Forschungsverbund nimmt gefährliche Bornaviren ins Visier

(22.10.2017) Seit seiner Erstbeschreibung 2015 wurden in Deutschland vier Todesfälle durch Infektionen mit dem neuen Bunthörnchen-Borna-Virus (Variegated Squirrel Bornavirus) VSBV-1 festgestellt.

Diese unerwartete Häufung gibt Anlass zu ernsthafter Sorge im Hinblick auf die Übertragbarkeit von VSBV-1 und verwandten Bornaviren auf den Menschen und das krankmachende Potenzial dieser Viren.

Am 12. Oktober 2017 startete daher der Forschungsverbund “Zoonotisches Bornavirus” – kurz ZooBoCo – mit einem Kick-Off durch. Er wird im Rahmen des "Nationalen Forschungsnetzes zoonotische Infektionskrankheiten" vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Die Projektpartner von ZooBoCo beim Kick-Off-Meeting in Berlin; Bildquelle: Friedrich-Loeffler-Institut
Die Projektpartner von ZooBoCo beim Kick-Off-Meeting in Berlin

Die genaue Zahl der Hörnchen oder Menschen, die aktuell mit potenziell gefährlichen Bornaviren infiziert oder diesen Viren ausgesetzt sind, ist bisher unbekannt. Untersuchungen von rund 800 Hörnchen aus etwa 90 Haltungen ergaben 28 positive Ergebnisse.

Weiterhin ist unklar, ob nur die Hörnchen diese Viren übertragen können oder ob ein anderes Wirtsreservoir existiert, das noch identifiziert werden muss. Der Forschungsverbund ZooBoCo (Zoonotic Bornavirus Consortium) wird dringend benötigte Daten zum besseren Verständnis dieser Viren erarbeiten.

Analysiert werden neben dem zoonotischen Potenzial dieser neuen Bornaviren auch charakteristische Eigenschaften, die sie von anderen Bornaviren unterscheiden sowie ihre mutmaßlichen Reservoirwirte und mögliche Übertragungswege.

ZooBoCo

Darüber hinaus sollen gemeinsam mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) geeignete Interventionsstrategien entwickelt und umgesetzt werden.

Der Forschungsverbund besteht aus Mitgliedern aus Veterinär- und Humanmedizin, Universitäten, klinischen Forschungsinstituten und staatlichen Institutionen. Das Hauptziel dieses „One-Health“-Ansatzes ist, eine solide Grundlage für verbesserte Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu schaffen.

Die Ergebnisse sollen weiterhin als Blaupause für die Entwicklung effektiver Maßnahmen und Instrumente für zoonotische Infektionen, die von Tierreservoiren wie beispielsweise Zootieren und exotischen Haustieren ausgehen, dienen.

In der dreijährigen Förderungsphase sollen folgende Ziele erreicht werden:

  • Ziel 1: Kenntnis von Reservoiren, Epidemiologie und (Molekular-)Biologie von VSBV-1
  • Ziel 2: Konzepte für die Nutzung von Next-Generation Sequencing für die Metagenomdiagnostik zoonotischer Infektionen des Zentralnervensystems (ZNS): VSBV-1 als Modell für ungeklärte Enzephalitisfälle
  • Ziel 3: Erste Evaluierung antiviraler Substanzen hinsichtlich ihrer Wirkung gegen VSBV-1 und andere Bornaviren
  • Ziel 4: Risikobewertung: Modelle für die öffentlichen Gesundheitsdienste, einschließlich der Entwicklung neuer Interventionskonzepte und Anpassung der Gesetzgebung

Teilnehmende Partner

  • Dr. Jürgen Rissland (Ko-Koordinator), Institut für Virologie/Staatliche Medizinaluntersuchungsstelle der Universität des Saarlandes
  • PD Dr. Rainer G. Ulrich, Dr. Bernd Hoffmann, Dr. Dirk Höper, Dr. Donata Hoffmann, Dr. Timo Homeier-Bachmann, Friedrich-Loeffler-Institut, Insel Riems
  • Prof. Dr. Christiane Herden, Justus-Liebig-Universität, Gießen
  • Prof. Dr. Martin Schwemmle, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
  • Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, PD Dr. Dennis Tappe, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg
  • Dr. Hendrik Wilking, Abteilung Infektionsepidemiologie, Fachgruppe Gastrointestinale Infektionen, Zoonosen und tropische Infektionen, Robert Koch Institut, Berlin

Assoziierter Partner

  • M.D., Ph.D. Heinz Feldmann, NIAID Laboratory of Virology, Rocky Mountain Laboratories, Hamilton, Montana, USA



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