Hoch wissenschaftlicher Aberglaube
Manchmal treffen wir als Tierärzte auf einen Gegner, mit dem wir nicht gerechnet hatten, für dessen Bekämpfung wir nicht ausgebildet sind und gegen den keine unserer Waffen wirksam ist! Eine Kolumne von Dr. Dominique Tordy.
Es war ein Traum, Tierärztin zu werden.
Gemeinsam mit den Frauchen und Herrchen – so dachte ich – kämpft der Tierarzt (m/w/d) heldenhaft gegen üble Krankheiten und rettet die geliebten Tiere. Dabei ist dies nur ein Teil unserer Arbeit...
Manchmal treffen wir als Tierärzte auf einen Gegner, mit dem wir nicht gerechnet hatten. Einen Gegner, für dessen Bekämpfung wir nicht ausgebildet sind und gegen den keine unserer Waffen wirksam ist!
Es ist das Schicksal, die Fügung oder göttliche Entscheidung – wie auch immer man es nennen möchte.
Wir alle haben es wohl schon erlebt, dass ein Patient, den wir ganz besonders ins Herz geschlossen hatten, trotz aller Bemühungen gestorben ist. In solchen verzweifelten Momenten brauchen wir Erklärungen, kleine Trost-Stützen für den Kopf, auch wenn sie völlig unvernünftig erscheinen.
Aber auch kleinere Geschehnisse, die vielleicht nicht so schlimm sind, fordern manchmal unsere Fantasie heraus.
Und so schleichen sich in unseren hoch wissenschaftlichen Alltag zutiefst abergläubische Rituale ein.
Über spezielle Mythen und verbotene Wörter
Nicht nur der generelle Glaube an besonders viele Unglücksmomente an Montagen beschäftigt uns. Wir Tierärzte haben unsere ganz spezifischen kleinen Mythen – wahrscheinlich mehr als jeder Eishockey-Star, obwohl diese Berufsgruppe dafür ja besonders anfällig sein soll.
In einer Kleintierpraxis oder -klinik darf man zum Beispiel nie das Wort „Magendrehung“ aussprechen – sonst klingelt gleich das Telefon oder die Türglocke und ein Hund mit Magendrehung versetzt das ganze Haus in den Ausnahmezustand.
Genauso ist der Satz „Heute ist es aber ruhig.“ strikt verboten. Denn das ist meist der Startschuss für eine ganze Karawane aus Patienten, die anscheinend nur vor der Haustür gewartet hat und sich jetzt vor der Rezeption aufstellt.
Und es stimmt! Ich war live dabei, als eine unvorsichtige neue Assistenzärztin eines Nachts das Schicksal herausforderte:
„Es ist mir egal, ob man das aussprechen darf. Ich freue mich, dass der Nachtdienst heute mal etwas ruhiger ist.“ Zack! – Das Telefon klingelte und ein Patient wurde angekündigt.
„Das ist reiner Zufall!“ , sprach sie nach dem Telefonat – und schon klingelte es wieder. Während sie telefonierte, fingen wir anderen an zu kichern.
„Das lag überhaupt nicht an mir! Außerdem sind es nur zwei weitere Patienten!“ , rief sie – und das Telefon antwortete erneut mit einem Klingeln!
Wir konnten weiteres Elend nur aufhalten, indem wir sie verpflichteten, alle Patienten, die sie mit ihrem Leichtsinn „herbeirief“ auch selbst zu behandeln. Da hielt sie endlich den Mund…
Keiner von uns hat später noch einmal etwas Ähnliches riskiert!
Einmal wäre einmal zu wenig
Ein früherer Kollege glaubte dagegen an die „Duplizität der Fälle“. Wenn eine schwierige Operation nötig wurde, behauptete er, dass innerhalb weniger Tage erneut etwas Ähnliches passieren würde – und behielt recht.
Ebenso habe ich die Regel gelernt: Wenn der Freitagsdienst leicht ist, dann ist im darauffolgenden Samstagsdienst die Hölle los. True story – genauso geschieht es!
Deswegen ist es in einigen Praxen und Kliniken auch verpönt, laut auszusprechen, wenn man einen Tierhalter besonders sympathisch findet oder sich in einen Hund oder eine Katze verguckt hat. Zumindest nicht, bevor dessen Krankheit ganz sicher überstanden ist!
Ich persönlich pflege noch das Ritual der „Glücks-Braunüle“.
Als Anfänger beschlich mich das Gefühl, dass der erste Versuch, einen venösen Zugang zu legen, immer genau dann misslang, wenn kein Ersatz-Material bereitlag.
Deswegen bestand ich irgendwann auf eine „Glücks-Braunüle“, die stets griffbereit sein musste – und traf immer sicherer die Vene.
Inzwischen bin ich Profi – aber von meinem Glücksbringer mag ich dennoch nicht ablassen und empfehle ihn auch gerne weiter.
Freitag der 13. lässt mich dagegen völlig kalt – schließlich bin ich ja nicht verrückt!
Sie fühlen sich davon angesprochen? Denken ähnlich? Oder sind ganz anderer Meinung? Schreiben Sie uns, was Sie bewegt!
PS: Kennen Sie auch schon die neuen Websites DOG ROYALZ und CAT ROYALZ , auf denen sich Hunde und Katzen als Mitglieder registrieren lassen können. Highlight dabei ist die tiermedizinische Notfalldatenbank .
Titelbild: Sidney A. Tordy
Bisher erschienen:
Die letzten Minuten
Wie sehen sie wohl aus, die letzten Minuten und Stunden, bevor Tierhalter mit heißen Köpfen und zitternden Händen in den tierärztlichen Notdienst stürmen?
„Tja, da weiß ich jetzt auch nicht weiter…“
Der größte Wunsch unserer Kunden ist, einen Plan zu erhalten, eine konkrete Idee, wie vorzugehen ist und was sie selbst für ihr Haustier tun können.
Mein Leben ist ein Ponyhof
Als ich klein war, mochte ich Ponyhofgeschichten. Okay, um ehrlich zu sein, mag ich sie immer noch. Ich habe auch schon von Tierärzten mit "Pferdemädcheneinstellung" gehört.
Very happy New Year!
Wahre Weihnachtswunder
Liebe Kollegen, sind Sie zu Weihnachten als Tierärztin/Tierarzt aktiv? Gehören Sie vielleicht auch zu den vielen Menschen, die an den Feiertagen die Multi-Job-Challenge meistern müssen?
Die Weihnachtskarawane
Jedes Jahr zur Weihnachtszeit, bist du als Kleintierarzt bereit. Ein Kolumnenweihnachtsgedicht.
Sauber und ordentlich!
Wer möchte schon einen sauberen und ordentlichen Bürojob haben, bei dem höchstens Kaffeeflecken auf dem Hemd oder der Bluse landen? Wir stehen mitten im Leben - mit allem, was dazugehört!
Küss den Frosch!
An manchen Tagen erinnert die Situation im tierärztlichen Behandlungsraum an ein erstes Date - Tierhalter und Tierarzt stehen sich gegenüber als zwei Fremde.
Das schönste Kompliment
Ich mache gern Komplimente. Und in unserem Beruf ist das leichter als in den meisten anderen. Abgesehen davon bekomme ich auch selbst gern Komplimente - von meinen Patienten.
Der Hinterhalt
Wenn ich aus meinem Job ein Bingo-Spiel machen wollte, würde ich Sätze nehmen, die das besondere Band zwischen Hund und Halter beschreiben.
Der Vet-Simulator „Get Vet“
Normalerweise bin ich ja nicht auf dem allerneuesten Stand, wenn es um Computerspiele geht, aber so kam ich auch mal ganz nah an den Puls der Zeit - und entdeckte prompt das brandneue Tierärzte-Computerspiel "Get Vet"!
Super-Vet
Was wäre, wenn wir mit übernatürlichen Kräften ausgestattet wären, mit einem dritten Arm, oder sogar einem Vierten? Wir wären schneller, geschickter, und würden mit etwas Übung auch noch elegant aussehen. Aber wäre dann alles gut?
Durch Corona degeneriert mein Sprachvermögen
Was wäre, wenn die Tierhalter uns beobachten könnten, wenn wir mit ihren Lieblingen allein sind? Würden sie uns für verrückt halten?
Brauchen wir die „Keule“?
Die "Keule" ist ein Instrument in der Veterinärmedizin, welches immer wieder für Angst und Schrecken sorgt - und andererseits auch einen Ausweg für scheinbar ausweglose Situationen bieten kann
Learned from the best!
Mir standen die Tränen in den Augen, als mir der nette Herr erklärte, dass ich meinen Liebling geschlagene sechs Tage abgeben sollte.
Hoch wissenschaftlicher Aberglaube
Manchmal treffen wir als Tierärzte auf einen Gegner, mit dem wir nicht gerechnet hatten, für dessen Bekämpfung wir nicht ausgebildet sind und gegen den keine unserer Waffen wirksam ist!
Wer bin ich? Und wenn ja, wer mag mich?
Wenn ich kann, bin ich die Tierärztin, die ich immer sein wollte. Das Ganze soll aber, nach Meinung einiger Tierhalter, auf keinen Fall Geld kosten.
Der Tierarzt-Parcours
Bei einem Tierarzt-Besuch gibt es viele kleine Einzelereignisse, die von Hunden, Katzen und ihren Frauchen und Herrchen gleichermaßen gefürchtet werden.
Der inoffizielle Wettbewerb der Gerüche
In der Regenbogenpresse der Haustiere – Wir sind die Stars!
Was darf’s denn heute sein?
Das geheime Aufnahme-Ritual
Setzen wir unserem Leben die Corona auf!
Das Leben im Mittelpunkt
Vor kurzem habe ich meinen Geburtstag gefeiert. Ein Ständchen soll eine besondere Aufmerksamkeit sein. Aber mal ehrlich: Fühlt ihr euch in solchen Momenten wohl?
Sind wir anders?
Wahrscheinlich erinnert sich auch jeder von uns noch an seine erste Operation. Die war wohl bei keinem mit dem Skalpell in der Hand...
Manchmal haben wir einfach keine Chance!
Kurz vor der Mittagspause sehe ich noch eine Dame, die mit einem leicht nervösen Border Collie im Wartezimmer sitzt. "Letztes Mal waren wir ja beim Herrn Doktor ", fängt sie an, bricht aber mitten im Satz ab.
Das erklärt uns der Herr Doktor gleich nochmal!
Ich war jung und wollte mit Wissen und Engagement die Welt retten. Und - wenn es gut lief - dafür mit Dankbarkeit und Bewunderung belohnt werden. Heute weiß ich es besser.
Wir sind Batman!
Wir müssen die retten, die gar nicht wissen, dass wir die "Guten" sind. Wir helfen denen, die sich nicht selbst helfen können. Moment mal - da kenne ich doch noch jemanden