VET-MAGAZIN logo
Malariaresistenz und Lebensraumanpassung bei Schimpansen
Kevin Langergraber
Tapeziertes Eigenheim: Die Garten-Blattschneiderbiene ist die Wildbiene des Jahres 2025
Ulrich Maier
Luftröhre von Schweinen verbessert die Testung von Atemwegswirkstoffen
HS Biberach, CC BY-SA 4.0
Fontänen-Effekt – wie Marline und Sardinen sich gegenseitig überlisten
Matthew Hansen
Außergewöhnlicher Fossilfund eines Säbelzahn-Raubtiers auf Mallorca.
Henry Sutherland Sharpe
Eine neue Art fliegender Reptilien mischt die Zeitlinie der Flugsaurier-Evolution neu
Pedro Andrade
Wie reagieren marine Nahrungsnetze auf Alkalinitätserhöhungen?
Michael Sswat, GEOMAR
Rettungsinseln für Wildbienen: Die Bedeutung von Steinbrüchen
Annemarie Wurz
Deutscher Ethikrat
Deutschland

Ethikrat fordert stärkere Achtung des Tierwohls in der Nutztierhaltung

In seiner am 16. Juni 2020 veröffentlichten Stellungnahme fordert der Deutsche Ethikrat erhebliche Reformen, um künftig Mindeststandards eines unter ethischen Gesichtspunkten akzeptablen Umgangs mit Nutztieren zu erreichen.

. . .

Das Verhältnis von Mensch und (Nutz-)Tier ist durch eine Grundspannung gekennzeichnet: Das Wohlergehen und die Rechte von Tieren sind in den letzten Jahren in Deutschland zunehmend zum Thema öffentlicher Debatten geworden. Die gesellschaftliche Akzeptanz für viele Praktiken in der Nutztierhaltung sinkt.

Das geltende Recht enthält zumindest vordergründig strenge Tierschutzvorgaben. Dennoch werden Nutztieren unter den gängigen Zucht-, Haltungs-, Schlacht- und Verwertungsbedingungen oft routinemäßig Schmerzen und Leid zugefügt. Reformbemühungen betreffen lediglich Teilaspekte und/oder verlaufen im Sande.

In seiner Stellungnahme „Tierwohlachtung – Zum verantwortlichen Umgang mit Nutztieren“ prüft der Deutsche Ethikrat, inwieweit sich bereichsbezogen festzustellende rechtliche wie tatsächliche Unklarheiten und Inkohärenzen mithilfe einer rationalen ethischen Reflexion reduzieren lassen.

Hierzu arbeitet er konsensfähige Grundvorgaben tierethischer Überlegungen heraus und entwickelt darauf aufbauend Eckpunkte für eine ethisch verantwortliche Nutztierhaltung, aus denen sich Bedarf für einen umfassenden Strukturwandel in der Nutztierhaltung ergibt.

Im Mittelpunkt steht dabei die Überlegung, dass jedenfalls höher entwickelte Tiere einen „Eigenwert“ haben. Dieser führt zu ihrer besonderen Schutzwürdigkeit und einer besonderen Verantwortung des Menschen. Er setzt menschlichen Nutzungsinteressen Grenzen.

Diese Grenzen werden jedoch in der derzeitigen Praxis aus Sicht des Ethikrates regelhaft überschritten. Der Rat fordert deshalb eine deutlich stärkere Orientierung am Tierwohl und einen achtsameren Umgang mit dem tierlichen Leben. Zu beachten sind demnach vor allem die folgenden Prinzipien:

1) Schutz und Förderung des Tierwohls sind als weitreichende Verpflichtung zu verstehen: Allen Nutztieren ist während ihres ganzen Lebens ein möglichst gutes Gedeihen und Befinden zu ermöglichen, das ihren artspezifischen Verhaltensformen und Erlebnismöglichkeiten entspricht.

2) Tieren dürfen keine vermeidbaren Schmerzen und Leiden zugefügt werden. Ökonomische Überlegungen reichen für sich gesehen nicht aus, um Leid und Schmerzen von Nutztieren als „unvermeidbar“ hinzunehmen.

3) Die Bedingungen von Zucht, Haltung und Verwertung einschließlich der Tötung von Nutztieren müssen mit guten Gründen gerechtfertigt werden. Dabei darf nicht pauschal auf die (Ernährungs-)Bedürfnisse der Menschen verwiesen werden.

4) Aus dem Respekt vor dem Leben von Tieren folgt darüber hinaus, dass generell acht- und sparsam mit tierlichem Leben umgegangen wird. Dieser Grundsatz wird verletzt, wenn bestimmte Nutztiere allein aufgrund ihrer geringeren ökonomischen Erträge pauschal aussortiert und vernichtet werden.

5) Die im Tierschutzgesetz festgelegten grundsätzlichen Schutzstandards stehen mit den in der Stellungnahme dargelegten ethischen Anforderungen in Einklang bzw. lassen sich zumindest in diesem Sinne verstehen. Dennoch sollte erwogen werden, den Grundgedanken des Tierwohls in tierschutzrechtliche Regelungen besser umzusetzen, beispielsweise mithilfe einer Umkehr von Begründungslasten und einem stärkeren Rückgriff auf tierwohlbezogene Indikatoren.

6) Tierwohlorientierte Vorgaben des Tierschutzgesetzes dürfen nicht im Wege der Interpretation oder der untergesetzlichen Konkretisierung unterlaufen werden. Für den Prozess der Gesetzeskonkretisierung braucht es klare, rechtsverbindliche Ergebnisse garantierende Verfahrensformen mit transparenten Beteiligungsstrukturen, die Tiere und ihre berechtigten Belange angemessen „repräsentieren“. Institutionalisierte Interessenkonflikte und einseitige Besetzungen sind zu vermeiden.

7) Nutztierbasierte Produkte sind in ihrer besonderen Wertigkeit anzuerkennen. Ferner sind Ersatzprodukte zu stärken. Die zunehmende Nachfrage von Konsumenten nach pflanzenbasierten Fleischersatzprodukten ist als indirekter Beitrag zum Tierwohl zu begrüßen.

Die Aufgabe, die moralisch gebotene Achtung des Tierwohls praktisch umzusetzen, betrifft unsere gesamte Gesellschaft. Um sie zu bewältigen, genügt es nicht, allein an die Verantwortung der Konsumenten zu appellieren. Vielmehr sind alle relevanten Akteure in einen ergebnisorientierten Diskurs einzubinden.

Eine ethisch vertretbare Nutztierhaltung ist in erster Linie eine Frage verantwortlicher Regulierung. Die Rolle der Politik besteht darin, einen angemessen strukturierten Transformationsprozess zu gestalten. Dabei ist sicherzustellen, dass die erwartbaren Lasten, die ein solcher Strukturwandel mit sich bringt, fair verteilt werden.

Die Stellungnahme in ihrem vollständigen Wortlaut ist hier abrufbar!

. . .

Weitere Meldungen

die neuesten Meldungen

. . .

Firmennews

Teile diesen Bericht auf:

Werbung via Google
Werbung via Google

Buchtipps Buchtipps Buchtipps

How and When to Involve Crowds in Scientific Research
How and When to Involve Crowds...
(08. Jan 2025) Neues Open-Access-Buch bietet Anleitung für Crowdsourcing in der...
Grundlagen moderner Antibiotikatherapie in der Klein...
(03. Jan 2025) Das gut strukturierte Nachschlagewerk Grundlagen moderner Antibiotikathe...
Vorankündigung: Meine Patienten laufen Trab
(19. Dez 2024) Unterwegs als Pferdeärztin auf dem Land - von...
Operieren lernen Schritt für Schritt
(12. Dez 2024) Das Digitale OP-Buch von Vetion.de erklärt zahlreiche, häufig...
Textbook of Small Animal Pathophysiology
(06. Dez 2024) The comprehensive overview of the essential discipline of...
Faszientherapie beim Hund
(29. Nov 2024) Das osteopathisch versierte Autorenteam Barbara Welter-Böller, Maximilia...

Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

Hill's Global Symposium 2024
Hill's Global Symposium 2024
(20. Okt 2024) Hosted by Hill's Pet Nutrition on Oct. 24-25,...
7. Kroatischer Veterinärkongress 2024
(22. Jul 2024) Der diesjährige Kroatische Veterinärkongress wird vom 24. bis...
EERVC 2024 in Belgrad
(21. Jul 2024) Die Eastern European Regional Veterinary Conference (EERVC) findet...
29. FECAVA EuroCongress in Athen
(11. Jul 2024) Die FECAVA lädt vom 12. bis 14. September...
2.700 Veterinärmediziner auf dem Weltkongress rund...
(11. Jun 2024) Veterinärmediziner aus 65 Ländern versammelten sich vom 4....
Registration opens for Companion Animal Nutrition...
(29. Mär 2024) The annual Purina Institute Companion Animal Nutrition (CAN)...

Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien

International Prize for Biology geht an Senckenbergerin Angelika Brandt
Thomas Walter
International Prize for Biology geht an...
(17. Dez 2024) Senckenberg-Meeresforscherin Dr. Angelika Brandt wurde am 17. Dezember...
Die Superpower von Katzen und Hunden...
(08. Nov 2024) Wir feiern die internationale Woche der Mensch-Tier-Beziehung mit...
MSD & FVE Stipendienprogramm 2024
(17. Okt 2024) MSD Tiergesundheit und FVE stellen 34 Stipendien in...
David Ebmer mit dem Rudolf Ippen...
(10. Okt 2024) Auszeichnung der European Association of Zoo and Wildlife...
WSAVA ehrt Dr. Bao Lei mit...
(05. Aug 2024) Die World Small Animal Veterinary Association (WSAVA) ist...
Gemma Campling wird mit dem WSAVA...
(24. Jul 2024) Die World Small Animal Veterinary Association (WSAVA) ist...