Deutsche Agrarforschungsallianz diskutiert neue Züchtungstechniken

(09.11.2016) Neue Züchtungstechniken erlauben seit einigen Jahren sehr viel exaktere Eingriffe in das Genom von Pflanzen und Tieren, als dies mit früher angewendeten gentechnischen Methoden möglich war.

Insbesondere die 2012 entwickelte CRISPR/Cas9-Methode ermöglicht zielgerichtete Veränderungen einzelner Basenpaare in bekannten Genen zu moderaten Kosten.

DAFA Nach einführenden Vorträgen von Prof. Christian Jung (Universität Kiel) und Prof. Henner Simianer (Universität Göttingen) diskutierten die Experten zunächst die denkbaren Anwendungsmöglichkeiten in der tier- bzw. pflanzenzüchterischen Praxis.

Dabei zeigte sich, dass CRISPR/Cas9 im Pflanzenbereich punktuell bereits heute gut kalkulierbare Eingriffe erlaubt und damit viele interessante Anwendungsoptionen eröffnet. Beispielsweise könnte man Weizen mehltauresistent machen oder Pflanzen mit neuen Inhaltsstoffen entwickeln.

In der Tierzucht ist die Situation schwieriger: So wird ein komplexes Merkmal wie die Milchleistung von hunderten bis zu einigen tausend Genen beeinflusst.

Die meisten Gene haben nur kleine Effekte und sind schwierig zu finden, und selbst wenn die Effekte vieler Gene nachgewiesen sind, ist nicht ausgemacht, dass eine gezielte Manipulation zum erwünschten züchterischen Effekt führt.

Dr. Margret Engelhard (Bundesamt für Naturschutz) unterstrich in ihrem Vortrag, dass man mit den neuen Techniken zwar die DNA-Ebene exakt kontrollieren kann, die Präzision und damit die Prognostizierbarkeit der Folgen über die RNA- und die Proteinebene bis hin zu den komplexen Wirkungen in einem Organismus jedoch stetig abnimmt.

Im zweiten Teil beleuchtete Andreas Sentker, Leiter des Ressorts Wissen bei der ZEIT, das Thema aus der Sicht des Journalismus und moderierte anschließend eine Session, in der Dr. Arnold Sauter (Büro für Technik-Folgenabschätzung beim Deutschen Bundestag) gesellschaftspolitische Einschätzungen traf und Dr. Gunhild Leckband (NPZ Innovation GmbH) sowie Dr. Josef Pott (Masterrind GmbH) die Perspektiven der unternehmerischen Tier- und Pflanzenzucht in den Mittelpunkt rückten.

Deutlich wurde, dass die mediale Kommunikation neuer Züchtungstechniken allein über ihren potentiellen Nutzen und damit einhergehende Versprechungen kaum geeignet ist, die kontroverse gesellschaftliche Debatte aufzunehmen und konstruktiv zu gestalten.

Das berührte auch die zentrale Frage, ob Produkte aus solcherart veränderten Organismen auf dem heimischen Markt Akzeptanz finden würden. Bisher finden sich weder im Tier- noch im Pflanzenbereich zündende Ideen, die so große Vorteile bieten würden, dass erst gar keine Kritik an Produkten von derart gezüchteten Pflanzen oder Tieren aufkommen würde.

Der Weg zu sogenannten Killer-Applikationen, also Anwendungen, die hohen gesellschaftlichen Nutzen generieren und deshalb zahlreiche Anwender und Käufer überzeugen, scheint derzeit noch weit.

Sowohl die Tier- als auch die Pflanzenzucht sind jedoch globalisierte Wirtschaftsbereiche. Insofern besteht die Gefahr, dass ausländische Mitbewerber die Methoden einsetzen und durch die Anhäufung vieler kleiner Vorteile ihre Wettbewerbsposition verbessern.

Die neuen Züchtungstechniken sind auch aus gesetzgeberischer Sicht eine Herausforderung. Einerseits ist derzeit noch völlig unklar, ob die EU sie als gentechnische Methoden einstufen wird; andererseits sind sich die Experten bereits jetzt mehrheitlich einig, dass eine Regulierung in der Praxis nur schwer durchsetzbar wäre.

Dies liegt zum einen an den internationalen Verflechtungen, zum anderen lässt sich die Anwendung neuer Züchtungstechniken im Einzelfall nur schwer oder gar nicht nachweisen.

Die DAFA ist ein Gemeinschaftsprojekt der deutschen Agrar- und Ernährungsforschung. Das Netzwerk verfolgt das Ziel, die Leistungsfähigkeit sowie die internationale Sichtbarkeit der deutschen Agrar- und Ernährungsforschung zu verbessern und für die Praxis wirksam zu machen.



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