im Rahmen der Legehennen-Zucht wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. In Deutschland werden etwa 40 Millionen männliche Eintagsküken pro Jahr nach dem Schlupf aussortiert und getötet.

Früher wurden die Küken überwiegend wie Müll entsorgt, heute werden sie zu einem gewissen Teil verfüttert. In Hessen steht eine der größten Brütereien Deutschlands, mit 15 Millionen getöteten Küken pro Jahr.

Verfügung an bundesweit größte Brüterei verschickt

„Die durch das Landratsamt verschickte Verfügung macht dem Betreiberunternehmen klar definierte Auflagen. Es wird verpflichtet eine technische Alternative zur Bestimmung des Geschlechts der ungeschlüpften Küken in seine betrieblichen Abläufe zu installieren.

Dafür muss das Unternehmen ein Konzept erarbeiten und den zuständigen Stellen vorlegen,“ sagte Ministerin Hinz. „Die massenhafte Tötung männlicher Eintagsküken wird in Hessen keine Zukunft haben.“

Frühzeitige Geschlechtsbestimmung im Hühnerei

Das Problem ist auf zweierlei Arten zu lösen. Eine Möglichkeit ist die Erforschung einer technischen Methode, die eine Geschlechtsbestimmung im Ei in der ersten Hälfte der Bebrütung ermöglicht. Hinz führt dazu weiter aus: „Diesen Weg initiierte die Tierschutzbeauftragte Hessens im Jahre 2005.

Hessen begleitete und unterstützte die beteiligten Universitäten über Jahre, auch finanziell. Zudem gelang es, sowohl die Geflügelwirtschaft wie auch den Betreiber der hessischen Brüterei in die wissenschaftlichen Aktivitäten einzubinden.“

Wie eine neue Veröffentlichung der Uni Leipzig zeigt, führte diese Forschung zu viel versprechenden Ergebnissen, dass technische Alternativen, die eine zuverlässige Geschlechtsbestimmung im Hühnerei zulassen, in greifbare Nähe gerückt sind.

“Unsere Untersagung greift zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Dieser wird durch die weitere Entwicklung und Automatisierung eines geeigneten technischen Verfahrens bestimmt. Von dem Zeitpunkt an, wenn der Betreiber es erwerben und im täglichen Betrieb einsetzen kann, muss er unverzüglich handeln. Das Umstellungskonzept wird von uns eng begleitet und kontrolliert.“

Ein weiterer Baustein zur Lösung des Problems ist die Züchtung sogenannter Zweinutzungsrassen, die sowohl für die Eiererzeugung als auch für die Mast geeignet sind, so dass sich eine geschlechtsbezogene Auslese erübrigt. Die Zuchtergebnisse sind aber bislang Nischenproduktionen und für den breiten Markt nicht ausreichend.




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