„Frankfurter Erklärung“ zum Schutz der Artenvielfalt

(06.08.2018) In Deutschland zeigt sich in den letzten Jahrzehnten ein dramatischer Artenverlust in einzelnen Organismengruppen.

Angesichts dieser Besorgnis erregenden Entwicklung plädieren in der „Frankfurter Erklärung“ 22 renommierte WissenschaftlerInnen aus ganz Deutschland für eine langfristige, stärker interdisziplinär ausgelegte Forschung zum Erhalt der Artenvielfalt in Deutschland.

Senckenberg Die Erklärung ist das Ergebnis eines Symposiums unter der Leitung von Senckenberg-Generaldirektor Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Mosbrugger, das auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung stattfand.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek sagt dazu: „Die biologische Vielfalt ist für die Menschheit existenziell. Sie versorgt uns mit Nahrung, sauberem Wasser und hält unsere Natur im Gleichgewicht.

Deshalb müssen wir sie schützen. Exzellente Forschung, bei der Wissenschaft und Praxis eng zusammenarbeiten, bildet die Grundlage, um dem Verlust der Artenvielfalt gezielt entgegenzuwirken.

Deshalb erarbeiten wir im Bundesforschungsministerium zurzeit eine langfristig angelegte Leitinitiative. Die Empfehlungen der „Frankfurter Erklärung“ werden in dieser ein zentrales Element sein.“

In der heute veröffentlichten „Frankfurter Erklärung“ konstatieren renommierte deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von 17 Universitäten und Institutionen, dass der Verlust der biologischen Vielfalt aktuell eine der größten Herausforderungen für die Menschheit ist.

Auch in Deutschland ist die Situation insbesondere bei den Insekten dramatisch. Daher besteht höchster Handlungsbedarf, denn trotz vieler Rechtsvorschriften und Maßnahmen ist der Trend des Artenverlustes nachweislich ungebrochen – die bisherigen Ansätze und Strategien zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Deutschland reichen bei weitem nicht aus.

Der Komplex der Ursachen muss wissenschaftlich exakt untersucht und verstanden werden, um politische Entscheidungen zum Schutz der Artenvielfalt zu treffen.

In der Vergangenheit haben die Naturwissenschaften häufig nur die Wirkung einzelner Stressfaktoren auf die biologische Vielfalt erforscht. Die Wechselwirkungen verschiedener Faktoren sind noch weitgehend unbekannt. Der Mensch ist zudem Treiber und Leidtragender des Artenverlusts. Wie Gesellschaften ihr Handeln so ändern können, dass der Artenverlust nachhaltig aufgehalten werden kann, ist zu wenig erforscht und kaum getestet.

Schließlich braucht es für die konkrete Umsetzung von Lösungswegen die transdisziplinäre Kooperation mit Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Unterzeichner der „Frankfurter Erklärung“ begrüßen daher den Vorschlag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Einrichtung einer Leitinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt in Deutschland. Diese Leitinitiative wird es erstmals erlauben, die dringend benötigten interdisziplinären Forschungskapazitäten und -kompetenzen aufzubauen und langfristig zu sichern.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfehlen, folgende Elemente in die geplante BMBF-Leitinitiative aufzunehmen:

  1. Einrichtung eines Langzeit-Biodiversitätsmonitorings zur Erfassung von Artenhäufigkeiten und ihrer Veränderung, einschließlich vernachlässigter Gruppen wie z. B. Bodenorganismen;
  2. Untersuchung der Ursachen für den Verlust der Artenvielfalt insbesondere in ihren Wechselwirkungen untereinander;
  3. Erforschung der konkreten Folgen des Verlusts der Artenvielfalt für Nutzen und Wohl der Menschen;
  4. Erarbeitung von gesellschaftlichen Gesamtlösungen, um die Artenvielfalt zu erhalten und wieder zu erhöhen. Für diese Gesamtlösungen ist es wichtig, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenarbeiten, u. a. Biologen und Agrarwissenschaftler, Soziologen, Ökonomen und Juristen. Schließlich sollte die Umsetzung der Maßnahmen von Wissenschaftlern eng begleitet werden.

Unerlässlich für den Erfolg der Forschung und Umsetzung der zu entwickelnden Maßnahmen ist darüber hinaus eine stärkere Verzahnung von Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft: „Wenn wir das Artensterben in Deutschland stoppen wollen, müssen wir alle mit ins Boot holen.

Gesellschaftliche Akteure müssen frühzeitig in die Forschung und Entscheidungsprozesse eingebunden werden, damit die Umsetzung auch langfristig funktioniert“, resümiert Senckenberg-Generaldirektor Volker Mosbrugger.




Weitere Meldungen

Bundesamt für Naturschutz

Rote Liste der Süßwasserfische und Neunaugen

Der Zustand der Süßwasserfische und Neunaugen Deutschlands hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Das zeigt die neue Rote Liste, die das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und das Rote-Liste-Zentrum (RLZ) jetzt veröffentlicht haben
Weiterlesen

ktionstag am 13. Mai 2023 im Grünen Zoo Wuppertal

Naturschutz, Artenschutz und Klimaschutz

Aktionstag am 13. Mai 2023 im Grünen Zoo Wuppertal: Wissensbörse für Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Forschung
Weiterlesen

Bundesamt für Naturschutz (BfN)

Rote Listen 2021: Amphibien und Reptilien in Deutschland stärker gefährdet als andere Artengruppen

In den letzten 20 Jahren hat sich die Situation für die meisten dieser Arten weiter verschlechtert
Weiterlesen

Positives BeispieL Die Zahl der Störche in Deutschland ist dank Schutzmaßnahmen in den letzten Jahren wieder gestiegen.; Bildquelle: MPI f. Verhaltensbiologie/ Ziegler

Rote Liste Brutvögel: Vogelsterben in Deutschland geht weiter

Wissenschaftler und Vogelschützer fordern wegen des dramatischen Rückgangs an Brutvögeln einen nationalen Rettungsplan
Weiterlesen

SAVE Wildlife Conservation Fund

SAVE Wildlife Conservation Fund feiert sein zehnjähriges Jubiläum

SAVE Wildlife hat in dieser Zeit eine Menge auf die Beine gestellt: Wolfsschutz in Polen oder die Kampagne gegen Regenwaldabholzung in Kamerun – um nur einige Beispiele zu nennen.
Weiterlesen

Christina Fischer ; Bildquelle: Hochschule Anhalt

Christina Fischer ist neue Professorin für Faunistik und Artenschutz am Campus Bernburg

Zum 1. Februar 2021 wurde Dr. Christina Fischer zur Professorin für Faunistik und Artenschutz am Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung der Hochschule Anhalt berufen
Weiterlesen

Bundesamt für Naturschutz

Vogelschutzbericht 2019: Bestandsentwicklung zahlreicher Vogelarten in Deutschland weiterhin kritisch

Zum Schutz der heimischen Vogelwelt sind weiterhin erhebliche Anstrengungen notwendig. Dies verdeutlicht der Nationale Vogelschutzbericht 2019, den Deutschland jetzt an die Europäische Kommission übermittelt hat
Weiterlesen

Magazin

Firmennews

Neuerscheinungen